# taz.de -- Kommentar Orkan „Xaver“: Sturmgeheule wie am Lager Vier
       
       > Ein Orkan ist nicht einfach nur schlimm. Er erfüllt auch unsere Sehnsucht
       > nach Naturgewalten. Davon leben ganze Branchen.
       
 (IMG) Bild: Nach „Xaver“ ist vor dem nächsten Orkan: Da kennt die Natur nichts.
       
       Am Ende kam es in Deutschland nicht so schlimm wie befürchtet: Die Deiche
       hielten, niemand wurde von umstürzenden Bäumen, herabfallenden Ziegeln
       tödlich getroffen.
       
       Die Voraussagen der Meteorologen und die Vorsichtsmaßnahmen angesichts des
       Orkans „Xaver“ haben gegriffen. Ein Orkan wie „Xaver“ schafft Risiken –
       aber auch ein paar wohlige Nebenwirkungen, an denen sich vor allem jene
       freuten, die nicht gerade auf einer Hallig festsaßen oder im Internet die
       Stornierung ihrer Zugverbindung entdeckten.
       
       Die Bedrohung durch eine Naturgewalt jagt dem Stadtmenschen einen wohligen
       Schauer über den Rücken und stiftet ein Gemeinschaftsgefühl, für das man
       keinen Eintritt bezahlen muss: Die Sondersendungen zu „Xaver“, in denen es
       vor Superlativen („der schlimmste“, „der gewaltigste“) wimmelte,
       entwickelten sich am Donnerstag zu Quotenhits.
       
       Es gab nur eine Sendung am Donnerstagabend, die nichts mit „Xaver“ zu tun
       hatte und trotzdem Millionen Zuschauer anzog: Der „Bergdoktor“, in dem
       Sturm, Regen und Eis auch eine nicht unbedeutende Rolle spielen. Ein
       bisschen „Xaver“ in den Metropolen erfüllt unsere Sehnsucht, die
       Naturkräfte zu spüren.
       
       ## Es geht um Höheres
       
       Wenn der Sturm nachts mit hohen Windgeschwindigkeiten ums Haus heult, darf
       man sich ein bisschen fühlen wie im Lager Vier am Mount Everest, nur eben
       ganz ohne Risiko. Und wer vor die Tür geht und sich auch nur eine halbe
       Stunde durch die Windböen und das Schneetreiben kämpfte, hatte das satte
       Gefühl, endlich habe sich der Erwerb der winddichten Northface-Jacke mit
       Nanuk-200-Innenfleece und dem fetten Herstellerlogo gelohnt.
       
       Da trifft es sich, dass bunte Daunenjacken (die mit Kammerfüllung, nicht
       die gesteppten) derzeit besonders angesagt sind. Die Dinger sind eigentlich
       viel zu warm für die Stadt. Dank „Xaver“ aber musste man die Jacken jetzt
       bis zum Kinn schließen und gottseidank haben sie diese neuen elastischen
       Kapuzen, die so eng am Kopf anliegen wie Badehauben. Das sieht zwar doof
       aus, aber schließlich geht es um Höheres, wenn ein Sturm durch die Straßen
       fegt. Technologie ist alles.
       
       Nur schade, dass allradgetriebene Geländewagen sich nicht so gut für einen
       Orkan eignen wie tiefliegende Sportautos alten Stil: Die hohen Karosserien
       werden leicht von den Windböen zur Seite gedrückt. „Xaver“ ist der Beweis:
       Es gibt sie noch, die Naturgewalten. Wir bilden uns das nicht nur ein. Das
       ist doch ganz beruhigend. Nicht nur, wenn wir mal wieder im Outdoorladen
       stehen.
       
       6 Dec 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Barbara Dribbusch
       
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