# taz.de -- Chemiewaffenfabriken in Syrien: Heikle Lieferung ins Krisenland
       
       > Die Bundesregierung gibt weitere umstrittene Exporte nach Syrien zu.
       > Demnach lieferten deutsche Firmen Güter, die zum Bau von
       > Chemiewaffenfabriken dienen können.
       
 (IMG) Bild: Das syrische Volk braucht Nahrung anstelle von Komponenten für Chemiewaffen
       
       BERLIN dpa | Deutsche Unternehmen haben Spezialventile und Pumpen nach
       Syrien geliefert, die zum Bau von Chemiewaffenfabriken verwendet werden
       können. Auf Anfrage der Linksfraktion im Bundestag räumte die
       Bundesregierung jetzt ein, dass sie die Lieferung solcher für militärische
       und zivile Zwecke verwendbare Güter mindestens bis 2009 genehmigt hat.
       
       „In allen diesen Fällen wurde die geplante zivile Verwendung der Güter
       plausibel dargestellt“, heißt es in der Antwort des
       Wirtschaftsministeriums, die der dpa vorliegt und über die zuerst der
       Spiegel berichtete. Die Komponenten seien unter anderem für die Papier- und
       Lebensmittelherstellung verwendet worden.
       
       Bereits im September war bekannt geworden, dass Deutschland bis zum Beginn
       des syrischen Bürgerkriegs Chemikalien in das Krisenland geliefert hat, die
       zur Herstellung von Giftgas genutzt werden können. Das
       Wirtschaftsministerium bezifferte die Menge der zwischen 1998 und April
       2011 exportierten Substanzen auf 360 Tonnen. Auch dabei gebe es aber keinen
       Zweifel an der zivilen Verwendung, hieß es.
       
       Jetzt hat das Ministerium erstmals eingeräumt, dass auch Güter nach Syrien
       exportiert wurden, die für die Produktion von Chemiewaffen verwendet werden
       können. Dabei handelt es sich um 42 Ventile mit Spezialbeschichtung, 10
       Wärmetauscherplatten und zwei Membranpumpen. Sie waren nach Angaben des
       Wirtschaftsministeriums unter anderem für Papierfabriken, eine Brauerei und
       eine Erdgasaufbereitungsanlage bestimmt.
       
       ## Ministerium: Keine Hinweise auf militärische Nutzung
       
       Hinweise auf eine militärische Nutzung gebe es nicht, heißt es in der
       Antwort auf die Anfrage der Linken. „Auch eine aktuell vorgenommene
       nochmalige Prüfung der angesprochenen Fälle ergab keine neuen Erkenntnisse,
       die an der Plausibilität der zivilen Nutzung der gelieferten Güter Zweifel
       aufkommen lässt.“
       
       Der Export sogenannter Dual-Use-Güter, die zivil und militärisch genutzt
       werden können, muss in Deutschland vom Bundesamt für Wirtschaft und
       Ausfuhrkontrolle genehmigt werden. Die Lieferungen der Fabrik-Komponenten
       gehen bis in die Zeit der rot-grünen Bundesregierung (1998 bis 2005) zurück
       und wurden dann von der großen Koalition (2005 bis 2009) und der
       schwarz-gelben Regierung (2009 bis 2013) fortgeführt.
       
       Der stellvertretende Linken-Vorsitzende Jan van Aken kritisierte die
       Exporte scharf. „Wie schon bei der Lieferung der heiklen Chemikalien stellt
       sich auch hier die Frage, wieso die Bundesregierung sich auf eine
       Zusicherung des Assad-Regimes verlassen hat“, erklärte er. „Es ist völlig
       verantwortungslos, mitten hinein in ein riesiges Chemiewaffenprogramm auch
       noch die Ausrüstung für die Chemiewaffenproduktion zu liefern.“
       
       Syrien besitzt vermutlich seit den frühen 1970er Jahren Chemiewaffen, hat
       das aber erst 2012 zugegeben. Das Land zählte bis vor kurzem zu 7 von rund
       200 Staaten weltweit, die den Beitritt zur Chemiewaffenkonvention
       verweigerten. Erst nach dem Chemiewaffeneinsatz vom 21. August mit
       vermutlich mehr als 1400 Toten lenkte das Assad-Regime unter massivem
       internationalem Druck ein und erklärte sich zur Vernichtung seiner
       Giftgasbestände und Produktionsanlagen bereit.
       
       20 Oct 2013
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Syrien
 (DIR) Deutschland
 (DIR) Chemiewaffen
 (DIR) Bundesregierung
 (DIR) Schwerpunkt Syrien
 (DIR) Schwerpunkt Syrien
 (DIR) Schwerpunkt Syrien
 (DIR) Schwerpunkt Syrien
 (DIR) Chemiewaffenkonvention
 (DIR) USA
 (DIR) Schwerpunkt Syrien
 (DIR) Schwerpunkt Syrien
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) UN bestätigen Giftgas-Einsätze in Syrien: Schuldige nicht genannt
       
       Nach monatelangen Untersuchungen legen UN-Experten ihren Abschlussbericht
       über Gasangriffe in Syrien vor. Unklar bleibt, wer dafür verantwortlich
       ist.
       
 (DIR) Syrische Chemiewaffen: Ab nach Albanien
       
       Eine Zerstörung der Chemiewaffen in Syrien gestaltet sich schwierig. Die
       russische Regierung plant, die Kampfstoffe außer Landes zu bringen.
       
 (DIR) Bericht der OPCW in Syrien: Alle C-Waffen-Anlagen zerstört
       
       Syrien hat laut der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW)
       alle Produktionsanlagen für C-Waffen vernichtet. Die Führung zeige sich
       kooperativ.
       
 (DIR) Bürgerkrieg in Syrien: Wahrheitskampf über YouTube
       
       Traditionelle Medien können nur unzureichend aus dem Land berichten. An
       ihre Stelle treten oft Videos und Fotos, die von den Konfliktparteien
       selbst ins Netz gestellt werden.
       
 (DIR) Einsatzplan für Syrien: C-Waffen vernichten in acht Monaten
       
       Was noch nie versucht wurde, sollen laut Vorschlag von UN-Generalsekretär
       Ban 100 Experten schaffe: Die Zerstörung von Chemiewaffen in nur acht
       Monaten.
       
 (DIR) Vernichtung der syrischen Chemiewaffen: Lob für das Assad-Regime
       
       Am Sonntag begann die Zerstörung des Giftgas-Arsenals. US-Außenminister
       John Kerry begrüßte die Zusammenarbeit Syriens.
       
 (DIR) Chemikalien-Exporte nach Syrien: Deutsche Lieferungen bis 2011
       
       Deutsche Firmen haben deutlich mehr Chemikalien an Syrien verkauft als
       bisher bekannt. Es gibt jedoch keine Hinweise auf eine Nutzung für die
       Waffen-Produktion.
       
 (DIR) Kommentar Deutsche Chemie in Syrien: Massenhaft Zahnpasta für Assad
       
       Unklar ist, ob sich in Assads Waffen deutsche Chemie befindet. Klar ist:
       Der Export von Dual-Use-Gütern in Krisenregionen braucht Beschränkungen.