# taz.de -- Zukunft des Spreeparks: Saures für die Saurier
       
       > Die Versteigerung der Spreeparkruine müsste eigentlich fortgesetzt
       > werden. Daran hat das Land trotz der auflaufenden Kosten aber kaum
       > Interesse.
       
 (IMG) Bild: Guck mal: Der steht zwar nicht im Spreepark, schaut aber auch finster in die Zukunft.
       
       Eine verwunschene weiße Holzbrücke windet sich über Sümpfe, in denen
       Frösche quaken. Schwanenboote liegen umgekippt auf der Wiese. Alte Gemäuer
       knarren schaurig bei jedem Windstoß. Sehen und hören kann man das nicht
       etwa in einem Märchenfilm, sondern live und in Farbe mitten in Berlin: in
       der Spreeparkruine im Plänterwald.
       
       Bis 2001 drehten sich in dem heutigen Naturparadies Achterbahn und
       Riesenrad. Seit der spektakulären Flucht des ehemaligen Spreepark-Originals
       Norbert Witte mit Familie und Fahrgeschäften nach Peru Anfang 2002 fault
       und kreißt zugleich das vor sich hin. Die Natur hat sich ein Stück
       Stadtraum zurückerobert.
       
       Alle Versuche das Landes Berlin, den Spreepark zu verkaufen, sind bislang
       gescheitert. Grund ist, dass ein Investor die Schulden der insolventen
       Spreepark-GmbH quasi mitgekauft hätte. Die belaufen sich inzwischen auf
       fast 30 Millionen Euro – bei einem Verkehrswert von 1,6 Millionen.
       
       Und es sieht ganz danach aus, als ob auch der aktuelle Versuch in die Hose
       geht, den Spreepark zwangszuversteigern. Denn dazu hat die Finanzverwaltung
       nur noch wenig Zeit. Das Finanzamt, das die Zwangsversteigerung beantragt
       hatte, „wird Anfang Januar entscheiden müssen, ob es einen Antrag auf
       Wiederaufnahme des Versteigerungsverfahrens stellt“, sagt Kathrin
       Bierwirth, die Sprecherin von Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos).
       
       Das Finanzamt Treptow-Köpenick hatte die Zwangsversteigerung beim
       Amtsgericht beantragt, weil die Spreepark-GmbH beim Amt Steuerschulden in
       Höhe von 560.000 Euro angehäuft hatte. Am 3. Juli vergangenen Jahres
       lieferten sich der landeseigene Liegenschaftsfonds und eine Privatfirma ein
       hartes Bieterduell vor Gericht. Das höchste Gebot lag bei 2,5 Millionen
       Euro und kam von der Privatfirma, der damals neu gegründeten SP Kultur und
       Freizeitpark GmbH. Dahinter steht der Konzertmanager Carlos Fleischmann.
       
       ## Verhandeln auf Augenhöhe
       
       Die Firma hätte eigentlich den Zuschlag bekommen müssen. Doch das Finanzamt
       ließ die Zwangsversteigerung an dieser Stelle unterbrechen. Das Land wolle
       Zeit gewinnen, begründete dies hinterher Nußbaums Sprecherin. Die Exekutive
       müsse sich mit dem Abgeordnetenhaus abstimmen, „um mit dem privaten
       Investor auf Augenhöhe verhandeln zu können“.
       
       Gesetzlich ist eine Unterbrechung möglich, aber nur für ein halbes Jahr.
       Die Frist endet eigentlich am heutigen 3. Januar. Aufgrund der Feiertage
       werden einige wenige Tage hinzugerechnet. Wie viele genau, konnte am
       Donnerstag niemand sagen.
       
       Das Grundstück gehört dem Liegenschaftsfonds. Er – und damit das Land
       Berlin – kann aufgrund des Pachtvertrags aber nicht über das Areal
       verfügen. Denn darin steht, dass die Spreepark GmbH auch Schulden anhäufen
       darf. „Grundsätzlich sind wir weiterhin bestrebt, eine Lösung zu finden,
       die dem Land wieder die Möglichkeit gibt, über den weiteren Umgang mit dem
       Grundstück zu entscheiden“, so Kathrin Bierwirth.
       
