# taz.de -- Russland droht internationale Isolation: G-8-Gipfel in Sotschi gefährdet
       
       > London statt Sotschi? Die weltgrößten Industrienationen tagen womöglich
       > ohne Putin. Und im UN-Sicherheitsrat stimmt nicht einmal mehr China mit
       > Russland.
       
 (IMG) Bild: Witali allein in New York: Russlands Vertreter im Weltsicherheitsrat hat keine Verbündeten mehr.
       
       NEW YORK/MOSKAU ap | Die Regierung in Moskau steht im Konflikt um die seit
       zwei Wochen russisch besetzte ukrainische Halbinsel Krim international
       zunehmend isoliert da. Die westlichen Staaten bereiten unter dem Eindruck
       der Ukraine-Krise offenbar ein Treffen der führenden sieben
       Industriestaaten (G-7) anstelle des G-8-Treffens im russischen Sotschi vor,
       berichtete der Spiegel am Samstag vorab aus seiner jüngsten Ausgabe unter
       Berufung auf Berliner Regierungskreise.
       
       Deutschland habe im Einvernehmen mit den anderen G-7-Partnern die
       Vorbereitungen für den G-8-Gipfel in Sotschi ausgesetzt, erklärte eine
       Regierungssprecherin in einer Reaktion auf den Vorabbericht des Spiegel.
       „Darüber hinaus gehende Entscheidungen sind noch nicht gefallen.“ Die
       britische Regierung habe London als alternativen Treffpunkt vorgeschlagen.
       Der Vorschlag sei bei den anderen Teilnehmern - den USA, Deutschland,
       Japan, Kanada, Italien und Frankreich - auf Wohlwollen gestoßen.
       
       Falls der russische Präsident Wladimir Putin im Streit um die Halbinsel
       Krim nicht einlenke, werde Berlin auch die für April in Leipzig geplanten
       deutsch-russischen Regierungskonsultationen absagen, heißt es in dem
       Spiegel-Bericht weiter. Allenfalls ein „kleines, frostiges Format“ sei
       denkbar. Dazu erklärte die Regierungssprecherin, zu den geplanten
       deutsch-russischen Regierungskoalitionen werde sich die Bundesregierung
       „zum gegebenen Zeitpunkt“ äußern. Russland hat derzeit die
       G-8-Präsidentschaft inne.
       
       Am Sonntag entscheiden die Bewohner der Krim über einen Anschluss an
       Russland, am Samstag ließ Russland im UN-Sicherheitsrat mit seinem
       Vetorecht eine Resolution zur Krim platzen. In dem von den USA
       eingebrachten Entwurf wurde dem geplanten Referendum über die Zukunft der
       ukrainischen Halbinsel jede Rechtsgültigkeit abgesprochen. Zudem wurde die
       Verpflichtung des Sicherheitsrates „zur Souveränität, Unabhängigkeit,
       Einheit und territorialen Integrität der Ukraine in ihren international
       anerkannten Grenzen“ bekräftigt.
       
       ## 13 Ja-Stimmen, eine Enthaltung, eine Nein-Stimme
       
       China, üblicherweise ein Verbündeter Moskaus, enthielt sich bei der
       Abstimmung und verstärkte damit die Isolation Russlands im höchsten
       UN-Gremium. Die 13 übrigen Länder im Sicherheitsrat stimmten für den
       Entwurf. Dabei war ihnen klar, dass Russland sein Veto einlegen würde.
       Allerdings wollten sie mit der Abstimmung den geschlossenen Widerstand der
       Weltgemeinschaft gegen das Vorgehen Moskaus auf der Krim zeigen.
       
       „Die klare Botschaft der heutigen Abstimmung ist, dass Russland im Rat und
       in der internationalen Gemeinschaft alleine dasteht“, sagte der britische
       Botschafter bei den UN, Mark Lyall Grant, nach dem Votum. „Nur Russland
       unterstützt dieses Referendum. Nur Russland ist bereit, das Völkerrecht zu
       verletzen, die UN-Charta zu missachten und seine bilateralen Verträge zu
       zerreißen.“
       
       China spricht sich im Sicherheitsrat meist gegen ein internationales
       Eingreifen in die inneren Angelegenheiten eines anderen Landes aus, unter
       anderem weil es auch keine Einmischung in Tibet und anderen Unruheregionen
       Chinas will. Der chinesische UN-Botschafter im Sicherheitsrat, Liu Jieyi,
       bekräftige die Unterstützung seines Landes für die Souveränität und
       territoriale Integrität aller Staaten.
       
       Der russische UN-Botschafter Witali Tschurkin erklärte, die Bewohner der
       Krim hätten ein Recht auf Selbstbestimmung. Sein Land werde ihren Willen
       bei dem Referendum am Sonntag respektieren.
       
       ## Russische Truppen auch abseits der Krim
       
       Russland verstärkte am Samstag offenbar seine Truppenpräsenz auf
       ukrainischem Gebiet außerhalb der Krim. Wie das Außenministerium in Kiew
       mitteilte, besetzten russische Truppen unterstützt von Kampfhubschraubern
       den Ort Strilkowe, rund zehn Kilometer nördlich der Grenze zwischen der
       Krim und der angrenzenden Region Cherson. Die Ukraine „behält sich alle
       nötigen Maßnahmen vor, um die Militärinvasion durch Russland zu stoppen“,
       hieß es in der Erklärung des Außenministeriums.
       
       Ein Sprecher des ukrainischen Grenzschutzes sagte, dass 120 Soldaten eine
       Gasanlage in dem Ort unter ihre Kontrolle gebracht hätten. Das
       Außenministerium sprach von 80 Soldaten, die das Dorf besetzt hielten,
       erwähnte aber die Verteilerstation nicht.
       
       Im Zentrum von Simferopol, der Hauptstadt der Krim, feierten rund 1000
       Menschen mit Konzerten und anderen Veranstaltungen die Freundschaft zu
       Russland und das bevorstehende Referendum. Bei einer kleineren Kundgebung
       forderten Gegendemonstranten einen Verbleib bei der Ukraine. Auch in Moskau
       gingen Tausende Menschen auf die Straße, um teils für und teils gegen das
       russische Vorgehen auf der Krim zu demonstrieren.
       
       Auch in anderen Teilen der Ukraine war die Lage angespannt. Zwei Menschen
       wurden bei einer Schießerei in der Stadt Charkow am Freitagabend getötet
       und mehrere weitere verletzt, wie der amtierende ukrainische Innenminister
       Arsen Awakow am Samstag auf Facebook mitteilte. Auslöser war offenbar eine
       Auseinandersetzung zwischen prorussischen Demonstranten und
       Regierungsanhängern.
       
       ## Weitere diplomatische Schritte geplant
       
       Für die Tage nach dem Referendum bereitet sich der Westen bereits auf eine
       neue diplomatische Offensive vor. US-Vizepräsident Joe Biden soll ab Montag
       bei Treffen mit den Staats- und Regierungschefs Polens, Litauens, Lettlands
       und Estlands über die Lage in der Ukraine beraten.
       
       Gleichzeitig will die EU bereits am Montag über Sanktionen gegen Russland
       beraten und die Ukraine rasch enger an sich binden. Schon in den nächsten
       Tagen soll der erste Teil des Assoziierungsabkommens unterzeichnet werden,
       das der mittlerweile abgesetzte prorussische Präsident Viktor Janukowitsch
       auf Eis gelegt hatte. Diese Entscheidung war Auslöser der Proteste der
       Opposition, die letztlich zum Regierungswechsel und danach zur russischen
       Besetzung der Krim führten.
       
       15 Mar 2014
       
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