# taz.de -- Münchner NSU-Prozess: Fast wäre Beate Zschäpe aufgeflogen
       
       > Die Hauptangeklagte im NSU-Prozess wurde schon 2007 von der Polizei
       > vernommen. Der ermittelnde Kommissar bemerkte nichts von ihrem
       > Doppelleben.
       
 (IMG) Bild: Gab sich als Susann E. aus: Beate Zschäpe
       
       MÜNCHEN taz | Die drei Rechtsterroristen Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und
       Beate Zschäpe wären im Jahr 2007 beinahe aufgeflogen. Doch die Polizei, die
       den dreien durch Zufall auf die Spur kam, glaubte den Behauptungen Beate
       Zschäpes, die falsche Angaben zu ihrer Person machte.
       
       Der Polizeibeamte ließ Zschäpe, die sich vor dem Münchner Oberlandesgericht
       wegen zehnfachem Mord verantworten muss, ungeschoren davonkommen. Am Montag
       sagte Kriminalhauptkommissar Roko Rautenberger zu der verpassten Chance
       aus.
       
       Es war der 11. Januar 2007, als Beate Zschäpe bei der Polizei eine Aussage
       machen musste. Der Grund: Es ging um einen Wasserschaden und einen
       Diebstahl im Wohnhaus in der Zwickauer Polenzstraße 2, dem Versteck des
       NSU-Trios. In dem Haus hatten die drei eine von Matthias D. angemietete
       Wohnung genutzt.
       
       „Das war keine einprägsame Vernehmung“, sagte am Montag
       Kriminalhauptkommissar Rautenberger im Saal A 101. Nüchtern schilderte er
       die Ermittlungen gegen Patrick K, der verdächtigt wurde, am 7. Dezember
       2006 in der Wohnung der befreundeten Familie – über der Wohnung der
       mutmaßlichen Terroristen gelegen – Wasserhähne aufgedreht und Gegenstände
       entwendet zu haben. Eine Zeugenaussage führte den Beamten zu Mundlos,
       Böhnhardt und Zschäpe. „Die Frau Dienelt soll Schritte gehört haben“, hieß
       es im Haus.
       
       ## Spitzname Lise
       
       Mehrmals versuchte die Polizei, Zschäpe zu Hause anzutreffen. Am 9. Januar
       2007 reagierte sie auf das Klingeln, öffnete die Tür. „Sie stellte sich als
       Susann E. vor“, sagte Rautenberger. Auf Nachfrage, warum sie im Haus als
       Lisa Dienelt bekannt sei, hätte sie erklärt, dass „ihr Spitzname ’Lise‘
       wäre und manche Leute sie daher für Lisa Dienelt hielten“.
       
       Zweit Tage später glaubte der Beamte bei der Vernehmung im Polizeirevier
       die Geschichte erneut. Um 6.30 Uhr morgens hatte Rautenberg die heutige
       Hauptbeschuldigte geladen. Zusammen mit André E., der wegen Unterstützung
       des Terrortrios angeklagt ist, war sie pünktlich gekommen und stellte sich
       erneut als Susann E. vor.
       
       Mit einem Personalausweis von Frau E. wies sie sich aus. Die Daten, so
       Rautenberger, habe er ins Vernehmungsprotokoll übertragen. „Ich gehe davon
       aus, dass ich den Ausweis vorliegen hatte“, sagte er am Montag vor Gericht.
       
       ## Unterschriften stimmten nicht überein
       
       Der Vorsitzende Richter Manfred Götzl fasste nach. Wen der Kriminalbeamte
       denn nun vernommen hätte? „Ich habe die Frau vernommen, die mir die Tür
       geöffnet hatte“, antwortete Rautenberg. Er schöpfte auch keinen Verdacht,
       als Zschäpe und E. sagten, dass sie zusammen in Zwickau in der Dortmunder
       Straße 12 wohnen würden, sich aber hin und wieder in der Wohnung ihres
       „Kumpels Dienelt“ aufhielten, da der als Lkw-Fahrer viel unterwegs sei.
       „Wir kümmern uns um seine Katzen“, habe Zschäpe laut Rautenberg erklärt.
       
       Ausführlich habe sie zu den Nachbarn ausgesagt, erinnerte sich der
       Ermittler weiter. In dem Fall, so Rautenberg, war sie für ihn als Zeugin
       „nicht mehr so wertvoll“.
       
       Folge: Die Passdaten und Namenserklärungen wurden nicht überprüft. Erst
       lange nach dem Abgleichen der Dokumente stellten die Ermittler Abweichungen
       fest. So stimmte die Unterschrift der Personalausweisauskunft des
       Einwohnermeldeamtes zur Person von der echten Susann E. nicht mit der
       Unterschrift auf der Zeugenvernehmung überein.
       
       Nur kurz fragten die Nebenkläger Christina Clemm, Mehmet Daimagüler und
       Seda Baysa nach. Ob der Ermittler den Pass wirklich angeschaut habe, das
       Bild mit der Person vor sich verglichen hätte, wollten sie wissen. Nein,
       nichts war ihm damals aufgefallen, wiederholte der Beamte.
       
       In Kooperation mit Radio Lora München, www.lora924.de.
       
       9 Dec 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Speit
       
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