# taz.de -- Sotschi 2014 – Snowboard, Halfpipe: Yolo, man
       
       > Mit dem „Yolo Flip“ gewinnt Iouri Podladtchikov den Wettkampf. Der
       > berühmte Shaun White verliert. Die Extrovertiertheit beider grenzt an
       > ADS.
       
 (IMG) Bild: Iouri Podladtchikov schreit.
       
       BERLIN taz | Es war nicht der erste Absturz eines Favoriten bei den
       Winterspielen in Sotschi. Doch es war fraglos der mit der größten Fallhöhe.
       [1][Shaun White], der jahrelange König des [2][Snowboard-Sports], verpasste
       am Dienstag Abend seine dritte olympische Goldmedaille in Folge deutlich.
       White landete in seiner Paradedisziplin, dem Halfpipe-Wettbewerb, nicht
       einmal auf dem Podest, sondern musste sich mit dem undankbaren vierten
       Platz begnügen.
       
       Der wohl reichste und berühmteste Wintersportler in Sotschi war damit
       grandios gescheitert und so blieb ihm am Ende nur, den guten Verlierer zu
       mimen. Das tat er mit sportsmännischer Haltung, umarmte gar den Sieger und
       lächelte tapfer. Man kann sich jedoch leicht ausmalen, wie es im Inneren
       des 27-jährigen Amerikaners aussah. Gemessen an dem manischen
       Perfektionismus und Ehrgeiz, mit denen sich White über ein Jahrzehnt hinweg
       an der Weltspitze behauptet hatte, muss seine Enttäuschung über die
       Niederlage maßlos gewesen sein.
       
       Der strahlende Gewinner des Abends hieß [3][Iouri Podladtchikov]: ein
       russischer Migrantensohn, geboren in Podolsk rund 40 Kilometer von Moskau,
       aufgewachsen in Zürich. Podladtchikov ist erst seit 2007 schweizer
       Staatsbürger. Davor trug er die russische Flagge bei Wettkämpfen. Die
       Winterspiele erklärte er schon im Vorfeld zu seinem Heimspiel. „Sotschi ist
       mein Boden“, hatte er gegenüber der FAS gesagt – und recht behalten.
       
       Dass Podlatchikov nun statt White ganz oben steht, ist an sich kein Wunder,
       wurde er doch als ärgster Konkurrent des Amerikaners gehandelt. Sein Sieg
       bezeichnet so gesehen nur das dramatische Finale einer verbissenen
       Aufholjagd. In Vancouver 2010, als White sein zweites Olympiagold holte,
       war Podlatchikov Vierter geworden. Der Schweizer zog aus dieser Niederlage
       die einzig logische Konsequenz. Er eiferte seinem großen Idol umso
       akribischer nach.
       
       ## Das Rockstar-Image
       
       Er schaute sich Trainingsmethoden ab und arbeitete sich Stück für Stück an
       White heran, bis er einen Tricksprung beherrschte, den noch nicht mal der
       Großmeister gestanden hatte. Der „YOLO Flip“ – ein zweifacher Salto mit
       vier Schrauben – ist Podladtchikovs eigenstes Werk und die entscheidende
       Sprungfigur, mit der der Schweizer am Dienstag Olympiagold gewann.
       
       Auch in Sachen öffentlicher Selbstvermarktung orientiert sich Podladtchikov
       eng an Whites Rockstar-Image. Der Sieger-Habitus der beiden ähnelt sich
       verblüffend: eine an ADS grenzende Extrovertiertheit, die sich nach jedem
       erfolgreichen Halfpipe-Ritt in selbstüberhöhenden Jubelposen entlädt.
       
       Genauso wie White inszeniert sich Podladtchikov gern als kreatives
       Allround-Genie und Playboy. Er ist Fotograf und Modeschöpfer, lässt sich
       mit teuren Sportwagen ablichten und macht keinen Hehl aus seinem wilden
       Jetset-Leben. Gegenüber Boulevardmedien neigt er zu selbstgefälligen
       Sätzen, wie: „Autos sind für mich wie Schuhe für Frauen“ oder „Alle wollen
       mit mir feiern“.
       
       Bisher schien Podladtchikov nie ganz an die schillernde Persönlichkeit
       Whites heranzureichen, auch weil die ganz großen sportlichen Erfolge
       fehlten. Doch die Verhältnisse haben sich zu seinen Gunsten verkehrt.
       Podlatchikov gewann im letzten Jahr erstmals den WM-Titel in der Halfpipe.
       Nun hat er sich nach einer herausragenden Saison mit dem Olympiasieg selbst
       gekrönt und den einstigen Regenten vom Thron gestoßen.
       
       12 Feb 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Shaun-Whites-Debut-Album-Bad-Things/!132778/
 (DIR) [2] /Trendsport-in-Sotschi/!132445/
 (DIR) [3] /!132810/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Florian Zimmer-Amrhein
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Sotschi 2014
 (DIR) Snowboard
 (DIR) Halfpipe
 (DIR) Männer
 (DIR) Shaun White
 (DIR) Pyeongchang
 (DIR) Sotschi 2014
 (DIR) Snowboard
 (DIR) Sotschi 2014
 (DIR) Snowboard
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Shaun White holt Gold in der Halfpipe: Der Missionar olympischer Coolness
       
       Die große Show der „fliegenden Tomate“: Im für Snowboarder biblischen Alter
       von 31 wird Shaun White zum dritten Mal Olympiasieger.
       
 (DIR) Sotschi 2014 – Snowboard, cross: Ich bin wieder hier
       
       2006 konnte Lindsey Jacobellis die Spiele nicht genießen. Sie verlor ihr
       Gold auf der Ehrenrunde. Jetzt will sie sich die Medaille nachträglich
       holen.
       
 (DIR) Sotschi 2014 – Snowboard-Siegerin: „Oh My Gosh“
       
       Snowboard-Rodeo im kaukasischen Schnee: Mit hohem Risiko und investierten
       Kühen holt Kaitlyn Farrington die Goldmedialle in der Halfpipe.
       
 (DIR) Sotschi 2014 – Snowboard, Halfpipe: Vom Brett auf die Bühne
       
       Snowboard-Star Shaun White will auch als Band-Gitarrist erfolgreich sein.
       Dafür macht er Mainstream-Musik und nutzt seine Prominenz.
       
 (DIR) Sotschi 2014 – Snowboard, Halfpipe: Jünger, höher, weiter
       
       Der Japaner Ayumu Hirano ist mit 15 Jahren der jüngste männliche
       Olympiateilnehmer. Er ist einer der Favoriten im Halfpipe-Wettbewerb der
       Männer.