# taz.de -- Nils Loof über den Drehort Hannover: „Die Region wird immer wichtiger“
       
       > Nils Loof hat in seiner Heimatstadt Hannover seinen ersten Kinofilm
       > „Playground: Love“ abgedreht. Der Regisseur über unbekannte Drehorte,
       > Lokalpatriotismus und seinen schlimmsten Drehtag.
       
 (IMG) Bild: Großstadt-Flair nach Hannover gebracht: Nils Loof (l.) und seine zwei Hauptdarsteller aus "Playground: Love".
       
       taz: Herr Loof, war es Ihnen wichtig, neue Kino-Bilder von Ihrer Stadt zu
       machen? 
       
       Nils Loof: Ich habe da vorher nicht drüber nachgedacht, aber ich bin ja
       nach all den Jahren, die ich in Hannover für das Fernsehen gearbeitet habe,
       gut vernetzt – sowohl was die Förderung angeht als auch die Kontakte zu
       Kollegen und ehemaligen Studenten von mir. Da habe ich mir gedacht, ich
       möchte doch lieber mit Leuten arbeiten, die hier sind.
       
       Aber es stimmt doch, dass von Hannover kaum etwas im Kino zu sehen ist. 
       
       Hier wurden natürlich Teile vieler „Tatorte“ gedreht, aber nur wenige
       Kinofilme. Der berühmteste war wohl „23“ von Hans-Christian Schmid in den
       späten 90er-Jahren und dann „Yella“ von Christian Petzold. Aber es passiert
       selten, dass eine Produktionsfirma aus Hannover oder Niedersachsen auch in
       der Stadt dreht. Nach unseren Recherchen ist unser Film da der erste seit
       40 Jahren.
       
       Nicht einmal über den berühmtesten Kriminalfall der Stadt wurde vor Ort ein
       Spielfilm gemacht. Aber Sie haben 2009 mit „Puppenjungs“ fürs Fernsehen ein
       Doku-Drama über den Fall Haarmann gedreht. Wie ist es dazu gekommen? 
       
       Eigentlich hat mich Haarmann gar nicht interessiert. Ich fand es aber
       interessant, dass er, während er seine Morde beging, eine Affäre mit einem
       20 Jahre jüngeren Mann hatte, der noch bis 1974 in Hannover lebte. Wie ist
       das, mit einem Serienmörder zusammenzuleben? Diese Geschichte wollte ich
       erzählen. Da taucht plötzlich ein Unbekannter neben dem berühmten Haarmann
       auf. Gab es da ein Abhängigkeitsverhältnis, wie war diese Beziehung?
       
       Und wieso ist es doch ein Film über Haarmann geworden? 
       
       Wir haben gemerkt, dass man die Geschichte eines Komplizen nicht versteht,
       wenn wir nicht auch die des Serienmörders erzählen. Und so waren wir doch
       wieder bei einem Film über Haarmann, allerdings mit einem Schwerpunkt auf
       seinem Liebhaber. Wir haben Leute getroffen, die diesen Komplizen gekannt
       haben und haben mit Zeitzeugen gesprochen, die die Hinrichtung von Haarmann
       im Jahr 1925 miterlebt haben. Da merkt man, dass das zwar lange her ist,
       aber immer noch da ist.
       
       Spielte bei der Entscheidung für dieses Projekt auch ein wenig
       Lokalpatriotismus eine Rolle? 
       
       Überhaupt nicht. Aber ich bereite gerade einen Spielfilm über Karl Jatho
       vor, der auch aus Hannover kommt. Das war ein Flugpionier, der drei Monate
       vor den Gebrüdern Wright schon geflogen ist. Dafür hab ich viel Material
       ausgegraben. Und dabei ist es mir schon wichtig, dass er aus Hannover
       kommt.
       
       Wie sehen Sie Hannover als Medienstandort? 
       
       Durch die Gründung von Nordmedia vor zehn Jahren hat sich da eine Menge
       verändert. Viele Produktionsfirmen haben sich hier angesiedelt und dadurch
       wurde die Infrastruktur besser. Das Filmhandwerk ist jetzt viel präsenter
       in der Stadt. Man findet jetzt ohne lange zu suchen einen Regieassistenten
       oder einen Kameraassistenten, der die Schärfe ziehen und ein Objektiv
       wechseln kann.
       
