# taz.de -- Kolumne Die Wahrheit: Schönschnippeln leicht gemacht
       
       > Die Erstmanifestation einer Neurodermitis im Augenbereich hat mich in
       > Tagen um Jahre altern lassen. Das ist ganz praktisch.
       
       Die Erstmanifestation einer Neurodermitis im Augenbereich hat mich in Tagen
       um Jahre altern lassen. Was ganz praktisch ist: Ich kann jetzt schon
       erleben, womit ich demnächst als Bestager im Spiegel rechnen muss. Momentan
       zeichnen nämlich Hunderte von neuen Falten kleine und größere
       Hahnentrittmuster auf dem Lid, unterhalb des Auges haben sich weiche
       Tränensäcke gebildet, und die Farbe des Hautfelds um die Augen herum
       verdunkelte sich innerhalb kürzester Zeit von fürnehm blass zu weinrot.
       
       Das Schminken ist zwar zu einer Herausforderung geworden, weil der Eyeliner
       sich in den Falten verläuft wie eine schwarze Sturzflut in den Wadis einer
       Wüste, aber ich versuche wie immer, das Gute daran zu sehen – wenn ich der
       Lehrerin sage, dass ich mich nicht gut fühle, glaubt sie mir sofort.
       
       Und auch den vorhandenen Schlupflidern kommt die Krankheit zupass: Mein
       Blick erinnert an den eines Cowboys, der weit in die Prärie hinein guckt,
       weil er wissen möchte, ob die Staubwolke in dreißig Kilometern Entfernung
       zu einem Kojoten, einem Pueblo-Apachen oder der Arbeiterkolonne für das
       Feuerross gehört. Es lohnt sich quasi zur Zeit kaum, die schweren Klüsen
       überhaupt aufzumachen, weil eh nur Neuro drunter lauert.
       
       Ich werde daher eventuell mit dem Aufklappen warten, bis der erste Schub
       vorbei ist, danach aber gleich prophylaktisch ein paar Wolfgang-Joop!-OPs
       ausführen lassen, das sind Lidkorrekturen, die den Blick in ewigem Staunen
       verharren lassen. Denn für Platon ist Verwunderung der Anfang der
       Philosophie, es kann also nicht verkehrt sein, wenn man wunderlich
       aussieht.
       
       Und weil bekanntlich bei Schönheitseingriffen das Motto vorherrscht: „Ist
       die Küche erst renoviert, sieht der Flur plötzlich gammelig aus“, rechne
       ich damit, mich sukzessive weiteren Verschönerungsoperationen anzunähern,
       am meisten freue ich mich auf die Kinnverbreiterung. Als Role Model dafür
       habe ich „Robert“ aus der Sesamstraße im Hinterkopf, der im Original „Guy
       Smiley“ heißt und dessen Bild auch bei den OPs von Mitt Romney und John
       Kerry über dem Operationstisch gehangen haben muss.
       
       Man kann sich schließlich aussuchen, wen man im Spiegel des Aufwachraums
       sehen möchte: Bei einem Nachbarn von mir stand der Hausmeister aus der
       „Muppet Show“ Pate, „Janitor George“, der ab der dritten Staffel von
       „Beauregard“ ersetzt wurde – übrigens eine weitaus bessere Vorbildwahl, wie
       ich finde.
       
       Heutzutage ist das ja alles kein Problem mehr. Man kann sämtliche
       Verschönerungen online machen lassen oder mit einem 3D-Drucker, der neben
       herkömmlichem Waffendruck längst Bioprinting beherrscht. So einen will ich
       mir eh unbedingt kaufen, seit einiger Zeit lassen sich nämlich auch Ohren
       ausdrucken, strenggenommen nur für ohrenlose Bedürftige, aber wenn ich an
       die kommende fünfte Jahreszeit und an mein altes Spock-Kostüm mit
       dementsprechend schlecht klebenden Features denke, dann ist klar, wer in
       diesem Jahr absolut jeden Kostümpreis holen wird.
       
       6 Feb 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jenni Zylka
       
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