# taz.de -- Die Wahrheit: Hauchdünne Luftlöcher
       
       > Der deutsche Rauchsport sucht brennend Nachwuchs. Beinahe wäre er im Jahr
       > 1976 sogar olympische Disziplin geworden.
       
 (IMG) Bild: In den siebziger Jahren befand sich der Rauchsport auf seinem Höhepunkt
       
       Guntram „Smokey“ Fischer lädt zum Gespräch in ein kleines Nichtrauchercafé
       in der Kölner Südstadt. Eigentlich undenkbar, hätte er nicht zurzeit
       trainingsfrei. Fischer ist seit zehn Jahren amtierender Präsident der DRL,
       der Deutschen Raucher Liga und zudem Mannschaftskapitän bei Kippe Köln 04.
       Damit raucht er auf international höchstem Niveau, allerdings von der
       Öffentlichkeit nahezu unbemerkt.
       
       Der deutsche Rauchsport habe ein Imageproblem und das völlig zu Unrecht,
       beklagt Fischer. „Die dämlichsten Dinge werden zum Sport erkoren:
       Motorsport, Segeln, Schach! Und plötzlich rennen Millionen Menschen zu den
       Austragungen, jubeln wie die Doofen und stopfen sich fettiges Essen in den
       Wanst!“
       
       Da sei es mehr als legitim, den Rauchsport zu betreiben und zu fördern.
       Doch Politik und Gesellschaftsverbände versuchten permanent, ihm und seinen
       Verbandsmitgliedern „die Luft zum Rauchen zu nehmen“. Immer schwieriger sei
       es für die DRL, Austragungsorte für Meisterschaftsbegegnungen zu finden.
       Hinzu käme erschwerend, dass Sponsorengelder nur noch unter der Hand
       flössen, seit es eine Werbeverbot für Zigaretten gebe.
       
       In den siebziger Jahren befand sich der Rauchsport auf seinem Höhepunkt.
       „Goldene Zeiten! Zu der Zeit rauchten ja noch Jung und Alt. Eigentlich
       jeder, der in der Lage war, eine Zigarette zu halten.“ Mit Wehmut blickt
       Fischer auf diese Zeit zurück. Beinahe wäre der Rauchsport 1976 sogar
       olympische Disziplin geworden. Doch machten die Dopingkontrolleure den
       Rauchfreunden einen Strich durch die Rechnung.
       
       „Damals spielte es bei uns noch keine Rolle, was geraucht wurde – ob
       Marihuana oder Opium. Hauptsache, das Zeug brannte!“ Das hatte zur Folge,
       dass die Hälfte der Olympiateilnehmer nicht in das Flugzeug nach Montreal,
       sondern in eine Maschine Richtung Mauritius stiegen. Die anderen
       Olympioniken kamen zwar rechtzeitig am Austragungsort an, aber
       organisierten umgehend eine gigantische Party in den Sportlerunterkünften.
       
       Infolgedessen wurden nicht nur sämtliche Mitglieder der DRL auf Lebenszeit
       disqualifiziert, auch Spitzensportler anderer Disziplinen fielen plötzlich
       durch verdächtige Blutwerte auf und wurden umgehend nach Hause geschickt.
       Die sportgeschichtlichen Auswirkungen waren dramatisch: Aufstrebende
       Sportarten wie Seilchenspringen, Sackhüpfen und Kirschkernweitspucken, die
       bei Olympia erstmalig ihren großen Auftritt gehabt hätten, verschwanden in
       der Nische.
       
       Fischer ist ein rauchendes Relikt: Vor fast fünfzig Jahren brach er seine
       Ausbildung als Flaschensammler ab und entschied sich, den Weg einer
       Profikarriere im Rauchsport zu verfolgen. Harte Jahre rauchte er sich durch
       die niedrigen Klassen, bis er endlich einen Profivertrag bei Kippe Köln 04
       unterschrieb.
       
       „Am schlimmsten waren die Jahre in den Kreisligen. Ich erinnere mich noch
       an die Partie Zichten Zülpich gegen Teerlunge Troisdorf. Da haben wir das
       ganze Spiele nur mit filterlosen Karo bestreiten müssen!“
       
       Auf die gesundheitlichen Gefahren der Sportart angesprochen, winkt Fischer
       ab. „Teer konserviert – das kann jeder im Straßenbau überprüfen. Es ist
       alles eine Frage des Trainings und der Rauch-Disziplin!“ Begegnungen auf
       hohem internationalen Niveau, wie das letztjährige Finale der Europameister
       – Lunge Antwerpen gegen Rauchfreunde Brakel –, könnten normale Hobbyraucher
       natürlich körperlich nicht durchstehen.
       
       Die Spielregeln für diese hochkomplexe Sportart seien Laien schwer zu
       vermitteln, sagt Fischer und wirkt ein wenig nachdenklich, wenn er zu
       erklären versucht, was „Taktisches Paffen“, „Reinrauchen“ oder „Hauchdünne
       Luftlöcher“ sind. Das sei möglicherweise ein Grund, warum kaum Publikum zu
       den Austragungen komme. Doch Fischer versucht, das Positive in den
       Vordergrund zu stellen: „Immerhin schaut die Feuerwehr regelmäßig vorbei!“
       
       Schon wenige Minuten nach dem ersten Anrauchen vernebelten dichte
       Rauchschwaden das gesamte Spielfeld. Das stelle höchste Ansprüche an die
       geistige und körperliche Fitness der Spieler. „Du siehst die eigene Hand
       vor Augen nicht mehr! Da muss jeder kucken, wo er bleibt. Pro Austragung
       gehen uns ein bis zwei Raucher unauffindbar verloren, daher haben wir einen
       recht großen Bedarf an neuen Mitgliedern.“
       
       Aus diesem Grund müsse er sich nun um die Nachwuchsarbeit kümmern,
       entschuldigt sich Fischer. Mit gutem Beispiel geht der Präsident voran,
       verlässt das Café und stellt sich auf der anderen Straßenseite vor die
       hiesige Grundschule. Die 2. Klasse hat gerade Unterrichtsende – die Chance
       lässt sich Guntram „Smokey“ Fischer nicht entgehen. Mit nikotingelbem
       Lächeln steht er vor dem Schultor und offeriert den potenziellen
       Nachwuchsprofis gönnerhaft die geöffnete Zigarettenschachtel.
       
       17 Jan 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nico Rau
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Rauchen
 (DIR) Alexander Dobrindt
 (DIR) Skispringen
       
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