# taz.de -- Glenn Greenwald auf dem CCC-Kongress: „Sie dehnen ihre Macht weiter aus“
       
       > Der Snowden-Vertraute Glenn Greenwald hält auf dem CCC-Kongress eine
       > Brandrede. Er kündigt weitere Enthüllungen rund um die NSA an.
       
 (IMG) Bild: Via Skype zum Hackerkongress zugeschaltet: Enthüllungsjournalist Glenn Greenwald.
       
       HAMBURG taz | Auf einmal ist es ruhig und leer im Congress Center Hamburg -
       nur Saal 1 ist brechend voll. Wer keinen Platz ergattern konnte, sieht sich
       den Stream in einem anderen Saal an, oder sitzt vor einem Bildschirm. Denn
       der Journalist und Edward Snowden-Vertraute Glenn Greenwald meldet sich per
       Skype aus Brasilien. Er sagt, er wäre überrascht gewesen, als er die
       Einladung zur Keynote erhielt, denn seine Kryptographie und
       Hacker-Fähigkeiten seien nicht gerade berühmt.
       
       Greenwald ist einer der Journalisten, dem der Whistleblower Edward Snowden
       einen Teil des NSA-Materials anvertraute. Bereits seit sechs Monaten
       arbeitet er an den Enthüllungen rund um die NSA-Überwachung, die auch das
       vorrangige Thema des Hackertreffens 30C3 ist.
       
       Man solle sich weiter für den Schutz der Privatsphäre einsetzen, denn es
       hätte sich noch nichts geändert, sagt er zu Beginn. „Die USA und ihre
       Verbündeten werden die Überwachung nicht freiwillig einschränken. Sie tun
       zwar durch symbolischen Gesten so als würden sie sich reformieren, aber in
       Wirklichkeit ändern sie nichts und dehnen ihre Macht weiter aus.“
       
       Den USA und ihren Verbündeten wirft Greenwald fadenscheiniges Verhalten
       vor: „Wir erwarten uns eine Debatte und dass von der Regierung darauf
       reagiert wird. Das wird aber nicht passieren. Sie werden ihre Fähigkeit uns
       zu Überwachen nicht freiwillig einschränken.“ Die Verantwortlichen seien
       zwar ertappt worden und würden sich bemühen durch symbolische Gesten einen
       Reformgedanken zu mimen, in Wirklichkeit würden sie aber gar nichts ändern
       und ihre Macht nur weiter ausdehnen.
       
       ## Auf dem Schlachtfeld der Technologie
       
       Greenwald redet sich in Rage. Auch auf den Gängen starrten kleine Gruppen
       gespannt auf kleine Bildschirme. Er redet nicht von Eventualitäten, sondern
       spricht die Hacker und ihre Rolle direkt an: „Letztlich wird der Kampf um
       die Freiheit des Internets und darum, ob das Internet wirklich ein
       Instrument der Befreiung und der Demokratie ist, oder ob es das schlimmste
       Unterdrückungsinstrument aller Zeiten ist, in erster Linie auf dem
       Schlachtfeld der Technologie ausgetragen. Die NSA und die US-Regierung
       wissen das. Deswegen geht Keith Alexander auch zu Hacker-Konferenzen.“ Der
       NSA-Chef Alexander hatte im Sommer an einer Hacker-Konferenz teilgenommen
       und seinen Geheimdienst verteidigt.
       
       Die Taktik der Einschüchterung, die von den USA verfolgt wird, hat
       Greenwalds Meinung nach zwei Effekte: Einerseits werde die Liste der
       Whistleblower und ihrer Helfer immer länger und die USA müssten ein Exempel
       statuieren um andere abzuschrecken, damit sie weiter ihr
       Geheimdienstregiment führen könnten. „Andererseits gibt es auch Leute, die
       genau das motiviert zu handeln - weil sie sehen können wozu die Regierungen
       fähig sind. Das ist süße Ironie.“
       
       ## Von den USA nichts anderes erwartet
       
       Es bestehe also kaum Hoffnung, dass die USA von einer Bestrafung Edward
       Snowdens absieht. Greenwald ist überzeugt, dass Snowden einer jahrelangen,
       wenn nicht lebenslangen Haft entgegensieht. „Der Grund dafür ist nicht,
       dass die Öffentlichkeit vor ihm geschützt werden muss, sondern dass sie
       Angst haben er könnte andere Menschen inspirieren ihm nachzueifern.“
       
       Dass die USA sich verhält, wie sie sich nun mal verhält, sei keine
       Überraschung für ihn. Aber von anderen hätte er mehr erwartet: „Dass es so
       viele Regierungen gibt - auch jene die in der Lage wären ihn zu schützen
       und jene, die am meisten von seinen Enthüllungen profitiert haben - dass
       die dabei zusehen wie seine Menschenrechte zerschmettert werden, weil er
       der Welt gezeigt hat was mit ihrer Privatsphäre passiert - das finde ich
       wirklich verwunderlich.“
       
       Er wisse, dass etwa Deutschland, Frankreich oder Brasilien dafür bezahlen
       müssten, wenn sie Snowden Asyl geben würden, aber Snowden hätte es noch
       viel mehr gekostet die Rechte der Menschen zu verteidigen und er hätte
       trotzdem nicht gezögert es zu tun.
       
       „Es wird noch viele Enthüllungen geben“ betont Greenwald und die Menge
       applaudierte. Er verteidigt außerdem die verzögerte Veröffentlichung der
       NSA-Dokumente. Es seien komplizierte Akten, die sorgfältig bearbeitet
       werden müssten, damit keine Fehler passieren, denn darauf würden die Leute
       nur warten.
       
       ## Nette Argumente bringen nichts
       
       Der Journalist kritisiert auch die britischen und die US-Medien. Sie würden
       sich von Generalsorden blenden lassen und hätten Angst die Regierung in
       Frage zu stellen.
       
       „Machtzentren kann man nicht mit netten Argumenten überzeugen, aber man
       kann Wege finden um ein Thema massiv aufzuzeigen. Erst wenn wir eine
       Situation schaffen, in der wir sie nicht mehr fürchten, sondern sie uns -
       erst dann werden sich diese Strategien ändern“, sagt er am Ende seiner Rede
       und erntet tosenden Beifall von dem inzwischen stehenden Publikum.
       
       Noch bis Montag Abend wird auf dem 30C3 im Congress Center Hamburg über die
       Macht der Geheimdienste, Verschlüsselung und den Schutz der Privatsphäre
       vorgetragen. Der Kongress ist besser besucht als je zuvor, bereits am
       Freitag wurden 10.000 Tickets verkauft.
       
       28 Dec 2013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Saskia Hödl
       
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