# taz.de -- Neujahrsskispringen in Garmisch: Entwöhnung eines Süchtigen
       
       > Noch einmal darf Martin Schmitt vor einem großen Publikum springen. Der
       > Abschied aus dem Eliteteam ist nun endgültig vollzogen.
       
 (IMG) Bild: Vor dem letzten Absprung: Martin Schmitt in Garmisch-Partenkirchen.
       
       GARMISCH-PARTENKIRCHEN taz | Es war der würdige Rahmen, der [1][Martin
       Schmitt] gebührt. 21.000 Besucher waren zum Neujahrsspringen zur
       Olympiaschanze gekommen. Natürlich waren sie nicht nur wegen des Manns mit
       dem lila Helm gekommen. Der spielt bei der Vierschanzentournee keine
       entscheidende Rolle mehr.
       
       Trotzdem haben sie ihn noch einmal gefeiert, auch nachdem er sein Duell
       gegen den Finnen Anssi Koivuranta deutlich verloren hatte. Er rutschte als
       Lucky Loser in den zweiten Durchgang und holte noch einmal Weltcuppunkte.
       Trotzdem waren dies wohl die letzten beiden Sprünge von Martin Schmitt auf
       der großen Bühne.
       
       Der vierfache Weltmeister, der Ende des Monats 36 Jahre alt wird, war schon
       in Oberstdorf und Garmisch-Partenkirchen nur in der nationalen Gruppe
       gesprungen. „Es muss in Garmisch sehr sehr viel passieren, dass ich Martin
       nach Innsbruck und Bischofshofen mitnehme“, hatte Bundestrainer [2][Werner
       Schuster] schon nach dem Auftaktspringen in Oberstdorf gesagt.
       
       Lange hatte Schuster zu dem beliebten Springer aus dem Schwarzwald
       gehalten. Auch mangels Alternativen. In Teamspringen war Schmitt immer
       wieder ein entscheidendes Mitglied. Zuletzt 2011 [3][bei der WM in Oslo],
       als das Quartett mit Michael Uhrmann, Michael Neumayer, Severin Freund und
       Schmitt Bronze gewann.
       
       ## Die Konkurrenz ist nun zu groß
       
       „Martin schafft es immer wieder sich auf einzelne Ereignisse zu
       konzentrieren und entsprechende Leistungen zu bringen“, sagte Schuster
       anerkennend. Doch mittlerweile ist die Konkurrenz im eigenen Lager mit
       Freund und Richard Freitag, vor allem aber den Jungen Andreas Wellinger und
       Marinus Kraus zu groß.
       
       In dieser Saison war er im zweitklassigen Continentalcup eingesetzt worden.
       Seine Auftritte waren allerdings auch nicht so überwältigend, dass ihm ein
       Platz im Team zustehen müsste. Im Weltcup war er vor seinem Einsatz bei der
       Tournee im vergangenen Februar beim Springen in Klingenthal tätig.
       
       Immer wieder wurde Schmitt auf sein Karriereende angesprochen. Immer wieder
       war er mit der Aussage konfrontiert worden, er habe den Absprung verpasst.
       Der Team-Olympiasieger hörte sich die mit großer Geduld an, lächelte
       darüber. „Natürlich beschäftige ich mich mit dem Karriereende“, hat er im
       Oktober 2012 gesagt, „aber dieser Sport hat mir immer Spaß bereitet und
       macht das auch heute noch. Warum soll ich dann aufhören? Es gab nie eine
       Phase, in der mir das Skispringen keinen Spaß machte. Vielleicht springe
       ich deshalb immer noch.“
       
       [4][Gregor Schlierenzauer], der zweimalige Tourneesieger aus Österreich,
       kann’s nachvollziehen. „Skispringen ist eine Sucht, auch ich bin ein
       Besessener. Ich würde Martin wünschen, dass er es noch einmal allen zeigt.“
       Daraus wird nun nichts mehr.
       
       ## Skispringer wie Popstars gefeiert
       
       Im November 1998 war es, als Martin Schmitt einen Skisprung-Hype in
       Deutschland ausgelöst hat, wie es ihn zuvor noch nie gegeben hat. Mit zwei
       Siegen beim Weltcupauftakt war er nach Hause in den Schwarzwald gekommen.
       Gemeinsam mit Sven Hannawald, dem bislang einzigen Springer, der alle vier
       Springen einer Tournee gewinnen konnte, schaffte es Schmitt, dass sich
       [5][plötzlich Menschen für Schanzengrößen und K-Punkte] interessierten, die
       zuvor nicht einmal wussten, wo Schanzen stehen. Die Skispringer wurden wie
       Popstars gefeiert.
       
       Nach der Saison 2002 musste Schmitt der Rekordjagd um immer größere Weiten
       Tribut zollen. Mehrmals musste er an den Knien operiert werden. Danach kam
       er nie wieder richtig in Form. Der letzte seiner 28 Weltcupsiege datiert
       vom 1. März 2002. Trotzdem ließ das Interesse an ihm nie nach.
       
       Und Martin Schmitt, der an der Trainerakademie des DOSB die Trainerlizenz
       erworben hat, hat diesen Interviewmarathon stets geduldig absolviert. Immer
       ging es ihm um den Sport. „Ich will nur gut Ski springen“, hatte er noch in
       Oberstdorf gesagt, „Wehmut kann ich hinterher haben.“
       
       Als Skispringer hat er sich ebenso verhalten. „Er war immer einer der
       Ersten, der mir gratuliert hat“, sagt Schlierenzauer. Auch das ist nicht
       selbstverständlich. Die Gratulationen werden künftig auch ausbleiben. Die
       Karriere des Martin Schmitt als Skispringer ist Geschichte.
       
       Update: In einer früheren Version des Artikels war fälschlicherweise
       angegeben, Schmitt hätte seine Trainerlizenz an der Sporthochschule Köln
       erworben.
       
       1 Jan 2014
       
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       ## AUTOREN
       
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