# taz.de -- Asylsuchende auf dem Oranienplatz: Kreuzberg duldet keine Flüchtlinge
       
       > Der Bezirk wollte die Zelte auf dem Oranienplatz von der Polizei räumen
       > lassen. Bei einer spontanen Gegendemo kommt es zu Festnahmen.
       
 (IMG) Bild: Da war noch alles ruhig: Oranienplatz in Berlin-Kreuzberg (Archiv)
       
       BERLIN taz | Am Sonntag stand das Protestcamp auf dem Oranienplatz in
       Berlin-Kreuzberg, auf dem Flüchtlinge seit gut einem Jahr protestieren, vor
       dem Aus: Nach dem Auszug von 80 Flüchtlingen in eine feste Unterkunft
       wollte der Bezirk die Zelte mit Hilfe der Polizei abbauen lassen.
       Inzwischen waren aber neue Flüchtlinge in die Zelte gezogen. Die Polizei
       rückte am Nachmittag mit zehn Mannschaftswagen an – um dann die Räumung am
       Abend doch noch kurzfristig abzusagen.
       
       Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) hatte in der Vergangenheit
       stets klar gemacht: Sobald ein Haus gefunden ist, sollen die Zelte, in
       denen die Flüchtlinge bis dahin übernachtet haben, abgebaut werden. Nur
       noch das Infozelt, in dem die Flüchtlinge für eine andere Asylpolitik
       protestiert hatten, soll stehen bleiben.
       
       Ende vergangener Woche bot sie gemeinsam mit CDU-Sozialsenator Mario Czaja
       überraschend ein Quartier an: das frühere Caritas-Seniorenheim „Zum guten
       Hirten“ in der Residenzstraße im Wedding. Zuvor war stets ein einstiges
       Hostel in Friedrichshain im Gespräch, der Betreiber aber sprang ab.
       
       Am Freitag hatten die Flüchtlinge vom Oranienplatz dem Umzug zugestimmt. Am
       Sonntagmittag bezogen sie das Haus und trugen sich dort in eine Liste ein.
       Gegen 16 Uhr vermeldete Caritas-Sprecher Thomas Gleißner, dass alle 80
       Plätze vergeben sind. Da aber strömten noch immer Flüchtlinge ins Haus.
       „Mehr können wir aufgrund des Brandschutzes nicht aufnehmen“, sagt
       Gleißner. Man führe nun Gespräche um eine „einvernehmliche Lösung“.
       Letztlich müssten das die Flüchtlinge aber selbst klären, man sorge nur für
       die humanitäre Hilfe.
       
       ## „Das Camp ist unser Kampfplatz“
       
       Bürgermeisterin Monika Herrmann [1][erläuterte auf Twitter]: „Es waren
       heute Leute beim Haus, die weder aus Berlin noch vom Platz sind und direkt
       zum Haus gereist kamen.“ Am [2][Abend schrieb sie]: „Diejenigen, die dort
       TATSÄCHLICH wohnten, sind untergebracht!“
       
       In die nun leerstehenden Zelte am Oranienplatz zogen am Sonntag allerdings
       umgehend andere Flüchtlinge ein, die zuletzt in der besetzten ehemaligen
       Schule in der Ohlauer Straße gelebt hatten. Sie lehnten es ab, wieder in
       einem Haus zu leben. Die Sudanesin Napuli Langa sagte: „Wir wollen hier
       nicht weg, das Camp ist unser Kampfplatz gegen Lager, Abschiebungen und die
       Residenzpflicht.“ Nur weil es jetzt ein Haus als Unterkunft gebe, sei noch
       keine dieser Forderungen erfüllt.
       
       Bürgermeisterin Monika Herrmann bestätigte der taz, dass sie die Polizei um
       Amtshilfe für den Abbau der Zelte gebeten habe. „Wir haben den Technischen
       Dienst gebeten, das sind KEINE Einsatzkräfte sonder sowas wie THW...“,
       [3][schrieb sie auf Twitter]. Die Beamten werden [4][laut Polizeiwebseite]
       „für eine Vielzahl von technischen Einsätzen und Hilfeleistungen
       eingesetzt“, zum Beispiel auch bei Tauchgängen. Am Nachmittag verkündete
       Herrmann ihre Entscheidung auch den rund 20 Flüchtlingen. Sie riet ihnen,
       „dorthin zu gehen, wo sie am Sonntag herkamen“, also in das Schulgebäude.
       
       Die Polizei [5][sammelte sich gegen 17 Uhr in einer Nebenstraße]. Beamte
       gingen die Zelte des Camps ab und zählten, wer derzeit dort wohnt. Dann zog
       sich die Einsatzleitung zurück. Unterstützer riefen über SMS-Ketten und per
       Facebook und Twitter dazu auf, vor Ort gegen eine Räumung zu protestieren.
       Bis 18 Uhr waren etwa 600 Personen eingetroffen. „Haut ab!“, riefen sie der
       Polizei entgegen.
       