       Das ist aus Sicht des Senats auch sinnvoll. Denn bei der derzeitigen
       Rechtslage haben neben dem Land zahlreiche andere mitzubestimmen: der
       Bezirk Treptow-Köpenick etwa. Dazu die Gläubiger der insolventen
       Spreepark-GmbH, allen voran die Hauptgläubigerin Deutsche Bank. Auch
       Norbert Wittes Exfrau Pia Witte, die derzeit das Erbbaurecht innehat, darf
       ein Wort mitreden. Genau wie ihr neuer Lebensabschnittsgefährte Gerd Emge,
       der von ihr allerlei Vollmachten hat, derzeit den Park bewacht und
       vermarktet. Da er keine Pacht zahlt, laufen weitere Schulden auf. Die
       Spreepark GmbH schuldet allein dem Land Berlin 4,3 Millionen Euro
       Erbbaurechtszinsen sowie fast 1 Million Euro für Reinigung und
       Schneebeseitigung.
       
       Eine verzwickte Situation also.
       
       Doch offenbar hat es kaum Versuche von Senatsseite gegeben, an einer Lösung
       zu arbeiten – obwohl es nun ein halbes Jahr her ist, dass die
       Zwangsversteigerung unterbrochen wurde. Abgeordneten zufolge gab es bisher
       keine der angeblich angestrebten Abstimmungen mit dem Parlament, die für
       größere Grundstücksgeschäfte nötig wären.
       
       Was läuft hinter den Kulissen? „Wir haben mit keinem Kulturbetreiber
       verhandelt“, erklärt Irina Dähne, Sprecherin des Liegenschaftsfonds. Mehr
       will sie nicht sagen. Für Gespräche rund um Grundstücksgeschäfte gelte
       Vertraulichkeit, sagt sie.
       
       ## Raum für Spekulationen
       
       Das bietet Raum für Spekulationen. Wenig spricht dafür, dass es überhaupt
       eine zweite Runde der Zwangsversteigerung geben wird. Denn aus Sicht des
       Landes würde die sich nur rechnen, wenn Berlin selbst den Zuschlag bekommen
       würde. Käme ein anderer Interessent zum Zuge, sähe Berlin lediglich die
       560.000 Euro Steuerschulden, die beim Finanzamt aufgelaufen sind, und die
       Gerichtskosten. Der dicke Rest des Versteigerungserlöses ginge aller
       Wahrscheinlichkeit nach an die Hauptgläubigerin Deutsche Bank.
       
       Zudem bekäme ein Ersteigerer des Erbbaurechtes das Grundstück lastenfrei.
       Das heißt, er wäre nicht verpflichtet, Pacht zu zahlen. Bis der mit den
       Wittes abgeschlossene Vertrag 2061 abläuft, sähe Berlin keinen weiteren
       Cent, haftet aber für allerlei Risiken des Betreibers. Ein schlechtes
       Geschäft für das Land.
       
       Es ist gut möglich, dass Berlin derzeit hinter den Kulissen mit der
       Deutschen Bank verhandelt über die Frage, wie viel der von Norbert Witte
       aufgehäuften Schulden das Land an die Bank zahlen soll – und wie viel diese
       davon in den Wind schreiben muss.
       
       Völlig unklar ist auch, was einmal aus dem einstigen Spreepark werden
       könnte. Gerd Emge, der das Areal derzeit vermarktet, glaubt, dass Land und
       Bezirk unterschiedliche Ziele verfolgen. „Der Bezirk würde mir
       Zwischennutzungen für Musicals für 2014 genehmigen. Das Land hält sich
       zurück“, berichtet er. Der Bezirk, so vermutet Emge, wolle das Areal für
       kulturelle Nutzung nutzen. „Das Land will es dreiteilen: Ein Drittel soll
       ein kleiner Familienpark werden. Ein Drittel soll renaturiert werden. Ein
       Drittel soll Bauerwartungsland werden.“
       
       Das Land äußert sich nicht zu diesen Spekulationen. Für den Bezirk
       bestätigt Baustadtrat Rainer Hölmer die Präferenz für eine kulturelle
       Nutzung. „Von den angeblichen Plänen des Landes höre ich aber zum ersten
       Mal. Bauerwartungsland mitten im Wald würde auf unseren Widerstand stoßen.“
       
       Die Erwartungen des Bezirks decken sich mit dem, was Carlos Fleischmann
       vorhat, der im Sommer nur kurz am Zuschlag vorbeigeschrammt ist: Seine
       Firma plant einen kleinen Familienpark mit Spielplatz, Streichelzoo und
       viel Gastronomie. Das Riesenrad als Wahrzeichen will er wieder in Betrieb
       nehmen. Und im Sommer soll der Park Kulisse sein für bis zu 18 Großkonzerte
       und kleine Theatervorstellungen in der Natur.
       
       2 Jan 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marina Mai
       
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