# taz.de -- Die Wahrheit: Die Tüten des Todes
       
       > Die Plastiktüte hat den Menschen zum Herrscher über die Welt gemacht.
       > Jetzt schlägt die Tüte zurück.
       
 (IMG) Bild: Der Mensch kann sich kaum der unbändigen Kräfte der Plastiktüte erwehren, die alles an sich reißt.
       
       Der Mensch konnte nur durch die Plastiktüte zum Herrn der Erde werden. Mit
       ihr konnte er endlich alles mit sich herumtragen, ohne dass seine Jagdbeute
       herunterfiel, und so hatte er immer noch eine Hand frei zum Jagen und
       Sammeln. Eine Jutetasche ist jut, aber eine Plastiktüte ist besser, denn
       ihr geht weder Quarkiges noch Flüssiges oder Kleinkrümeliges durch die
       Maschen.
       
       Der Plastiktütengebrauch unterscheidet wesentlich Mensch und Tier.
       Tragetaschenforscher haben lange untersucht, warum man Katzen, Hunden und
       Bibern nicht beibringen kann, Plastiktüten zu verwenden. Es fehlt dem Tier
       dazu an allem: am Kognitiven, am Durchblick und an den Händen.
       
       Wissenschaftler prophezeien, dass das erste Tier, das den
       Plastiktütengebrauch beherrscht, auf den zweiten Platz der
       Weltbeherrscherordnung vorrücken wird. Auf seiner neuen Evolutionsstufe
       kann so ein Tier dann Vorräte mit sich herumtragen, es kann in der Tüte
       übernachten, wenn es klein genug ist, und sie als Mütze verwenden, wenn es
       groß genug ist.
       
       Was für eine Chance für den Nacktmull! Auch das Amphibium mit seiner
       empfindlichen Haut kann im immerfeuchten Milieu der Plastiktüte seine
       kühnsten Träume realisieren. Als Hauptanwärter auf die Erlernung des
       priviligierenden Plastiktütengebrauches gelten allerdings Waschbär, Ratte
       und Bilch. Der „kluge“ Delfin wird noch weiter hinten in der Rangordnung
       vor sich hin dümpeln.
       
       Je mehr Plastiktüten durch die Weltgeschichte flottieren, desto eher wird
       irgendeiner aufstrebenden Tierart der Plastiktütengebrauch gelingen. Doch
       nicht nur ehrgeizige Tiere strecken ihre schmutzigen Pfoten nach der
       Weltherrschaft aus, sondern auch die scheinbar harmlose Plastiktüte selbst
       strebt nach der Herrschaft über unseren blauen Planeten!
       
       Um das zu verstehen, muss man einiges über das Verhalten und die Vermehrung
       der Plastiktüten wissen. Alle Plastiktüten finden sich in riesigen
       Urstrudeln auf den Ozeanen zusammen, wo sie sich zu vermehren scheinen.
       Besonders die geheimnisvolle Sargassosee zieht die Tüten magisch an, wo sie
       einen Strudel von der Größe Schleswig-Holsteins bilden. Über den
       gewaltigen, kreisförmigen Mahlströmen steigen dunstige Nebelschwaden auf
       und über alledem liegt ein beißender Geruch. In diesen infernalischen
       Strudeln wirbeln Myriaden aus winzigen Plastikpartikeln, die wie winzige
       Denkblasen möglicherweise rudimentäre Vorformen eines abgründigen dunklen
       Bewusstseins sind!
       
       Evolutionsforscher warnen, dass dieses Denken von Grund auf böse sein
       könnte, denn das Verhalten der Plastiktüten wird immer aggressiver und
       gewalttätiger. Die Tüten des Todes ersticken immer mehr junge Lebewesen und
       lassen sich von Tieren verschlucken. In Magen und Darm verklumpen die
       halbverdauten Tüten zu tödlichem Ballast – und wieder ist ein Konkurrent
       der todbringenden Tüten beseitigt!
       
       Wenn die Vermehrung der Tüten so weiter anhält, wird alles Leben auf der
       Erde in 50 Jahren erloschen sein, schätzen Forscher. Dann wird eine
       furchtbare Gesamtmenge von Plastiktüten jeden Ozean zu einem stillen Ozean
       gemacht haben. Um das zu verhindern, handelt die EU endlich: Sie plant, die
       Plastiktütenvermehrung drastisch zu verringern, indem sie eine Gebühr von
       22 Cent auf jede Tüte erheben will.
       
       Kann diese Gebühr die endgültige Machtübernahme der Plastiktüten verhindern
       oder verzögern? Kann die in den großen Plastikstrudeln der Ozeane sich
       unaufhörlich drehende Spirale bösen Plastiktütendenkens gestoppt werden?
       Oder brüten die gemeinen Plastiktüten unablässig neue Angriffsstrategien
       aus? Werden sich die Plastiktüten bald gen Brüssel erheben und aus dem Meer
       an Land kommen und als gigantische Tüte alles übernehmen?
       
       O mein Gott! Da ist sie ja schon! Die Tüte! Sie kommt näher! Immer näher …
       
       Hier bricht der Text ab.
       
       25 Nov 2013
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Plastiktüten
 (DIR) Evolution
 (DIR) Bestattung
 (DIR) Plastiktüten
 (DIR) Punks
 (DIR) Weihnachten
 (DIR) Teilchenbeschleuniger
 (DIR) Hunde
 (DIR) Handy
 (DIR) Katzen
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Die Wahrheit: Gevatter Tod mal anders
       
       Die neuen Bestattungstrends sind endlich da! Und lassen die Friedhöfe und
       ihre Insassen in ganz besonderem herbstlichen Licht erscheinen.
       
 (DIR) was fehlt ...: ... intakter Lack
       
 (DIR) Verbrauch geht zurück: Tüten sind out
       
       Der Verbrauch von Plastiktüten in Deutschland geht zurück. Trotzdem
       gelangen jährlich über sechs Milliarden Tüten in den Umlauf. Ein Problem
       vor allem für die Meere.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Gestochene Tölen
       
       Punks kennen für optimale Schnorr-Erfolge genau die Akupunkturpunkte ihrer
       Hunde.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Schampus auf Krampus
       
       Heute sind Weihnachtsmänner nur noch „Ho, ho, ho“-brummende
       Geschenkeverteiler. Früher waren sie noch richtige Männer!
       
 (DIR) Die Wahrheit: Im Schlummer der Röhre
       
       Im Wissenschaftsbetrieb von Ruhpolding: Bitte nicht einschlafen. Bald wird
       die Wissenschaft den Ruhepol entdecken.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Verdruckste Rute
       
       Bei all den kommunikativen Missverständnissen, die das Schwanzwedeln
       dauernd erzeugt, bleibt die Frage: Hunde, wollt ihr ewig wedeln?
       
 (DIR) Die Wahrheit: Ruhig mal wieder still sein
       
       Unverschlüsselte Abhörerlebnisse bei der täglichen U-Bahn-Fahrt: Leise
       Bedenken, laute Selbstgespräche und lauschige Situationen.
       
 (DIR) Die Wahrheit: Unter Katzibalen
       
       Lecker: Zwischen Katerfrühstück und Samtpfote süßsauer tut sich ein
       kulinarisch weites Feld auf. Und gesund soll es auch noch sein.