# taz.de -- Riesenspiegel für norwegisches Dorf: Endlich die Sonne sehen
       
       > Die Vorgeschichte war lang, die Winter ohne Licht gefühlt noch länger.
       > Doch nun reflektieren drei Spiegel die Sonne ins norwegische Rjukan. Ab
       > in den Liegestuhl.
       
 (IMG) Bild: Beachvolleyball bei sieben Grad – und Sonne. Rjukan im Schein der Spiegel
       
       STAVANGER ap | Sechs Monate im Jahr keine Sonne sehen – das ist einfach zu
       lang, fanden die Bewohner von [1][Rjukan in Norwegen] schon vor 100 Jahren.
       Jetzt ist ihr Traum von etwas mehr Licht in der Polarnacht wahr geworden:
       Am Mittwoch nahmen sie drei riesige Spiegel in Betrieb, die für ihr hinter
       steilen Berghängen abgeschiedenes Tal einige Sonnenstrahlen einfangen und
       die Winterdepression vertreiben sollen.
       
       Für das historische Ereignis hatten sich begeisterte Familien auf dem
       Marktplatz des Orts eingefunden, teils entspannten die Schaulustigen mit
       Cocktails und Sonnenbrillen auf Liegestühlen, norwegische Fahnen wurden
       geschwenkt. Schließlich lugte, nach der Darbietung des Songs „Let The
       Sunshine In“ durch eine Band, die Sonne tatsächlich hinter Wolken hervor,
       und die Strahlen trafen die drei jeweils 17 Quadratmeter großen Spiegel.
       
       Auf Fernsehbildern sah die Lichtausbeute nicht gerade überwältigend aus: Es
       wurde nur eine Idee heller, anders als bei direkter Sonneneinstrahlung. Die
       Bewohner fanden den Unterschied jedoch entscheidend. „Früher, wenn es gutes
       Wetter war, konnte man sehen, dass der Himmel blau ist, und man wusste,
       dass die Sonne schien, aber man konnte es eben nicht wirklich sehen“, sagte
       Karin Roe vom örtlichen Tourismusbüro.
       
       „Das fühlt sich warm an“, fügte sie hinzu. „Wenn man während der Woche
       keine Zeit hat, mal auf einen Berggipfel zu fahren, wird es sehr schön
       sein, für eine Stunde hierher zukommen und diese Wärme auf meinem Gesicht
       zu spüren.“ Wie vielerorts in Skandinavien sind die Winter in Rjukan oft
       sehr kalt, aber am Mittwoch waren es immerhin sieben Grad.
       
       ## 100 Jahre alte Idee
       
       Die durchaus ungewöhnliche Beleuchtungsidee kam vor hundert Jahren auf, als
       der norwegische Unternehmer Sam Eyde den Ort für die Arbeiter seines nahe
       gelegenen Wasserkraftwerks gründete. Der Ingenieur erlebte die
       Verwirklichung seines Traums nicht mehr, aber die Bewohner gaben ihn nie
       ganz auf.
       
       Während des Zweiten Weltkriegs war der Ort im von Hitler besetzten Norwegen
       Schauplatz für Atomambitionen des NS-Diktators. Seine Pläne wurden durch
       zwölf norwegische Saboteure zunichtegemacht, die per Fallschirm absprangen
       und die Schwerwasseranlage vor Ort zerstörten. Heute steht an der Stelle
       das Norwegische Industriemuseum.
       
       Trotz dieser nicht ganz konfliktfreien Geschichte werden die drei neuen
       Riesenspiegel nun ausgerechnet von Deutschland aus gesteuert. Ähnliche
       Modelle werden normalerweise in Wüstenregionen zur Gewinnung von
       Sonnenenergie genutzt. Im italienischen Ort Viganella ist eine ähnliche,
       kleinere Variante installiert.
       
       Nach Rjukan wurden die Sonnenspiegel mit Hubschraubern eingeflogen, nachdem
       der Künstler Martin Andersen die uralte Idee 2005 wieder aufgegriffen
       hatte. Er hatte auch Sponsoren für das Projekt gesucht, darunter Norsk
       Hydro, die von Sam Eyde gegründete Firma. Die Riesenspiegel sind rund 450
       Meter oberhalb des Orts installiert und beleuchten etwa ein Drittel des
       Marktplatzes. Kostenpunkt des Projekts: etwa 620.000 Euro.
       
       30 Oct 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.visitrjukan.com/en
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Mark Lewis
       
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