# taz.de -- Die Wahrheit: Englische Idiotien: Nicht hier – dort
       
       > In Großbritannien ist auf die Behörden so gar kein Verlass, was zu
       > allerlei Ungemach für Besucher und Einheimische führt.
       
       Desorientierte Touristen laufen ziellos durch Coventry. Immer wieder kehren
       sie zu dem Stadtplan zurück, der an der Trinity Street hängt, und versuchen
       verzweifelt, sich zurechtzufinden. „Sie sind hier“, markiert ein roter
       Pfeil den Standort. Aber die Touristen sind gar nicht hier, sondern dort.
       Sie befinden sich meilenweit vom vermeintlichen Standort entfernt. Die
       Bezirksverwaltung hatte den Pfeil falsch aufgeklebt.
       
       „Die Touristen müssen die Verwaltung für einen Klotzkopf halten“, sagt mein
       Freund Alan. Er sammelt seit Jahren Berichte über die Idiotien englischer
       Behörden. Inzwischen füllen sie Aktenordner. Ein merkwürdiges Hobby, aber
       es macht Alan Spaß, in den Ordnern zu blättern und den Gästen die besten
       Anekdoten vorzulesen.
       
       „Das müsst ihr euch mal vorstellen“, beginnt er die nächste Geschichte.
       „Die Bezirksverwaltung von Kent hat sieben Monate lang insgesamt 21.398
       Pfund an den falschen Mann überwiesen.“ Paul Carter arbeitete als Schlosser
       für eine Privatfirma, die ab und zu Aufträge von der Bezirksverwaltung
       bekam. Deren Chef hieß aber auch Paul Carter, und der erhielt keinen Penny.
       Als seine Sekretärin feststellte, dass sein großzügiger Überziehungskredit
       bis zum Anschlag ausgeschöpft war, riet sie ihrem Vorgesetzten zu etwas
       mehr Sparsamkeit. Der fiel aus allen Wolken. Das Missverständnis war zwar
       schnell aufgeklärt, aber Schlosser Carter hatte sich mit dem unverhofften
       Bonus längst aus dem Staub gemacht.
       
       „Manchmal bleibt es aber nicht bei finanziellen Schäden“, meint Alan,
       „sondern die Fehler der Beamten können lebensgefährlich sein.“ In der
       Andover-Siedlung in London-Islington sind antisoziales Verhalten und
       Drogenhandel gang und gäbe. Fast täglich gingen bei der Bezirksverwaltung
       Beschwerden genervter Anwohner ein, bis gegen 13 Schurken gerichtliche
       Unterlassungsbefehle verhängt wurden. Sie wurden ihnen per Einschreiben
       zugestellt – gemeinsam mit den angehefteten Beweisen, die nicht nur die
       Aussagen der Beschwerdeführer enthielten, sondern auch deren Namen,
       Adressen und Telefonnummern. Seitdem stehen diese rund um die Uhr unter
       Polizeischutz.
       
       Das sei eine einmalige Panne, versicherten die Beamten in Islington – und
       sorgten zwei Tage später für die nächste Panne. Bei einer harmlosen Anfrage
       auf der Webseite der Behörde schaffte es ein Mitarbeiter, mit einem
       falschen Knopfdruck sämtliche Daten von 2.500 Sozialbaubewohnern ins Netz
       zu stellen. Neben den Namen und Adressen wurden auch Ehestand, Geschlecht,
       ethnische Herkunft, Religion und sexuelle Präferenzen veröffentlicht.
       
       Manchmal schaufeln sich die Leute aber ihr eigenes Grab, meint Alan. Der
       eitle Shaun Clee, Geschäftsführer der Gesundheitsbehörde in
       Gloucestershire, die kurz vor dem Bankrott stand, prahlte auf Twitter, dass
       er sich ein neues Boot gekauft habe und stellte zum Beweis ein Foto dazu.
       Seine Angestellten, die erhebliche Gehaltskürzungen hinnehmen mussten,
       sollen sich mit ihrem Boss herzlich gefreut haben.
       
       26 Jan 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
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