# taz.de -- Flüchtlinge werden ausgehorcht: Verhöre mit Verwechslungsgefahr
       
       > In Niedersachsen kritisieren Flüchtlingsrat und Grüne
       > Geheimdienst-Befragungen von Asylbewerbern im Grenzdurchgangslager
       > Friedland. Erkenntnisse daraus werden auch für militärische Zwecke
       > verwendet.
       
 (IMG) Bild: Ein paar Türen weiter warten die freundlichen Herrn vom BND: Asylbewerber im Grenzdurchgangslager Friedland.
       
       HANNOVER taz | Landtagsgrüne und Flüchtlingsinitiativen in Niedersachsen
       mahnen Aufklärung über Befragungen von Asylbewerbern durch Geheimdienste
       an. Erkenntnisse aus diesen Verhören gehen auch an die USA und
       Großbritannien und werden dort für militärische Zwecke wie
       US-Drohneneinsätze genutzt, wie NDR und Süddeutsche Zeitung berichten.
       Verhört werden die Flüchtlinge von der Hauptstelle für Befragungswesen
       (HBW), einer Abteilung des Bundesnachrichtendiensts. Bundesweit, auch in
       Niedersachsen.
       
       Was genau die Landesregierung über die HBW in Niedersachsen weiß und ob das
       Land womöglich kooperierte, wollen die Landtagsgrünen jetzt in einer
       Parlamentsanfrage wissen. Für ihre Befragungen hat die HBW in Hannover und
       im Durchgangslager Friedland bei Göttingen ein eigenes Büros eingerichtet.
       In Friedland bringt Niedersachsen Flüchtlinge – vornehmlich aus
       Krisenregionen wie derzeit Syrien – während ihres Asylverfahrens unter.
       Nicht nur dort, landesweit fordert die HBW per Brief zu „vertraulichen
       Gesprächen“ über die „Lage“ in den „Heimatländern“ auf.
       
       Dass die Informationen auch an die USA und an Großbritannien gehen, wird in
       den Schreiben, die der taz vorliegen, nicht erwähnt. Ebenso wenig die
       militärische Verwendung bei Drohneneinsätzen bis hin zu Tötungsbefehlen,
       über die SZ und NDR berichten. Ausländische Agenten sollen demnach auch
       heimlich an Verhören beteiligt sein. Lassen sich Flüchtlinge auf die
       Verhöre ein, soll sich das mitunter positiv auf ihre Asylverfahren
       auswirken.
       
       Eine Praxis, die Kai Weber vom Flüchtlingsrat kritisch sieht. „Es ist die
       Frage, wie belastbar Erkenntnisse sind, die mit dem Versprechen eines
       Aufenthaltrechts als Köder gewonnen werden“, sagt er. Zudem könne für die
       Flüchtlinge „missverständlich sein, wer sie da eigentlich befragt“. Vor
       allem in Friedland sieht er eine „Verwechslungsgefahr“. Dort führt auch das
       Bundesamt für Migration Anhörungen durch, bei denen Asylbewerber
       detailliert ihre Flucht und die Gründe dafür schildern müssen – ein
       entscheidender Schritt im Asylverfahren.
       
       Weber bezweifelt, dass die Betroffenen dabei immer unterscheiden können,
       wer sie gerade verhört: die Asylbehörde oder ein Geheimdienst. Auch der
       Grünen-Innenpolitiker Belit Oney spricht von einer „undurchsichtigen
       Gemengelage“. Dass Geheimdienstler Flüchtlinge anzapfen, sei zwar seit
       Jahrzehnten bekannt. Viel mehr als „Mutmaßungen“ gebe es aber nicht. „Was
       sich im Detail und mit welcher rechtlichen Grundlage abspielt, wissen wir
       nicht“, sagt er. Im Bundestag stellen Linke und Grüne zwar immer wieder
       Anfragen, blitzen damit bei der Bundesregierung aber stets ab. Die betont
       nur, die Befragungen basierten auf „absoluter Freiwilligkeit“. Zur genauen
       Praxis, Rechtsgrundlagen oder Kooperationen mit Auslands-Geheimdiensten
       aber schweigt sie mit Verweis auf „schutzwürdige Interessen“.
       
       In Hannover wollen die Grünen jetzt über ihre Landesregierung Aufklärung
       erwirken, zumindest über Verhöre auf niedersächsischem Boden. Wie
       aussichtsreich das ist, bleibt abzuwarten. Das Innenministerium mochte sich
       nicht äußern – und verweist an den Bund. Der Flüchtlingsrat rät
       Asylbewerbern unterdessen, sich nicht auf Geheimdienstler einzulassen,
       solange keine Transparenz herrsche, an wen die Infos gehen und ob sie „für
       militärische Zwecke missbraucht werden“.
       
       21 Nov 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Teresa Havlicek
       
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