       ## Gerangel und Pfefferspray
       
       Kurz darauf dann die Entscheidung der Polizei: Vorerst keine Räumung. „Da
       Leute angaben, noch in den Zelten zu wohnen, haben wir mit dem Bezirk
       entschieden, heute nichts abzubauen“, sagte Polizeisprecher Stefan Redlich.
       Wie lange das gelte? Das entscheide der Bezirk, sagte Redlich.
       
       Die Unterstützer begannen daraufhin eine spontane Demonstration und
       skandierten „Bleiberecht für Alle!“ Die Polizei stoppte die Protestierenden
       an der Oranienstraße Ecke Adalbertstraße, es kam mehrfach zum Gerangel, die
       Polizei setzte Pfefferspray ein.
       
       Gegen 19 Uhr befand sich der Großteil der Demonstration wieder am
       Oranienplatz. Die Polizei versuchte, den zentralen Bereich freizuhalten und
       nahm gezielt einzelne Leute fest, die sie womöglich vorher bei Straftaten
       beobachtet hat. Gegen 20 Uhr hatte sich die Situation weitgehend beruhigt.
       
       In Frankfurt am Main kam es noch am Sonntagabend zu einer
       Solidaritätsdemonstration. Gegen 21 Uhr zogen rund 50 Personen in Richtung
       SPD-Zentrale.
       
       24 Nov 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://twitter.com/MonikaHerrmann1/status/404686971123281920
 (DIR) [2] http://twitter.com/MonikaHerrmann1/status/404683886065876992
 (DIR) [3] http://twitter.com/MonikaHerrmann1/status/404676876314353664
 (DIR) [4] http://www.berlin.de/polizei/wir-ueber-uns/struktur/dirza/bpa_tee.html
 (DIR) [5] http://twitter.com/konradlitschko/status/404647656640626688/photo/1
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Konrad Litschko
 (DIR) Sebastian Heiser
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Asylsuchende
 (DIR) Flüchtlingslager
 (DIR) Monika Herrmann
 (DIR) Oranienplatz
 (DIR) Berlin-Kreuzberg
 (DIR) Gentrifizierung
 (DIR) Bootsunglück
 (DIR) Flüchtlinge
 (DIR) Flüchtlinge
 (DIR) Oranienplatz
 (DIR) Flüchtlinge
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Anwohnerkampf in Berlin-Kreuzberg: Happening für einen Gemüseladen
       
       Dem alteingessenen Geschäft Bizim Bakkal ist gekündigt worden, der neue
       Hauseigentümer will die Wohnungen verkaufen. Doch im Kiez will man sich
       damit nicht abgeben.
       
 (DIR) Bootsunglück vor den Bahamas: Tote bei Flüchtlingsdrama
       
       Vor der Küste der Bahamas kamen mindestens 30 Menschen ums Leben. Nun will
       man sich bemühen, illegale Überfahrten von Migranten zu verhindern.
       
 (DIR) Flüchtlingscamp in Kreuzberg: Innensenator stellt Ultimatum
       
       Henkel spricht Kreuzbergs Bürgermeisterin Herrmann Eignung ab und droht mit
       Disziplinarmaßnahmen.
       
 (DIR) Debatte Umgang mit Flüchtlingen: Rechtsstaat geht auch menschlich
       
       Die Hauptstadt zeigt, dass ein liberaler Umgang mit Flüchtlingen möglich
       ist: Dort klappt, was in München und Hamburg angeblich nicht erlaubt ist.
       
 (DIR) Flüchtlinge am Berliner Oranienplatz: Guten Hirten gefunden
       
       Nach langem Ringen finden Bezirk und Senat eine Lösung für die Flüchtlinge
       in Berlin-Kreuzberg: Ein ehemaliges Seniorenheim steht für sie bereit.
       
 (DIR) Flüchtlinge auf dem Oranienplatz: Die Devise heißt Ausharren
       
       Die Verhandlungen über ein Haus ziehen sich in die Länge. Der Bezirk denkt
       wieder über Alternativen nach.
       
 (DIR) Auf der Suche nach Lösungen: „Die Flüchtlinge sind sehr misstrauisch“
       
       Die Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Monika Herrmann (Grüne),
       erklärt, warum das Protestcamp auf dem Oranienplatz immer noch bewohnt ist.
       
 (DIR) Flüchtlinge verlassen Oranienplatz: Camp gibt grünes Licht für Umzug
       
       Die Flüchtlinge vom Oranienplatz votieren für Umzug nach Friedrichshain in
       ein früheres Hostel. Dort sollen sie feste Regeln erwarten.