       Wie waren Ihre Erfahrungen beim Drehen von „Playground: Love“ in diesem
       Sommer? 
       
       In Hannover zu drehen hat den Vorteil, dass es unverbrauchter ist als
       Hamburg oder Berlin. Die Leute sind hier nicht genervt, weil schon wieder
       eine Straße abgesperrt wird, sondern sie sind total daran interessiert,
       mitzumachen. Wir haben über einen Zeitungsaufruf nach Komparsen gesucht und
       es haben sich 250 Leute gemeldet – wir brauchten nur 20.
       
       Da hatte ich überhaupt nicht mit gerechnet. Und es war angenehm, wie
       einfach es war, die Locations zu bekommen. Wir haben zum Beispiel auf dem
       Bahnhof gedreht und die Bahn ist bekannt dafür, wie selten sie
       Drehgenehmigungen gibt.
       
       Sie durften aber drehen? 
       
       Wir durften sogar mitten im Betrieb drehen. Das war dann auch der
       schlimmste Drehtag. Wir hatten nur drei Stunden, es war sehr heiß und das
       Speiseeis in den Händen der Schauspieler ist sofort geschmolzen. Das klingt
       jetzt albern, aber es macht einen beim Drehen wahnsinnig: Dann kommt wieder
       ein Zug, Passanten laufen ins Bild und die Uhren drehen sich weiter. Auf
       dem Bahnsteig hat man ständig Uhren im Bild und die muss man später
       wegretuschieren. Das war die Hölle, aber immerhin hat die Bahn mitgespielt.
       
       Sie haben selbst lange als Kameramann gearbeitet. War es Ihnen wichtig,
       welche Bilder von der Stadt in Ihrem Film zu sehen sind? 
       
       Mir ist aufgefallen, dass viele sich darüber aufgeregt haben, was für
       Bilder wir da gemacht haben. Wir haben nicht das neue Rathaus gezeigt,
       sondern ein paar andere Blicke. Etwa aus einer Penthouse-Wohnung mit Blick
       auf die nächtliche Stadt. So etwas hatte ich vorher auch noch nicht
       gesehen, aber jeder Hannoveraner wird sofort erkennen, wo diese Bilder
       aufgenommen wurden. Das ist natürlich toll. Ich habe versucht, ein
       Großstadt-Flair zu vermitteln. Dabei denkt man ja nicht sofort an Hannover,
       aber ich glaube, bei unseren Außenaufnahmen wird es schon so wirken.
       
       Glauben Sie, dass in Zukunft mehr Kinofilme in Städten wie Hannover
       produziert werden? 
       
       Ich meine, dass Standorte wie beispielsweise Hannover, Bremen und Leipzig,
       die in der Medienszene noch nicht ganz so weit vorne stehen, immer
       attraktiver werden. Denn in den Ballungsräumen wird es immer schwieriger zu
       arbeiten. Die Leistungen werden dort immer schlechter bezahlt und die
       Förderung kann gar nicht mehr all diese Leute bestücken.
       
       Das funktioniert einfach auf Dauer nicht. Bei uns gibt es dagegen noch
       unentdeckte Drehorte und man kann Geschichten finden. Ich glaube, als
       Gegenreaktion zur Globalisierung wird die Region immer wichtiger. Und die
       Filme werden in Zukunft entweder auf Englisch oder auf Plattdeutsch
       gedreht.
       
       10 Oct 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Wilfried Hippen
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Serienmörder
 (DIR) Krimiserie
 (DIR) Tatort
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Meta-Mörder-Musical: Herausragend gescheitert
       
       Die Figur des Serienmörders Fritz Haarmann sorgt in Hannover noch immer für
       Aufregung. Das Staatstheater bringt den Stoff nun auf die Bühne.
       
 (DIR) Neue Krimiserie bei ZDF Neo: Mieses Wetter, miese Stimmung
       
       Die Ermittlerin säuft, sie ist ruppig, einfühlsam, impulsiv und
       tollpatschig. Sonst ist an „Vera – Ein ganz spezieller Fall“ aber leider
       nichts speziell.
       
 (DIR) Alina Levshin im neuen „Tatort“: Keine halben Sachen
       
       Als Sidekick im berufsjugendlichen Erfurter MDR-„Tatort“ „Kalter Engel“ ist
       Film- und Fernsehpreisträgerin Alina Levshin eindeutig unterfordert.