# taz.de -- Die eine Frage: Wer Hase sagt, will rammeln
       
       > Schatz oder Spatz, Schnuffelhase oder Bärle, Hengst gar? Was für einen
       > Kosenamen darf man als aufgeklärter Mensch haben?
       
 (IMG) Bild: Katrin Göring-Eckardt wird KGE genannt. Klingt irgendwie nach Umerziehungslager. Jedenfalls nicht sonderlich zärtlich.
       
       Ich weiß gar nicht, wie ich drauf komme, aber ein alter Bekannter hatte die
       Eigenart, seine Lebensgefährtin oft und laut „Bärle“ zu nennen. Mich
       irritierte das. Auch wenn ich die Frau in offiziell-beruflichen
       Zusammenhängen sah, dachte ich die ganze Zeit kichernd: Ach, das Bärle.
       Deshalb war ich auch so erleichtert, als er sie auswechselte. Doch dann
       nannte er die Nächste wieder Bärle. Und die Übernächste auch.
       
       Ich finde: Eine gewisse Individualität sollte man seinen Partnern schon
       zugestehen. Wobei ich konzediere, dass in den unübersichtlichen
       Übergangsphasen eine einheitliche Namensgebung hilfreich sein kann.
       
       Die Frage, die sich uns politisch Korrekten stellt, lautet jedenfalls: Was
       für einen Kosenamen darf man als aufgeklärter Mensch haben?
       
       Grundsätzlich: jeden. Wenn es sich außerhalb des öffentlichen Diskurses
       vollzieht – und konsensuell erfolgt. Einzige Ausnahme: Wolf. Das geht
       nicht. So nannte Eva Braun ihren kurzzeitigen Ehemann. Doch wenn Kosenamen
       öffentlich gemacht werden, so kann das die Rezeption und das Ansehen
       verändern. Das sollte man bedenken.
       
       Bevor man als Partner eines katholischen Weltkirchenchefs oder fiesen
       Junta-Generals unangemeldet ins Zimmer platzt und ruft: „Schnuffelhase, du
       wolltest doch heute noch den Müll runterbringen?“
       
       ## KGE und Kretsch
       
       Einen Kosenamen kann man sich nicht heraussuchen. Man bekommt ihn
       verliehen. Es nützt nichts, sich selbst „Hengst“ zu nennen. Oder vielleicht
       „Sperminator“. Das muss schon die Partnerin machen. Wenn sie es macht,
       lässt das nicht unbedingt Rückschlüsse auf einen selbst zu, sondern vor
       allem auf ihre Bedürfnisse.
       
       Kosenamen werden nicht nur in einer Paarbeziehung benutzt, sondern auch in
       einer revolutionären Bewegung oder Partei, die ja eine Abart der Liebes-
       und Machtbeziehung ist. Fidel nannte seinen Ernesto Che (ab 1965 dann
       allerdings „Herr Dr. Guevara“). Daniel und Joseph riefen alle Dany und
       Joschka, was unkonventionell, spontihaft und sympathisch klang. (Ich sagte:
       klang.)
       
       Es ist interessant, dass Göring-Eckardt von den Grünen KGE genannt wird,
       was nach Umerziehungslager oder kommunaler Gasspeichergesellschaft riecht.
       Und sicher kein Zufall, dass Trittin gar keinen Kosenamen hatte – außer
       Trittin. „Kretsch“ dagegen steht für die knarzig-unverbogene Persönlichkeit
       des Ministerpräsidenten Kretschmann. Und „Büti“ betont wohl das
       Spielerische, ja Karnevaleske des EU-Grünenchefs.
       
       Bei einer Diplompsychologin habe ich gelesen: Wer Bär sagt, will beschützt
       werden. Wer Süße(r) sagt, will Sinnlichkeit. Wer Tiger sagt, will in Stücke
       gerissen werden. Wer Engel sagt, will aufschauen. Wer Spatz sagt, will
       einen vorlauten, aber letztlich ungefährlichen Zwerg neben sich. Zum
       Beispiel soll Doris Schröder-Köpf den langjährigen Bundeskanzler Spatzl
       nennen. Wer Hase sagt, will rammeln. Aber mehr so kuschelmäßig. Und wer
       Mama oder Papa zueinander sagt, bei dem ist alles zu spät.
       
       Knapp fünfzig Prozent der Deutschen wollen auch in dieser Sache überhaupt
       keine Experimente wagen und sagen Schatz oder Schatzi. In Zeiten von
       Abstiegsängsten und unsicherer Rente wird hier die Hoffnung auf eine
       wirklich verlässliche Wertanlage ausgedrückt. Wobei das etwas prolligere
       Schatzi im Vergleich zum soliden Schatz etwa dem Größenverhältnis der CSU
       zur CDU entspricht.
       
       16 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Peter Unfried
       
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