# taz.de -- Rede zur Lage der Nation: Obama blinkt links
       
       > Ein „Jahr des Handelns“ schwebt dem US-Präsidenten für 2014 vor. Doch
       > wirklich Neues bringt Barack Obamas „Rede zur Lage der Nation“ nicht.
       
 (IMG) Bild: Will Guantánamo noch dieses Jahr schließen: Barack Obama.
       
       WASHINGTON taz | Bei seiner fünften „Rede zur Lage der Nation“ trägt
       US-Präsident Barack Obama, der mit dem Slogan „Change“ angetreten war,
       keine großen Reformprojekte mehr vor. Stattdessen beschreibt er am
       Dienstagabend in einer 65-minütigen Rede die Erfolge seiner bisherigen
       Politik, kritisiert die wachsende soziale Ungleichheit und übt da, wo er
       Bedarf an politischen Korrekturen sieht, zaghafte Kritik an der
       Blockadepolitik des US-Kongresses. Obama kündigt an, dass er fortan
       verstärkt von Rechtsverordnungen Gebrauch machen will. 2014 werde, so sagt
       er, „ein Jahr des Handelns“.
       
       Die meisten Aktionen, die der US-Präsident postuliert, bewegen sich im
       innen- und sozialpolitischen Bereich. Und einige davon sind nicht neu. Er
       fordert den Kongress auf, eine Anhebung des Mindestlohns von bislang 7.25
       auf 10.10 Dollar durchzusetzen. Er selbst kündigte eine Initiative an,
       diese 10.10 Dollar für Arbeiter verbindlich vorzuschreiben, die für Firmen
       arbeiten, die Bundesaufträge ausführen. Unternehmen, die Arbeiten Will die
       Wiedereinführung des Arbeitslosengeldes, das das Repräsentantenhaus erst
       Ende letzten Jahres im Rahmen eines Haushaltsdeals gekürzt hat. Will mehr
       Steuergerechtigkeit für Niedriglohnverdiener. Mehr Weiterbildung am
       Arbeitsplatz. Und eine Verbesserung der Qualität von Vorschule und Schule.
       
       Wie schon bei frühereren Gelegenheiten, kündigt er erneut an, dass er das
       Gefangenenlager in Guantánamo vor Jahresende schließen, dass er den
       Schusswaffenhandel stärker kontrollieren und dass er – ebenfalls vor
       Jahresende – die zerrüttete Einwanderungspolitik reformieren will.
       
       Die Gesundheitsreform, die zentrale Reform seiner ersten Amtszeit, erwähnt
       der US-Präsident erst nach 40 Redeminuten. Zur technisch komplizierten
       Online-Anmeldung für die Krankenversicherung sagt er gar nichts. Und die
       bislang mehr als 40 Versuche der republikanischen Mehrheit im
       Repräsentantenhaus, die Reform zu kippen, versucht er witzelnd zu
       entkräften. Sagt: „Ich erwarte nicht, dass ich meine republikanischen
       Freunde überzeugen kann“. Statt an die PolitikerInnen, die vor ihm sitzen,
       richtet er sich direkt an seine Landesleute und fordert sie auf, so bald
       und so zahlreich wie möglich neue Versicherungen abzuschließen.
       
       ## „Die terroristische Bedrohung hält an“
       
       In der Energiepolitik verweist Obama stolz auf den rasanten Anstieg der
       heimischen Gas- und Ölproduktion, dank derer die USA inzwischen weniger
       Mineralölprodukte importieren, als sie selber herstellen. Er rechtfertigt
       die Intensivierung der Gas-Produktion, die vor allem mit der umstrittenen
       Fracking-Methode geschieht, sowie den Ausbau sämtlicher Energiequellen: von
       fossilen bis hin zu erneuerbaren.
       
       Den Ausbau des AKW-Parks erwähnt er hingegen nicht, auch nicht die
       Keystone-XL. UmweltschützerInnen protestieren gegen die Pipeline, die
       schweres Öl aus den Teersandgebieten in Kanada in die Raffinerieen in Texas
       befördern soll. Der Genehmigungsprozess in Washington stockt seit Jahren.
       
       Die Außenpolitik kommt bei der „State of the Union“-Rede erst nach einer
       Dreiviertel-Stunde zur Sprache. Und sie ist vor allem von US-amerikanischen
       Militäreinsätzen geprägt. An dem Abzug seiner Truppen aus Afghanistan bis
       zum Ende dieses Jahres will Obama festhalten. Auch wenn anschließend
       weiterhin kleinere US-amerikanische – und alliierte – Kontingente in
       Afghanistan bleiben.
       
       Das Zustandekommen der Syrien-Gespräche in Genf betrachtet der US-Präsident
       als Erfolg der „amerikanischen Diplomatie und der Drohung mit Gewalt im
       Hintergrund“. Und die Verhandlungen mit dem Iran interpretiert er als
       Erfolg der „amerkanischen Diplomatie mit der Drohung von Druck im
       Hintergrund“. Für den Fall, dass der US-Kongress eine Verschärfung der
       Iran-Sanktionen verabschiedet, solange die Verhandlungen laufen, kündigt
       Obama sein Veto an.
       
       In Sachen Terrorismus scheint Obama seine Wortwahl überdacht zu haben. Im
       Januar 2013 hatte er gesagt: Al-Kaida „ist auf der Flucht“ und Bin Laden
       ist tot. 2014 stellt er fest: „Die terroristische Bedrohung hält an“. Und
       verweist auf diese Länder: Syrien, Jemen, Somalia, Irak und Mali.
       
       Wie jedes Jahr hat die First Lady mehrere handverlesene Gäste mitgebracht,
       deren Lebensgeschichten exemplarisch für die Themen stehen, die der
       Präsident anspricht: die erste Frau an der Spitze des größten Autokonzerns
       der USA, deren Vater ein Fliessbandarbeiter war. Der Einwanderungssohn, der
       als Zehnjähriger in die USA gekommen ist, ohne ein Wort Englisch zu
       sprechen, und demnächst auf die Universität geht. Und die Frau, die erst
       seit Jahresanfang eine Krankenversicherung hat und wenige Tage danach eine
       schwere Operation über sich ergehen lassen musste, die sie ohne die
       Gesundheitsreform finanziell in den Ruin getrieben hätte.
       
       ## Feixen und Däumchen drehen
       
       Die wichtigste Person auf der Besucherbank ist der 30-jährige Cory
       Remsburg. Der Soldat, der schwer verletzt aus dem Afghanistan-Krieg zurück
       gekommen ist, verhilft Präsident Obama zu dem längsten – und
       parteiübergreifendsten - Applaus seiner Rede. Unterstützt von seinem Vater
       und von der First Lady wuchtet sich der junge Mann, der das Reden, Stehen
       und Gehen neu lernen muss, aus seinem Sitz und winkt. Obama beschreibt den
       Weg des Soldaten, das Beste aufzubieten, als Vorbild für die USA.
       
       Während der Rede sitzen Obamas Vize-Präsident Joe Biden und der
       republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, Republikaner John
       Boehner, hinter dem Präsident. Biden feixt in Unterstützung des
       Präsidenten. Boehner dreht immer wieder Däumchen.
       
       Als Obama fertig ist, kann die Opposition – so will es das Ritual der
       „State of the Union Address“ – antworten. Anders als früher kann die
       vielfach gespaltene Republikanische Partei jedoch nicht mit einer Stimme
       sprechen. Stattdessen tragen drei verschiedenen RednerInnen ihre jeweils
       unterschiedliche Kritik am US-Präsidenten vor.
       
       29 Jan 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dorothea Hahn
       
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