# taz.de -- „Geplante Obsoleszenz“ in Geräten: Wegwerfen? Reparieren!
       
       > 300 Jobs geschaffen und 15.000 Tonnen Abfall vermieden – das ist die
       > Bilanz des Reparaturzentrums in Wien. Es hat einen Hype im Land
       > ausgelöst.
       
 (IMG) Bild: Muss nicht sein: ausrangierte Elektrogeräte.
       
       Der Einbau von Sollbruchstellen in technischen Geräten, im Fachjargon
       „geplante Obsoleszenz“, sorgt in Österreich für einen seit zwei Jahren
       andauernden Medienhype. Sepp Eisenriegler, Gründer des Wiener Reparatur-
       und Service-Zentrums ([1][RUSZ]), war von dem Arte-Film „Kaufen für die
       Müllhalde“ so beeindruckt, dass er dazu Mitte 2012 einen ersten Bericht im
       auflagenstarken Umweltmagazin LebensArt lancierte.
       
       Nunmehr sind daraus über 250 Artikel und Sendungen geworden. Geplante
       Obsoleszenz verursache jährlich 1.700 Euro Schaden für jeden Österreicher,
       schrieb etwa die Kronenzeitung.
       
       Der 60-jährige Sozialökonom, Ex-Lehrer und Umweltberater, der sich selbst
       einen Hang zur Weltrettung bescheinigt, ist ein ebenso umtriebiger wie
       kreativer Projektmanager. Das von ihm 1998 gegründete RUSZ repariere
       „Maschinen und Menschen“, erklärt Eisenriegler. Frühere Langzeiterwerbslose
       werden in Wien-Penzing zu gesuchten Mechatronikern ausgebildet. Die Bilanz
       des RUSZ nach 15 Jahren: 300 Langzeiterwerbslose in unbefristete Jobs
       vermittelt, rund 15.000 Tonnen teilgiftige Abfälle und Unmengen an
       Treibhausgasen vermieden, in Teilen der Gesellschaft eine Renaissance der
       Reparatur eingeläutet.
       
       Im Keller des Zentrums präsentieren sich auf 600 Quadratmetern stolze
       25.000 Ersatzteile. In den Räumen darüber reparieren etwa 40 Beschäftigte
       defekte Elektro(nik)geräte: Waschmaschinen, Geschirrspülmaschinen,
       Fernseher, Computer, Handys. Auf Kundenwunsch machen die zumeist männlichen
       Mitarbeiter auch alte Nostalgieradios wieder flott oder erledigen
       Reparaturen vor Ort.
       
       ## Elektroschrott auf wilden Müllkippen
       
       Seit Mitte November beraten sie jeden Donnerstag Nachmittag im Repaircafé
       „Schraube14“ Laien, die ihre Geräte selbst wiederherstellen wollen.
       Werkzeug und Kaffee gibt es gratis. „Reparaturcafés sind Keimzellen für
       Kapitalismuskritik und gutes Leben“, freut sich Eisenriegler über das
       [2][neueste Projekt].
       
       Zur Gründung des RUSZ brachte den Sozialökonomen ein Schlüsselerlebnis: der
       Streik seines Geschirrspülers. Obwohl nur ein Schlauch verstopft war, riet
       ihm ein mürrischer Mann vom Kundendienst einen neuen zu kaufen und forderte
       dafür auch noch 90 Euro. Inzwischen hat der Kritiker des
       „Wegwerfkapitalismus“ viele weitere unlautere Methoden zur Förderung des
       Konsumrauschs entdeckt: Handys und Laptops sind wegen verschweißter Akkus
       nicht reparabel. Moderne Kühlgeräte ebenfalls nicht. Computerdrucker und
       -patronen streiken nach einer bestimmten Anzahl ausgedruckter Seiten. Und
       am Ende landet der ganze Elektroschrott auf wilden Müllkippen, etwa in
       Ghana.
       
       Viele Billiggeräte, etwa aus China, haben buchstäblich eine Schraube
       locker. Manche Händler, berichtet der Sozialunternehmer, würden bis zu
       einem Drittel chinesischer Produkte wegen Minderqualität erst gar nicht
       ausstellen. Bei Waschmaschinen dienten zu schwache Stoßdämpfer als
       Sollbruchstellen. 1998 habe eine Waschmaschine durchschnittlich zwölf Jahre
       lang Wäsche gearbeitet, heute kaum mehr als sechs Jahre. Lieber teurere
       solide Modelle kaufen, lautet sein Rat, „pro 100 Euro funktioniert Ihre
       Waschmaschine ein Jahr länger.“
       
       Im RUSZ wird deshalb auch „Tuning“ angeboten: Durch veränderte technische
       Einstellungen laufen Altmaschinen länger und verbrauchen gleichzeitig
       weniger Strom und Wasser. Bloß keine Neukäufe, um Energie zu sparen, wie es
       die Werbung suggeriert, warnt Eisenriegler, denn das lohnt sich laut einer
       Studie des Ökoinstituts erst ab einer Laufzeit von etwa 20 Jahren.
       Verschrottungsprämien seien „Schrott“.
       
       ## Bereit für „Starthilfe“
       
       Der mit vielen Umweltpreisen Überhäufte denkt sich ständig neue Projekte
       aus. Etwa die „Wundertüte“: eine Handysammlung zum wieder Verteilen der
       Telefone, die das RUSZ zusammen mit dem Radiosender Ö3 und der Caritas
       initiierte. Oder das wienweite ReparaturNetzWerk mit 60 Mitgliedsbetrieben.
       
       Nach dem Vorbild des RUSZ haben sich inzwischen Abfallwirtschaft und
       Sozialunternehmen zusammengetan, um Reparatur- und ReUSe-Netzwerke aufs
       ganze Land auszuweiten. In 85 von 185 Sammelstellen werde
       Wiederverwendbares aussortiert, von Beschäftigten in sechs
       Sozialunternehmen aufgearbeitet und in 14 Shops unter dem Qualitätslabel
       „ReVital“ verkauft, so Matthias Neitsch, Geschäftsführer des
       [3][österreichweiten „RepaNet“].
       
       In Deutschland kooperiert Eisenriegler mit dem Berliner Ingenieur Stefan
       Schridde, der auf seiner [4][Website „Murks, Nein Danke“] KonsumentInnen
       die Möglichkeit gibt, Geräte mit geplanter Obsoleszenz zu melden. Ein
       Zentrum, das dem RUSZ vergleichbar wäre, gibt es hier jedoch nicht. Noch
       nicht: Eisenriegler ist bereit, Interessierten „Starthilfe“ zu leisten.
       
       8 Dec 2013
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.rusz.at
 (DIR) [2] http://repaircafe.org/de
 (DIR) [3] http://www.repanet.at
 (DIR) [4] http://www.murks-nein-danke.de/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ute Scheub
       
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