# taz.de -- Werkschau des Künstlers César Klein: Einer, der die Zeit aufnahm
       
       > Wer die César-Klein-Ausstellung in Eutin besucht, lernt einen einst sehr
       > umtriebigen, vom NS-Regime verdrängten und schließlich in Vergessenheit
       > Geratenen kennen.
       
 (IMG) Bild: Die letzten Tage des Impressionismus: César Klein, Ahrenshoop IV ("Badehaus am Strand") aus dem Jahr 1909.
       
       EUTIN taz | Sein „Meergeist“ hat es in sich: Ein Wesen, halb Frau, halb
       Fisch, steht auf einer kleinen, meerumtosten Insel, eingerahmt von einem
       bedrückend schwarzen Kasten. César Klein hat das Bild 1933 gemalt, um die
       Zeit zog er sich gerade aus Berlin zurück in ein kleines Dorf in
       Ostholstein.
       
       César Klein? Nie gehört? „Nicht weiter schlimm“, sagt Julia Humme, Leiterin
       des Ostholstein-Museums in Eutin. Zwar sei der „nach dem Krieg noch einmal
       sehr aktiv geworden und hat ein großes und spannendes Alterswerk
       hinterlassen, aber dann ist er nach und nach in Vergessenheit geraten.“
       Damit sich das ändert, widmet das Museum ihm eine umfassende Retrospektive
       – immerhin steht sein 60. Todestag bevor.
       
       ## Solide ausgebildet
       
       César Klein wurde im September 1876 in Hamburg geboren. Mit dem Wunsch,
       Künstler zu werden, war er bei seinen Eltern an der falschen Adresse. Der
       Sohn fügte sich, absolviert eine Lehre als Maler und Lackierer. Doch kaum
       hatte er die abgeschlossen, wechselte er erst an die Hamburger
       Kunstgewerbeschule, ging dann kurz auf die Kunstakademie in Düsseldorf und
       fand schließlich an der Unterrichtsanstalt des Berliner Kunstgewerbemuseums
       eine Heimat.
       
       Seine Verankerung im künstlerischen Handwerk ermöglichte ihm einen behenden
       Wechsel zwischen freier Kunst einerseits und soliderem
       Kunstgewerbe/-handwerk andererseits: Er arbeitete als freier Maler wie auch
       als Buchillustrator, entwarf Wandbilder für Treppenhäuser, Mosaikfußböden
       für Verwaltungsgebäude und Glasfenster für den Lichthof des damals
       angesagten Berliner Kaufhauses Wertheim.
       
       Als Bühnenbildner interessierte ihn auch der junge, noch stumme Film, der
       für seine oft traumwandlerischen Geschichten die passenden Kulissen suchte.
       Und als ob ihn das alles nicht ausgelastet hätte, war Klein stets auch
       kunstpolitisch tätig: Mit Emil Nolde und August Kirchner begründet er 1910
       die „Neue Sezession“, gehörte auch zur „Novembergruppe“, die nach der
       Revolution 1918 die Kunst in die Haushalte der Arbeiter schaffen will.
       
       Künstlerisch – und das ist in der Eutiner Ausstellung sehr schön
       nachzuvollziehen – führte ihn sein Weg von den letzten Tagen des
       Impressionismus hin zum aufbrechenden Expressionismus und dann in den
       Kubismus. Der italienische Futurismus hinterließ Spuren, die Einflüsse Max
       Ernsts und Pablo Picassos sind unverkennbar. Walter Gropius versuchte
       zweimal erfolglos, Klein nach Weimar zu holen, ans Bauhaus.
       
       ## 1933 endet die Karriere
       
       Der aber wollte lieber in Berlin bleiben, zudem war seine Ehefrau, die
       erste, schwer krank. 1931 wurde Klein zum ordentlichen Professor ernannt,
       und er gründete die Gruppe „selection“, zu der Maler wie Oskar Schlemmer
       und Paul Klee gehörten.
       
       Als Anfang 1933 die Nationalsozialisten auch die Kunst nach ihren Maßstäben
       gestalten wollen, endet seine Karriere: Klein wird sofort beurlaubt, er
       erhält Malverbot. Eine Weile noch hielten alte Kontakte, er pendelte
       zwischen Berlin und Ostholstein. Gelegentlich arbeitete er noch in Hamburg
       und auch in Wien als Bühnenbilder fürs Theater, gedeckt und unterstützt von
       Gustav Gründgens und dem Lieblings-Theaterregisseur der Nazis, Jürgen
       Fehling.
       
       Dann wurde aus der Beurlaubung die Entlassung, Kleins Arbeiten wurden bei
       der berüchtigten Wanderschau „Entartete Kunst“ von 1937 vorgeführt. Er
       verkaufte sein Berliner Haus, zog sich endgültig ins ostholsteinische
       Pansdorf bei Lübeck zurück. Das Ende des „Dritten Reiches“ empfand er
       erklärtermaßen als Befreiung.
       
       Sein Bild „Amazone“ von 1946 erzählt davon: Geradezu heiter, dabei mit zwei
       Speeren bewehrt, reitet sie auf einem tierähnlichen Wesen wie durch die
       Lüfte. In den folgenden neun Jahren griff Klein viele seiner Themen wieder
       auf: Maria mit dem Kind, die Frau im Sessel sitzend, die Frauengruppe vor
       dem Haus, dazu griechische Sagenstoffe: Immer weiter entfernt er sich vom
       Konkreten, experimentiert mit freien, zuletzt nahezu gegenstandslosen
       Kompositionen.
       
       Unaufdringlich, aber pointiert stellt die Ausstellung immer wieder Arbeiten
       aus verschiedenen Epochen gegenüber: Da wird ein Künstler sichtbar, der
       sich in seiner Motivwahl einerseits treu blieb, zugleich aber die
       Strömungen seiner Zeit aufgriff und einarbeitete. Anders gesagt, zieht in
       Eutin die Kunstgeschichte von 1900 bis 1950 sehr galant an einem vorbei.
       
       Auch ans Theater kehrte Klein nach 1945 zurück: Nicht mehr der Jüngste,
       arbeitete er als Bühnenbildner an der Hamburgischen Staatsoper und am
       Schauspielhaus an der Kirchenallee. Am 13. März 1954 starb er in Pansdorf.
       
       Sein malerisches Spätwerk – auch das zeigt die Eutiner Ausstellung – lebt
       bei aller Offenheit für das Abstrakte von den Traditionen der Weimarer
       Moderne. Umso verständlicher vielleicht, dass sein Werk in den 50er- und
       60er-Jahren kaum von den nachfolgenden Künstlergenerationen aufgegriffen
       wurde: Die orientierten sich an Amerika und dortigem Geschehen, dem
       abstrakten Expressionismus, der Minimal Art und bald der Pop-Art.
       
       ## Vergessenes Exempel
       
       Dass César Klein nach 1945 dagegen zunächst noch eine Art Leerstelle
       besetzen konnte, zeigen zwei Ausstellungsprojekte direkt nach Kriegsende:
       Er war der erste deutsche Künstler, der wieder in London gezeigt wurde. Und
       als die Hamburger Kunsthalle nach Beseitigung der Kriegsschäden wieder
       eröffnete, zeigt sie als erstes – Malerei von César Klein.
       
       ## ■ „César Klein – Leben und Kunst“, ab 9. März, Ostholstein-Museum,
       Eutin; bis 4. Mai
       
       14 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frank Keil
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Ausstellung
       
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