# taz.de -- Kommentar Datenklau: Mehr Meinung, weniger Info
       
       > Der massenhafte Identitätsdiebstahl im Netz wirft viele Fragen auf.
       > Antworten gibt es nicht. Aber natürlich gleich viele Forderungen.
       
 (IMG) Bild: 1984? 2014.
       
       Gemeinhin gibt es eine Regel, die Journalisten hassen und Behörden lieben.
       Sie lautet: „Wegen laufender Verfahren wird hierzu keine Stellung
       genommen.“ Dieser Satz hat einen Sinn. Er soll verhindern, dass nervige
       Journalisten fleißige Staatsanwälte, Richter und sonstige Beamte von der
       Arbeit abhalten.
       
       Es gibt aber auch Fälle, in denen sich dieser Sinn verkehrt. Einer davon
       ist am aktuellen Beispiel zum [1][massenhaften Datenklau] sehr gut zu
       illustrieren. Da warnt eine deutsche Bundesbehörde alle Bürgerinnen und
       Bürger davor, dass ihre E-Mails nicht mehr sicher sein könnten. Die Gefahr
       ist offenbar so groß, dass die Behörde selbst gleich einen Service
       eingerichtet hat: Sie prüft für jedeN EinzelneN, ob er oder sie betroffen
       ist. Man könnte das auch nennen: Alarm hoch hundert.
       
       Dann aber passiert das Bemerkenswerte: Worum es bei diesem vermeintlich
       gigantischen Hackerangriff eigentlich geht, was die Hintergründe sind und
       welche Behörden in der Sache ermitteln - das soll im Geheimen bleiben. Wer
       erfahren will, ob, sagen wir, die Staatsanwaltschaft Passau, das
       Bundeskriminalamt oder gleich ganz Interpol an der Maßnahme beteiligt sind,
       erfährt nur: nix.
       
       Das ist angesichts der Dimension des Ausmaßes interessant. Denn es stellt
       ja nun noch keine allzugroße Einschränkung der Arbeit dar, zu erfahren,
       dass und ob überhaupt irgendjemand woran arbeitet – und wenn ja, wer.
       
       Stattdessen geben weder BKA noch BSI genaueres zum Hintergrund des
       Botnetzwerkes bekannt, obwohl offenbar bereits eine gigantische Datenbank
       beschlagnahmt wurde. Wolkig heißt es da nur, der Fund sei im „Rahmen der
       Analyse von Botnetzen durch Forschungseinrichtungen und
       Strafverfolgungsbehörden“ aufgefallen. Forschungseinrichtungen? Welche denn
       bitte?
       
       Es gibt zwar noch keine Antwort, dafür aber ab sofort für jeden eine
       Meinung.
       
       Die einen spekulieren auf Kinderpornoringe, die anderen auf
       Kreditkartenbetrug oder die NSA. Und Politiker wie der Berliner
       CDU-Justizsenator Thomas Heilmann packen, versteht sich, die Gelegenheit
       beim Schopfe, sofort wieder nach einer Vorratsdatenspeicherung zu rufen:
       „Ohne Vorratsdatenspeicherung finden wir die Täter nicht“, [2][sagt er].
       Ja, Herr Heilmann, weiß ihre Behörde denn schon mehr? Nein, weiß sie nicht.
       
       Und so hat mal wieder ein munteres Antwortenraten und Forderungenfordern
       begonnen, ehe die Faktenlage geklärt ist. Das ist keine Sicherheit, das ist
       Verunsicherung: Wenn es keine Info gibt, dann gebt mir bitte eine Meinung!
       
       22 Jan 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Millionen-Zugangsdaten-geklaut/!131450/
 (DIR) [2] http://www.berlin.de/sen/justiz/presse/archiv/20140121.1355.393678.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Kaul
       
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