# taz.de -- Kommentar Rechte für Intersexuelle: Verstümmelung bleibt erlaubt
       
       > Männlich oder weiblich? Intersexuelle dürfen das in der Geburtsurkunde
       > offen lassen. Das ist ein guter Ansatz, aber kein Schutz vor
       > Genitalangleichung.
       
 (IMG) Bild: Ärzte wollen untenrum Klarheit. Doch die Betroffenen?
       
       Zunächst könnte man meinen, intersexuelle Menschen hätten nur das Problem
       der geringen Zahl. Um die hunderttausend Menschen gibt es in Deutschland,
       so die Schätzungen, mit uneindeutigen Geschlechtsmerkmalen.
       
       Seit Längerem werden sie laut, weil Medizin und Recht sie so schnell als
       möglich „vereindeutlichen“ wollen, die Person selbst aber erst im Laufe der
       Jahre ihre Geschlechtsidentität entwickelt. Deshalb ist der Ansatz, das
       Geschlecht in der Geburtsurkunde offenlassen zu können, wie es ab November
       zulässig ist, durchaus positiv.
       
       Und doch muss verwundern, dass die Politik intersexuelle Menschen nicht
       umfassender schützt. Denn die viel kritisierten „genitalangleichenden“
       Operationen im frühen Kindesalter haben gravierendere Auswirkungen als der
       neue Buchstabe in den Papieren. Krankheitsgefahren durch Hormontherapien,
       Libidoverlust und die psychische Ungeheuerlichkeit, in einem
       geschlechtlichen Zwangskorsett zu stecken, das sich möglicherweise als das
       falsche entpuppt, können ganze Leben zerstören.
       
       Und hier sieht man, dass nicht nur die geringe Zahl der Intersexuellen das
       Problem ist. Verstümmelungen der Genitalien bei Mädchen aus Kulturen, die
       die weibliche Beschneidung kennen, werden seit Jahren geahndet – obwohl die
       Zahl der Opfer in Deutschland sehr viel kleiner ist als die der
       Intersexuellen.
       
       Deutlich wird hier vielmehr, dass Verstümmelungen in einem anderen
       Kulturkreis leichter skandalisierbar sind als im eigenen. Dass aber die
       Legitimation einem ähnlichen Muster folgt – beide Operationen sollen
       Kindern die vermeintliche spätere Diskriminierung ersparen –, sollte die
       GesetzgeberInnen aufhorchen lassen: Nur wenn die Person informiert
       einwilligt, sollten solche Eingriffe stattfinden. Alles andere verletzt
       Menschenrechte.
       
       1 Nov 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Heide Oestreich
       
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