# taz.de -- Kassenärztliche Bundesvereinigung: Ärzte in der Wagenburg
       
       > Der Orthopäde Andreas Gassen ist seit Freitag neuer Chef der völlig
       > zerstrittenen 150.000 deutschen Kassenärzte. Er will die Reihen wieder
       > schließen.
       
 (IMG) Bild: Andreas GAssen: „Dissenzen müssen ausgeräumt werden“.
       
       BERLIN taz | Es war eine hastige Bewerbungsrede, sie dauerte maximal drei
       Minuten, aber ihre Botschaft war unmissverständlich: Wenn das Parlament der
       150.000 niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, Psychotherapeutinnen und
       Psychotherapeuten in Deutschland ihn zu ihrem neuen, obersten Chef wählen
       würde, dann, so versprach das Andreas Gassen am Freitag in Berlin, werde er
       alles dafür tun, „dass wir die Wagenburg schließen, dass wir nach außen
       eine einheitliche Fassade abgeben“.
       
       Gassen, 51, Orthopäde aus Düsseldorf, stellte sich als Nachfolger von
       Andreas Köhler zur Wahl, des bisherigen Chefs der Kassenärztlichen
       Bundesvereinigung (KBV) also. Köhler, einer der einflussreichsten wie
       umstrittensten Lobbyisten des deutschen Gesundheitswesens, hatte seinen
       Rückzug aus dem Amt zu Jahresanfang aus gesundheitlichen Gründen
       angekündigt – und hinterlässt als Erbe eine in sich gespaltene, aufgrund
       personeller Intrigen, finanzieller Ungereimtheiten und dubioser
       Immobiliengeschäfte zuletzt vor allem mit sich selbst beschäftigten KBV.
       
       Auf der mehrstündigen Vertreterversammlung am Freitag war die Rede von
       „Kratern“. Damit müsse Schluss sein, forderte Gassen; „Dissenzen“ müssten
       „ausgeräumt werden“, der Vorstand müsse „kollegial zusammen arbeiten“, und
       vor allem, warb er, müsse die KBV als Interessenvertretung der Ärzte „eine
       identifzierbare Größe bleiben“.
       
       Das war vielleicht gut gemeint, aber Gassen galt zum einen als
       Wunschnachfolger Köhlers. Zum anderen war er bemerkenswerterweise der
       einzige Kandidat für den Posten, dessen Jahresgehalt zuletzt immerhin weit
       über dem der Kanzlerin gelegen haben soll. Und für diese Nachfolge sollte
       sich nur ein einziger interessieren? Die 60 Delegierten quittierten ihm ihr
       Misstrauen in geheimer Wahl: 35 Ja-Stimmen, 25 Nein-Stimmen.
       
       Mit diesem mageren Ergebnis rückte Gassen zunächst als fachärztlicher
       Vertreter in den zweiköpfigen KBV-Vorstand auf; dieser besteht traditionell
       aus einem Facharzt und einem Hausarzt. Die Vertreterin der
       Hausärzte-Fraktion, Regina Feldmann, bekannt geworden als Köhlers
       Intimfeindin, konnte ohne erneute Bestätigung im Amt bleiben.
       
       ## Mit Köhler als grauer Eminenz?
       
       Bei der anschließenden Wahl Gassens zum Chef des zweiköpfigen
       Führungsgremiums zeigten die Delegierten sich gnädiger; diesmal erhielt
       Gassen 41 Ja-Stimmen. „Dieses Ergebnis zeigt, vor welcher Aufgabe wir
       stehen“, kommentierte Feldmann die Wahl später vor Journalisten. „Wir
       sollten uns nicht mehr so viel intern mit uns selbst beschäftigen.“
       
       Zwischen Köhler und Feldmann war der Streit an der Spitze der KBV zuletzt
       eskaliert. Viele Hausärztevertreter fühlen sich von der KBV unzulänglich
       vertreten; dabei geht es auch um ihre – im Vergleich zu manchen Fachärzten
       – niedrige Bezahlung. Für Schlagzeilen hatten daneben finanzielle
       Ungereimtheiten bei der KBV selbst gesorgt. Die Grünen hatten daraufhin
       kürzlich in einer Anfrage an die Bundesregierung ihre Besorgnis geäußert,
       ob die Regierung ihrer Aufsichtspflicht tatsächlich genug nachkomme.
       
       Im Anschluss an die Wahl erklärte Gassen, er sehe seine Aufgaben darin, den
       Koalitionsvertrag zu „kommentieren“, eine Honorarreform in Angriff zu
       nehmen und die Ärzte von steigender Bürokratie zu entlasten. „Die KBV wird
       sich Gehör und Respekt verschaffen“, kündigte er an.
       
       Berichte, dass er bei der Wahrnehmung seiner neuen Aufgaben von Andreas
       Köhler trotz dessen offiziellen Rückzugs unterstützt werde, wies Gassen
       empört zurück: „Eine Beratertätigkeit von Herrn Köhler gibt es meines
       Wissens nicht“, sagte Gassen, „ich weiß nicht, woher Sie diese Information
       haben“.
       
       In Gesundheitskreisen kursieren indes Berichte, wonach Köhler auch nach
       seinem Ausscheiden aus der KBV-Chefetage um die 270.000 Euro pro Jahr
       beziehen soll. Die KBV-Pressestelle wollte sich hierzu bisher nicht äußern.
       Sie hat entsprechende Gerüchte aber auch nicht dementiert.
       
       28 Feb 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Heike Haarhoff
       
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