# taz.de -- Historiker über US-russische Beziehungen: „Die USA sahen Hollywood-Klischees“
       
       > Die USA und die EU seien mitverantwortlich für der Lage in der Ukraine,
       > sagt der Historiker Fedyashin. Der Westen müsse die Sicherheitsinteressen
       > Russlands anerkennen.
       
 (IMG) Bild: Wladimir Putin und Barack Obama: gegenseitige Beschuldigungen statt Verhandlungen.
       
       taz: Herr Fedyashin, wann waren die US-russischen Beziehungen zuletzt so
       schlecht? 
       
       Anton Fedyashin: Im August 2008 wegen des Georgienkriegs. Auch damals haben
       sich beide Länder gegenseitig beschuldigt und Vorwürfe gemacht, statt zu
       verhandeln.
       
       Was sind die Unterschiede zwischen damals und heute? 
       
       Geopolitisch steht heute viel mehr auf dem Spiel. Damals ging es um ein
       kleines kaukasisches Land. Jetzt reden wir über eine europäische Nation mit
       48 Millionen Einwohnern, die eine viel längere Grenze mit Russland hat.
       Andererseits reden wir dieses Mal nicht über Krieg. Bis jetzt zumindest hat
       die Besatzung der Krim nicht zu Gewalt geführt.
       
       Lässt sich die heutige Lage mit Prag 1968 vergleichen? 
       
       Kaum. Im aktuellen Konflikt gibt es keine ideologische Polarisierung. Heute
       weigert sich der Westen, Russlands Sicherheitsinteressen anzuerkennen. 1968
       war klar, dass es eine sowjetische Einflusssphäre gab. Und die USA waren in
       Vietnam beschäftigt.
       
       Sind die USA mitverantwortlich für die Lage in der Ukraine? 
       
       Die USA haben die Komplexität der Lage nicht verstanden. Sie sahen
       Hollywood-Klischees: ein Volk, das sich gegen einen Tyrannen auflehnt.
       Darüber wurde vergessen, dass Janukowitsch im Jahr 2010 demokratische
       Wahlen gewonnen hat, und zwar gegen einen Politiker, der für Russland ein
       schwieriger Partner war.
       
       Wie meinen Sie das? 
       
       Janukowitsch hat die Westbewegung der Ukraine suspendiert – aber er hat
       auch die Zollunion mit Russland nicht unterschrieben. Er wollte
       herausfinden, was der bessere Deal ist – und sich vor seiner
       Wiederwahlkampagne 2015 nicht entscheiden.
       
       Gab es einen Moment, an dem die USA den Konflikt hätten verhindern können? 
       
       Im November hat Putin Verhandlungen gemeinsam mit der Ukraine angeboten. Er
       wollte über das Land als Brückennation diskutieren – weder in der EU noch
       in der Zollunion, aber mit beiden assoziiert. Die USA und EU haben
       abgelehnt. Die Europäer dachten, Janukowitsch würde unterzeichnen. Heute
       bewegen wir uns auf eine solche Lösung zu. Mit dem Unterschied, dass
       inzwischen Blut geflossen ist.
       
       Will Putin einen Keil zwischen die USA und die EU treiben? 
       
       Das hat er nicht nötig, diese Spaltung ist ja bereits da. Nur 2 Prozent des
       US-Außenhandels laufen mit Russland. Bei Europa sind es 11-mal so viel.
       Putin weiß von diesen grundverschiedenen ökonomischen Beziehungen.
       Sanktionen sind unvorteilhaft für Europäer.
       
       Wem misstraut Putin? 
       
       Einmal den doppelten Absichten der EU. Aber noch mehr den USA. Dass die
       kein großer Geldgeber in der Ukraine sein werden, zeigt sich bereits: Die
       USA wollen 1 Milliarde Dollar geben, die EU 11 Milliarden Euro. Die USA
       sind nicht ökonomisch an der Ukraine interessiert, sondern haben
       militärische, geopolitische Interessen. Putin vermutet, dass auf eine
       EU-Mitgliedschaft der Ukraine bald auch die Nato-Ausweitung folgt. Damit
       stünde das Bündnis an der russischen Grenze.
       
       Wie lässt sich das US-russische Verhältnis reparieren? 
       
       Am Verhandlungstisch. Wenn die Ukraine ein Parlament mit mehr Macht
       bekommt, werden die östlichen Regionen mehr Mitsprachemöglichkeiten haben.
       Dann bleibt das größte Problem die Wirtschaft. Es ist nicht möglich, sie
       ohne russische Beteiligung zu reparieren.
       
       7 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dorothea Hahn
       
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