# taz.de -- Sotschi 2014 – Eisschnelllauf, 3000 m: Pechstein verpasst Vergeltung
       
       > Niemand brauchte eine Medaille so dringend wie Claudia Pechstein. Am Ende
       > wurde die Polizeimeisterin über 3.000 Meter nur Vierte. Eine Katastrophe.
       
 (IMG) Bild: Vorbeigerauscht - zumindest an den Journalisten in der Mixed Zone.
       
       SOTSCHI taz | Ausgepumpt ließ sich Claudia Pechstein auf einer Pritsche am
       Rande der Eislaufbahn nieder. Der Lauf war nix. Sie musste nicht erst zur
       Anzeigetafel schauen, um das zu wissen. 4:05,26 Minuten stand da oben –
       eine Zahlenkombination, die sie künftig hassen wird.
       
       Sie wollte olympische Geschichte schreiben, nichts weniger als das, ihre
       zehnte Olympiamedaille gewinnen, vielleicht sogar die sechste goldene. Sie
       wollte mit 41 Jahren und 352 Tagen die älteste Olympionikin werden, die je
       in einem Einzelevent siegte.
       
       Ihr Freund Matthias Große, der mit einer Akkreditierung des Verbandes nach
       Sotschi gereist war, versuchte sie mit lautem Gebrüll von der Bande aus
       anzutreiben. Aber je lauter der Immobilienhändler aus Berlin krakeelte,
       desto krampfiger huschte Pechstein über das Eis der Adler-Arena. Sie wurde
       nur Vierte. Blech. „Natürlich ist der vierte Platz doof“, sagte sie,
       nachdem sie sich wieder gefasst hatte.
       
       Doof sollte heißen: Das hier ist eine verdammte Katastrophe für mich. Allen
       wollte sie es noch einmal beweisen, den Kritikern und Skeptikern. Leistung
       war ihre Munition, mit der sie, die Dopingvorbestrafte, schoss. Die
       Patronen sind ihr in Sotschi ausgegangen.
       
       ## Die Tränen kullern
       
       Zunächst war sie an den Journalisten in der Mixed Zone vorbeigerauscht. Ein
       Trainer der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft musste sie erst
       überzeugen zurückzukommen. Sie erschien mit Große, der erstmal die
       Schreiber anwies, nicht so zu drängeln. Jeder wollte wissen, wie Pechstein
       diese große Enttäuschung kommentiert, schließlich war sie in den
       Weltcuprennen in dieser Saison über 3.000 Meter immer unter die ersten Drei
       gekommen.
       
       Ein Rennen hatte sie sogar gewonnen. Dass es ausgerechnet beim
       allerwichtigsten Wettkampf des Winters nichts wird, das konnte wohl auch
       Polizeimeisterin Pechstein nicht so recht begreifen. Die Tränen kullerten.
       Die Stimme stockte. „Habe alles gegeben …“, murmelte sich noch, dann
       übernahm Große ihren Part. „Die Russin ist über sich hinausgewachsen“,
       stellte er fest, „eigentlich war der Plan, genauso zu laufen.“
       
       Große meinte Olga Graf, die ziemlich überraschend Bronze gewonnen hatte.
       Schnell war der Grund für die famose Leistung der Russin, die übrigens die
       erste Medaille für den Ausrichter der Spiele holte, gefunden: das Eis. Sehr
       schwer sei es gewesen. Wie über Honig sind die Läuferinnen geglitten,
       konnte man nach den Ausführungen glauben. Die Russin habe als
       Lokalmatadorin am besten mit dem Honigeis umgehen können. „Ja, das Eis ist
       sehr, sehr schwer“, sagte dann auch Claudia Pechstein. „Ich war nicht so
       zufrieden mit meinen Geraden, die ich gelaufen bin.“
       
       Vor den Winterspielen hieß es freilich, Pechstein würde das Eis von Sotschi
       mögen, da es sehr hart sei. Angeblich schwanken die Eisbedingungen von
       Stunde zu Stunde. Das hinderte aber Ireen Wüst aus den Niederlanden nicht
       daran, Olympiasiegerin zu werden. Und auch Martina Sablikova aus Tschechien
       brachte genau jene Leistung, die man von ihr erwartet hatte. Sie wurde
       Zweite.
       
       ## Beckert läuft auf Platz 17
       
       Auch nicht besonders gut lief es für Stefanie Beckert, Olympiazweite von
       Vancouver über diese Strecke, die in dieser Saison überhaupt nicht in Form
       gekommen ist. Sie landete auf Platz 17. Im Fußball würde man von einer
       „Klatsche“ sprechen. „Ich bin gar nicht in den Rhythmus gekommen“, hat sie
       nach dem Rennen gesagt, „es war eine schwierige Saison.“ Daran hat wohl
       auch Pechstein ihren Anteil.
       
       Pechstein hatte stets ihren Aggressionen gegen die Konkurrentin freien Lauf
       gelassen und einmal gar gesagt: „Meine Faust möchte in ihr Gesicht.“ Diese
       Rivalität ist Beckert nicht gut bekommen, zumal sie sich vom Verband allein
       gelassen fühlte.
       
       Beckert will trotzdem am 19. Februar, wenn sie über die olympischen 5.000
       Meter an den Start geht, um eine Medaille kämpfen. „Abgeschrieben habe ich
       die noch nicht.“ Das geht Claudia Pechstein genauso.
       
       9 Feb 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Markus Völker
       
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