# taz.de -- Kolumne Erwachsen: Rosen gibt's hier nicht, Schätzelein!
       
       > Hosenstall auf? Aus Versehen ein T-Shirt mit rassistischem Slogan
       > angezogen? Oder warum, verdammt noch mal, starren mich alle so an?
       
 (IMG) Bild: Gucken Sie nach rechts und vergleichen Sie selbst.
       
       Wer in einer Großstadt lebt, weiß in der Regel den Komfort von Anonymität,
       Ignoranz und mangelnder Sozialkontrolle zu schätzen. Umso unheimlicher ist
       es, wenn man plötzlich zu einem Gegenstand öffentlicher Aufmerksamkeit
       wird.
       
       Es fing mit einem harmlosen Stehrümchen an einer Bushaltestelle im
       West-Berliner Zentrum an – der Bus kam nicht, dafür aber unzählige junge
       und mittelalte Frauen, die mich im Vorbeigehen anstarrten. Nicht
       unfreundlich zwar, im Gegenteil, aber sie starrten. Hosenstall auf? Aus
       Versehen ein T-Shirt mit menschenverachtendem Slogan angezogen? Nicht
       stadtteilkompatible Kleidung? Keine Ahnung.
       
       In der U-Bahn stießen sich in letzter Zeit immer mal wieder junge Mädchen
       an, wenn ich ihnen gegenüber saß und wisperten, „Das isser. Das isser!“,
       und quietschten wie die Meerschweinchen. War ich vielleicht über Nacht zur
       Youtube-Celebrity geworden, weil mich irgendjemand bei einem Missgeschick
       im Alltag gefilmt hatte? Der Zusammenstoß mit einem Poller neulich war in
       seiner Dämlichkeit schon filmreif, okay.
       
       Doch nicht nur freundliche Blicke sollten mich im Weiteren begleiten. Junge
       Herren bedachten mich des Öfteren mit abschätzigem, teils höhnischen
       Blicken – Homophobie jetzt auch wieder gesellschafsfähig im Bereich des
       akademisierten Mittelstandes mit Nerd-Brille? Kann doch wohl nicht wahr
       sein?
       
       Die Offenbarung des Rätsels ließ auf sich warten, erfolgte aber schließlich
       an der Wursttheke der Karstadt-Lebensmittelabteilung. Es fing an wie
       gewohnt. „Guck mal“ stupste die eine Verkäuferin die andere an, „Dit
       isser“. Sie zurück: „Ja, jenau – dit isser doch.“ Nun traute ich mich doch,
       einmal nachzufragen: „Wer genau soll ich denn bitte sein, kennen wir uns?
       Ich kann mir diese Abteilung hier eigentlich nicht leisten und bin nicht
       wirklich so oft....“. Unisono kam es zurück: „Na, der Bachelor! Ditt sindse
       doch!“.
       
       Ich antwortete noch schüchtern, dass ich einen Magister-Abschluss … früher,
       alles besser … aber es gab kein Halten mehr, auch nicht im Kundinnenbereich
       vor der Wursttheke. „Kiek mal, jenau die gleichen Augen – vielleicht nicht
       ganz so stechend, wah? Na ja, dit Licht …“. Ergänzend eine Kundin: „Den
       Bart trägt er ooch länger, aber sonst? Ja, dit kommt hin“.
       
       Es stellte sich heraus, das der aktuelle Protagonist [1][der RTL-Kuppelshow
       „Der Bachelor“] ebenfalls Glatzenträger ist und anscheinend eine gewisse
       Ähnlichkeit mit mir hat. Ein Herr, der über die letzten Wochen mit diversen
       Damen in Südafrika kaserniert war, um dort kameraüberwacht seine Zukünftige
       zu erwählen. „Kennt doch jedet Kind“, beschied man mir.
       
       Nun ist der Spuk nun hoffentlich zu Ende, die letzte Folge wird am
       Mittwochabend gesendet. Den Bachelor aber kann ich nur warnen: Die meisten
       taz-Leser, behaupte ich jetzt mal, schauen keine Kuppel-Shows – und wenn er
       Pech hat, wird er mit mir verwechselt. Nicht nur, dass er dann damit klar
       kommen muss, als Homo geoutet zu sein, schlimmer noch: Ich habe in der
       letzten Kolumne [2][Rentner-Bashing betrieben] und voll auf die Mütze
       bekommen.
       
       Zieh Dich warm an, Bachelor.
       
       12 Mar 2014
       
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