# taz.de -- Wasserkraft in Zentralasien: Streit um Energiesicherheit
       
       > Gegen den Widerstand Usbekistans will Tadschikistan den Rogun-Staudamm
       > fertigbauen. Das Projekt soll die Armut in der Ex-Sowjetrepublik
       > besiegen.
       
 (IMG) Bild: Produziert im Winter zu wenig Energie: das Wasserkraftwerk von Nurek in Tadschikistan.
       
       DUSCHANBE dpa | In der kalten und dunklen Jahreszeit mit ihren
       Stromausfällen ist in der Ex-Sowjetrepublik Tadschikistan die Sehnsucht
       nach Rogun am größten. Dieser seit Jahrzehnten geplante höchste Staudamm
       der Welt im wasserreichen Hochgebirgsland ist die große Hoffnung der
       Tadschiken auf eine bessere Zukunft. Doch der mit 360 Metern Höhe
       vorgesehene Damm ist auch ein internationales Konfliktthema. Der ewig
       durstige Nachbar Usbekistan mit seinen Baumwoll- und Reisfeldern sowie 30
       Millionen Menschen bekämpft das umstrittene Projekt vehement.
       
       Rogun ist ein großes Thema in Zentralasien – auch vor der tadschikischen
       Präsidentenwahl an diesem Mittwoch (6. November). „Alles dreht sich darum,
       wie die Wassermassen in den Gletschern des Pamirgebirges künftig durch
       Rogun die Energiesicherheit des Landes gewährleisten können“, sagt der
       Wirtschaftsprofessor Nuritdin Kajumow. Das Land sehe keine andere
       Alternative, seine andauernde Armut zu überwinden. Rogun verspreche
       Arbeitsplätze und Sicherheit zum Beispiel für die Aluminiumindustrie, sagt
       Kajumow in der Hauptstadt Duschanbe.
       
       Traditionell flammt im Herbst und im Winter die Diskussion um den Damm
       wieder voll auf. Der staatliche Energieversorger kappt nämlich täglich bis
       zum Frühjahr von 23.00 Uhr bis 5.00 Uhr den Strom für rund zwei Drittel der
       etwa acht Millionen Tadschiken. Der Grund dafür ist, dass der Fluss Wachsch
       im Winter zu wenig Wasser führt und das größte Kraftwerk des Landes in
       Nurek deshalb seine Leistung drosselt.
       
       Das in einer malerischen Berglandschaft gelegene Nurek versorgt rund 70
       Prozent Tadschikistans mit Energie. Deutschland steuerte zuletzt 25
       Millionen Euro bei – zum Großteil als Kredit –, um die Schaltanlagen eines
       vom Zerfall bedrohten Umspannwerks neu zu bauen. Die Ingenieure hier sehen
       das 3000-Megawatt-Kraftwerk, das zu Sowjetzeiten gebaut wurde und gut 40
       Jahre alt ist, als Vorbild für das rund 150 Kilometer weiter stromaufwärts
       gelegene Rogun, wo die Arbeiten heute ruhen.
       
       „Rogun würde all unsere Energieprobleme auf einmal lösen. 3600 Megawatt
       sind dort an Leistung geplant“, sagt Chefingenieur Rustam Fosilow im
       Kraftwerk Nurek, das von bewaffneten Uniformierten bewacht wird. Doch auch
       ihm ist klar, dass abgesehen von dem Widerstand Usbekistans nicht zuletzt
       die geschätzten Kosten von bis zu sechs Milliarden US-Dollar für das völlig
       verarmte Land allein nicht zu stemmen sind.
       
       ## Weltbank fordert Ende von Zwangsumsiedlungen
       
       Als neutrale Instanz lotet die Weltbank seit Jahren mit Vertretern aus den
       zentralasiatischen Ländern aus, ob Rogun technisch und finanziell machbar
       ist. „Wir achten besonders auf die Anwendung der modernen internationalen
       Standards für Sicherheit, für den ökologischen und sozialen Schutz“, teilte
       Marsha Olive von der Weltbank im Oktober mit. Die Organisation hat für die
       Zeit der Analyse auch ein Ende der Zwangsumsiedlungen in Rogun gefordert.
       
       Doch das Regime in Duschanbe scheint fest entschlossen. Den Einwand, dass
       Rogun in einem Erdbebengebiet liegt, wischen die Einheimischen seit langem
       beiseite. Das Kraftwerk Nurek zeige, dass ein gewaltiger Naturdamm wie dort
       von 300 Metern Höhe mit einer gewaltigen Sohle aus Steinen solchen
       Erschütterungen standhalte.
       
       Rogun soll Nurek „vorgeschaltet“ werden und vor allem die immensen
       Wassermengen der im Frühjahr schmelzenden Schneemassen auffangen. In den
       warmen Monaten hat Tadschikistan einen Überschuss an Wasser – und damit an
       Energie.
       
       ## Keine versöhnlichen Töne
       
       Doch Usbekistan warnt auch bei den Vereinten Nationen immer wieder vor der
       Gefahr, dass der Damm brechen und eine Katastrophe auslösen könnte. Die
       Usbeken befürchten zudem, dass Tadschikistan den Rohstoff Wasser als
       politisches Druckmittel einsetzen und den Nachbarn buchstäblich austrocknen
       lassen könnte.
       
       Versöhnliche Töne oder eine Zusammenarbeit wie zu Sowjetzeiten, als Usbeken
       und Tadschiken Bürger des kommunistischen Großimperiums waren, sind nicht
       in Sicht. Wirtschaftsprofessor Kajumow verweist zudem darauf, dass es für
       die autoritäre Regierung auch durch einen Verkauf von Rogun-Aktien an die
       Bevölkerung, der 190 Millionen Dollar einbrachte, im Grunde kein Zurück
       mehr gebe.
       
       5 Nov 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulf Mauder
       
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