# taz.de -- Studie über US-Atomarsenal: Kriege schaffen ohne Atomwaffen
       
       > Während des Kalten Krieges waren die US-Atomwaffen wichtig. Mittlerweile
       > herrscht in der zuständigen Einheit der US-Luftwaffe Frustration vor.
       
 (IMG) Bild: Abschussanlage einer stillgelegten US-Raketenbasis.
       
       WASHINGTON ap | Sie waren einmal der Stolz der Truppe. Doch heute spielen
       die mit Atomsprengköpfen bestückten Langstreckenraketen in der
       Verteidigungsstrategie der USA kaum noch eine Rolle. Die US-Luftwaffe
       verfügt noch über ein Arsenal von rund 450 Interkontinentalraketen, die
       bewacht und gewartet werden müssen. In der zuständigen Einheit ist die
       Stimmung katastrophal, wie eine Studie zeigt, die der Nachrichtenagentur AP
       in Auszügen vorliegt.
       
       Würde der US-Präsident den Startbefehl geben, könnten die
       Minuteman-3-Raketen innerhalb weniger Minuten abgefeuert werden. Rund um
       die Uhr sind jeden Tag jeweils 90 Offiziere im Einsatz, um eine solche
       Anordnung auszuführen. Jeweils zwei Offiziere kontrollieren zehn Raketen.
       Stundenlang harren sie in entlegenen Gebieten der USA unterirdisch in
       engstem Raum aus und warten auf den Befehl, den es in der mehr als
       50-jährigen ICBM-Geschichte niemals gegeben hat.
       
       Und vermutlich auch niemals geben wird – das glauben selbst die Soldaten.
       Mit dem Ende des Kalten Krieges sind andere Sicherheitsprobleme in den
       Vordergrund gerückt: Terrorismus oder Cyber-Kriege zum Beispiel, bei deren
       Bekämpfung der Einsatz von Atomwaffen nicht sinnvoll ist.
       
       Die Wahrscheinlichkeit eines umfassenden Atomkrieges liege nach seiner
       Ansicht und der seiner Kameraden quasi bei Null, sagt der 28-jährige Andrew
       Neal, der im September einen vierjährigen Wehrdienst als Raketenoffizier
       bei einer Luftwaffeneinheit im US-Staat Wyoming abgeleistet hat. Er diente
       dort an einer Minuteman-3-Rakete. „Wir sind in jeder Minute auf einen
       Atomkrieg vorbereitet, aber wir wissen, dass er nicht kommt“, erklärt Neil.
       Die Stimmung sei sehr schlecht gewesen, berichtet er, betont aber, dass die
       Soldaten ihre Arbeit nicht vernachlässigt hätten.
       
       ## Angst, einen Fehler zu machen
       
       Schlechte Stimmung und Frustration bei den Einsatzkräften belegt auch die
       Studie, die die US-Luftwaffe in Auftrag gab. Dort hatte die hohe Zahl an
       Disziplinar- und Militärgerichtsverfahren in den Reihen der Soldaten für
       Unruhe gesorgt, die in den ICBM-Einheiten Dienst taten.
       
       In den Jahren 2011 und 2012 war die Rate dort doppelt so hoch wie in
       anderen Einheiten der Luftwaffe. Die Vorwürfe reichten von
       Gewalttätigkeiten bis hin zu sexuellem Missbrauch. Die Air Force
       beauftragte deshalb das Forschungsinstitut Rand, in einer dreimonatigen
       Untersuchung die Arbeitsbedingungen zu prüfen und den Einstellungen des
       Personals auf den Grund zu gehen.
       
       Die Wissenschaftler fanden bei den Soldaten eine Mischung aus Frustration
       und Verärgerung sowie das Gefühl, nicht wertgeschätzt zu werden. Zugleich
       seien viele überarbeitet und lebten ständig unter dem Druck, sie könnten
       einen Fehler machen, stellte das Rand-Team fest. Grundlage des
       Untersuchungsergebnisses waren Gespräche mit rund hundert Offizieren,
       Wartungs- und Sicherheitskräften sowie die Auswertung von Fragebögen.
       
       ## Müdigkeit, Hoffnungslosigkeit oder Ausweglosigkeit
       
       Rand spricht gar von einem „Burnout“ bei vielen der Soldaten – „Burnout“
       definiert die Forscherin Chaitra Hardison, die die Studie leitete, als
       Erschöpfung, Zynismus und Ineffizienz bei der Arbeit. So habe einer gesagt:
       „Es ist uns egal, ob alles richtig abläuft. Hauptsache, wir kriegen keinen
       Ärger.“
       
       Sie habe Zustände wie Müdigkeit, Hoffnungslosigkeit oder Ausweglosigkeit
       abgefragt und in eine Skala zwischen 1 („niemals“) und 7 („ständig“)
       eingeteilt, erklärt Hardison. Bei Raketenoffizieren sowie jungen Soldaten
       sei aufgrund ihrer Antworten ein Wert von 4,4 herausgekommen: In einem
       solchen Fall könne man bereits von einem „Burnout“ ausgehen.
       
       Die Luftwaffe wollte die Studie eigentlich geheim halten. Doch ein
       Informant spielte sie im Mai der Nachrichtenagentur AP zu, mit der
       Begründung, das Ergebnis der Untersuchung gehöre an die Öffentlichkeit,
       damit die Arbeitsbedingungen der ICBM-Kräfte verbessert würden. Erst nach
       längerem Hin und Her erklärte sich die Luftwaffe in der vergangenen Woche
       bereit, der AP Einblick in die Studie zu geben.
       
       22 Nov 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Robert Burns
       
       ## TAGS
       
 (DIR) USA
 (DIR) Atomwaffen
       
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