# taz.de -- Verlegerin über Bücher und Bildschirme: „Haltepunkt in der Streaming-Kultur“
       
       > Können wir auf dem Bildschirm lesen wie auf Papier? Ja, sagt Verlegerin
       > Nikola Richter. Browserbücher findet sie interessant.
       
 (IMG) Bild: Kann man im Gegensatz zur Webseite auch offline lesen: Das E-Book.
       
       sonntaz: Frau Richter, Sie haben Anfang 2013 [1][Mikrotext] gegründet. Das
       ist ein Verlag, der kurze Texte ausschließlich digital als E-Book
       veröffentlicht. Was macht ein Buch überhaupt zum Buch? 
       
       Nikola Richter: Die Frage ist für mich irrelevant. Ich sage immer gern:
       „It’s about the text, not the book.“ Es geht also gar nicht darum, ob ein
       Text ein Buch ist oder nicht. Es geht um gute Texte, egal ob auf Papier,
       als E-Book oder im Web.
       
       Der Blogger, Internetberater und Autor Sascha Lobo hat den Verlag Sobooks
       gegründet, mit dem er Bücher verkaufen will, die vor allem im Browser
       gelesen werden und für die man keinen E-Reader braucht. Glauben Sie, Leute
       nehmen diese Browserbücher an? 
       
       [2][Sobooks] ist kein Verlag, sondern eine Plattform, auf der Verlage ihre
       Bücher anbieten können. Das ist zuerst einmal einfach eine Alternative
       mehr. Prinzipiell finde ich das interessant.
       
       Bei Sobooks können die Leser die Bücher auch kommentieren und die
       Kommentare anderer Leser sehen. Jeder, der schon mal ein voll gekritzeltes
       Buch aus der Bibliothek gelesen hat, weiß, dass das auch ein Gräuel sein
       kann. Glauben Sie, dass die Leute diese Funktion nutzen werden? 
       
       Es gibt bereits einige Plattformen, auf denen man E-Books kommentieren und
       diskutieren kann, etwa [3][Readmill], [4][dotdotdot], [5][Goodreads],
       [6][Feedbooks], [7][Lovelybooks]. Bei Sobooks soll neu sein, dass man diese
       Funktionen ausblenden kann.
       
       Was unterscheidet ein E-Book von einer Website? 
       
       Der Sprung vom Netz zum Buch ist gar nicht so groß, wie man glauben mag,
       denn wir lesen schon viel im Netz. Das E-Book ist allerdings einen Schritt
       weiter, denn man kann es auch offline lesen. Damit hat es jedenfalls
       momentan noch dem Netz etwas voraus. Vielleicht wird das in Zukunft aber
       gar nicht mehr nötig sein, weil wir sowieso permanent und überall online
       sein werden. Das E-Book ist auch eine Art Haltepunkt in der
       Streaming-Kultur des Netzes.
       
       Ist ein Buch, das ursprünglich als E-Book konzipiert wurde, anders als ein
       Buch, das als Hardcover geschaffen wurde? 
       
       Eigentlich gar nicht. Mikrotext gibt mir allerdings die Möglichkeit, Texten
       eine Plattform zu geben, die gar nicht als Buch erscheinen würden, gäbe es
       keine E-Books. Etwa die Hälfte meiner Bücher sind Texte, die im Netz
       entstanden sind. „The Smartest Guy on Facebook“ von Aboud Saeed
       beispielsweise ist eine Sammlung von Anekdoten und Kommentaren, die der
       Autor ursprünglich als Facebook-Postings geschrieben hat. Dank Mikrotext
       werden sie lektoriert und bekommen eine ISBN-Nummer. Ein anderes Beispiel
       ist „Das Elster-Experiment“ von Jan Kuhlbrodt. Das ging vom Gedanken einer
       Anthologie über den Schöpfungsmythos aus. Die Vorarbeit zu dem Essay, der
       schließlich daraus geworden ist, passierte im Blog unter Einbindung der
       Kommentare. Ich verlege allerdings auch Texte, die auf klassische Weise
       entstanden sind. Das hält sich die Waage.
       
       Wie verändern E-Books die Situation kleiner Anbieter im Vergleich zu Riesen
       wie Amazon oder Thalia? 
       
       Ich biete die Mikrotext-E-Books auf allen gängigen Shops an. Es ist aber
       tatsächlich so, dass die meisten Bücher über [8][Amazon] gekauft werden,
       obwohl ich das nicht extra bewerbe. Die Kunden haben die Wahl. Ich verweise
       in diesem Zusammenhang immer gern auf [9][Beam], das ist ein unabhängiger
       Anbieter von E-Books aus Berlin, sogar mit kostenlosem Speicher für die bei
       ihm gekauften Titel. Übrigens fast dieselben wie auf den großen bekannten
       Plattformen.
       
       Ist bei E-Books eine Formatumstellung zu befürchten, die Leser mit einer
       Bibliothek unbrauchbarer Bücher zurücklässt, vergleichbar mit dem Wechsel
       von Schallplatte zu CD? 
       
       Nein, nicht wenn die Kunden auf DRM verzichten und ihre Bücher archivieren.
       DRM steht für Digital Rights Management, also Technologien, mit denen
       Anbieter die Speicherung und Weitergabe von Büchern beschränken können.
       Damit macht man sich als Leser allerdings davon abhängig, dass die Anbieter
       auch künftig kompatible Geräte entwickeln. Das ist bei offenen,
       standardisierten Formaten anders. ePub etwa ist der offene Standard des
       IDPF, des International Digital Publishing Forum. Das achtet darauf, dass
       das ePub-Format rükwärtskompatibel bleibt. Das heißt, Lesegeräte für neuere
       ePub-Versionen können auch ältere Versionen öffnen. So wie Sie eine
       Word-Datei, die Sie vor zwanzig Jahren erstellt haben, auch mit der
       neuesten Version von Word öffnen können.
       
       Geht Ihrer Meinung nach die Fähigkeit zum aufmerksamen Lesen langer Texte
       durch E-Books verloren? 
       
       Ich denke nicht. Ich selbst lese heute genauso viel wie früher. Vielleicht
       in mehr Abschnitte unterteilt. Aber ich bin eine Leserin, am Bildschirm und
       auf dem Papier. Okay, häufiger am Bildschirm!
       
       7 Dec 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.mikrotext.de/
 (DIR) [2] http://sobooks.de/
 (DIR) [3] http://readmill.com/
 (DIR) [4] http://www.dotdotdot.me/
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 (DIR) [7] http://www.lovelybooks.de/
 (DIR) [8] http://www.amazon.de/
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       ## AUTOREN
       
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