# taz.de -- Gut überwachte Spiele: Der FSB hört immer mit
       
       > Der russische Geheimdienst bespitzelt in Sotschi mit dem Spähprogramm
       > „Sorm“ alles und jeden. Sogar unter der Dusche sind Besucher nicht
       > alleine.
       
 (IMG) Bild: Im Dienste olympischer Befriedung wird in Sotschi besonders eifrig beobachtet
       
       BERLIN taz | Die Spitzel sind unterwegs, die Kameras laufen, und das
       Internet ist angezapft. Russlands Präsident Wladimir Putin hat bei den
       Olympischen Winterspielen in Sotschi alles unter Kontrolle – offiziell zum
       Schutz vor Terroristen, aber auch um kritische Stimmen mundtot zu machen.
       Die russischen Geheimdienste stützen sich dabei auf das Spähprogramm „Sorm“
       (System for Operative Investigative Activities). In seinem Umfang steht es
       den NSA-Programmen Prism und Xkeyscore in nichts nach.
       
       Entwickelt wurde es bereits Mitte der 1980er Jahre vom damaligen
       sowjetischen Geheimdienst KGB. Sorm funktioniert auf drei miteinander
       vernetzten Ebenen. „Sorm 1“ überwacht Telefonverbindungen und Mobilfunk,
       „Sorm “ kontrolliert die Internetkommunikation, „Sorm 3“ sammelt Daten aus
       allen anderen Kommunikationsmedien.
       
       Nach Angaben der russischen Journalisten [1][Andrei Soldatow] und Irina
       Borogan arbeitet der FSB schon seit 2010 am [2][Ausbau des Sorm-Systems],
       um den zusätzlichen Datenverkehr während der Olympischen Spiele bewältigen
       zu können.
       
       Sorm gilt als effizienter als die NSA-Programme, da es nicht auf die
       Zusammenarbeit mit Telefon- und Internetanbietern angewiesen ist. Wenn ein
       Gerichtsbeschluss vorliegt, muss der Provider eine Sorm-Einheit auf eigene
       Kosten installieren. Der Geheimdienst muss dem Anbieter jedoch keine
       weiteren Angaben zur Zielperson oder zum Ausmaß der Überwachung machen und
       kann danach frei auf das System zugreifen.
       
       ## Interne Prüfung
       
       Die nötigen Gerichtsbeschlüsse werden jedoch nur intern überprüft – durch
       den FSB – und müssen niemandem gezeigt werden. Oft stellt sich die Frage,
       ob es die Beschlüsse überhaupt gibt. Da keine Kontrolle durch Dritte
       vorgesehen ist, scheint Missbrauch vorprogrammiert.
       
       Jedoch stehen die Behörden vor ähnlichen Problemen wie die in den USA.
       Wegen ihrer schieren Menge sind die Daten schwer zu analysieren. Es mangelt
       an Personal und Speicherkapazitäten. Allein zwischen 2006 und 2011 hat sich
       die Zahl der legal angezapften Telefonate und E-Mails laut dem Obersten
       russischen Gerichtshof von circa 266.000 auf über 466.000 erhöht. Die
       tatsächliche Zahl liegt vermutlich viel höher.
       
       Für die Berichterstattung aus Sotschi hat dies weitreichende Konsequenzen.
       Quellenschutz ist für Journalisten wegen Sorm nahezu unmöglich, da
       sämtliche Kontaktdaten abgegriffen und gespeichert werden. Einheimische,
       die sich auf ein Gespräch mit ausländischen Journalisten einlassen, laufen
       Gefahr, selbst ins Visier des FSB zu geraten. Dieser darf die Daten drei
       Jahre lang speichern und bearbeiten.
       
       Doch Sorm stellt nur einen Teil der Strategie Russlands dar, um während der
       Spiele möglichst alles unter Kontrolle zu haben. Neben 1.000 FSB-Agenten
       kommen auch Überwachungsdrohnen und Kameras zum Einsatz.
       
       ## Stolz auf den Rekord
       
       Bei den Olympischen Sommerspielen 2012 in Großbritannien waren die
       Organisatoren noch mit 500 Agenten ausgekommen. Schon zuvor waren in London
       10.000 Kameras dauerhaft installiert worden. Für Sotschi wird die Zahl der
       Überwachungskameras mittlerweile mit 11.000 angegeben – ein Rekord, auf den
       man in Russland besonders stolz ist.
       
       Der russische Vizeministerpräsident Dimitri Kosak leistete sich unlängst
       einen Fauxpas. Ihm rutschte bei einer Tour für Journalisten Anfang des
       Monats heraus, dass sogar noch unter der Dusche gespitzelt werde: „Wir
       haben Überwachungsvideos aus den Hotels, die zeigen, wie die Leute die
       Dusche anmachen und dann für den Rest des Tages ihr Zimmer verlassen.“
       
       Obwohl diese Äußerung später dementiert wurde, kam das in der
       Öffentlichkeit gar nicht gut an. Wenn selbst die USA, Weltmeister der
       Überwachung, Besucher und Sportler vor Bespitzelung in Sotschi warnen, kann
       man fast sicher sein, dass die Überwachungskameras wirklich bis in jede
       Unterhose schauen.
       
       18 Feb 2014
       
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