# taz.de -- Kommentar Prozess wegen Gezi-Park: Erdogan will Exempel statuieren
       
       > Ministerpräsident Erdogan setzt die Justiz gegen die Organisatoren der
       > Gezi-Park-Bewegung ein. Die Anklage ist absurd, und jeder weiß das.
       
 (IMG) Bild: Einsatz von Tränengas gegen Gezi-Park-Protestierer.
       
       Wenn es nach der Istanbuler Staatsanwaltwschaft geht, sind die wichtigsten
       Mitglieder des Taksim Solidaritätvereins Terroristen. Zweien von ihnen wird
       sogar Rädelsführerschaft in einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen.
       Eine davon ist die Vorsitzende der Istanbuler Architektenkammer, Mücella
       Yapici. Der Taksim Solidaritätsverein ist eine Bürgerinitiative in der sich
       die Anwohner des zentralen Istanbuler Platzes zusammengeschlossen hatten,
       um sich dagegen zu wehren, dass der direkt am Platz gelegene Gezi Park
       zubetoniert und in ein Einkaufszentrum verwandelt wird.
       
       Als der Park dann später besetzt und zum Zentrum einer großen landesweiten
       Protestwelle wurde, war die Taksim Initiative so etwas wie das
       Organisationskomitee für die Aktionen im Gezi Park. Da die Proteste keine
       bekannten Führungsfiguren hatten, wurden die Vertreter des Taksim Vereins
       die Repräsentanten der Bewegung. In der kurzen Phase, als die Regierung
       einen Dialog vortäuschte, wurden Vertreter der BI, die jetzt als
       Terroristen angeklagt werden sollen, nach Ankara zum Gespräch eingeladen.
       
       Die gesamte Anklage ist absurd und jeder weiss es. Sogar dem Gericht ist es
       klar, weshalb es zunächst die Annahme der Anklage der Staatsanwaltschaft
       verweigerte. Der einzige Sinn des Prozesses, der im Juni beginnen soll, ist
       es ein Exempel zu statuieren und die Menschen in der Türkei davon
       abzuschrecken, ihre Bürgerrechte warzunehmen.
       
       Allerdings besteht immer noch die Hoffnung, dass der gesamte Prozess gar
       nicht zustande kommt, oder aber ganz anders ausgeht, als Ministerpräsident
       Tayyip Erdogan sich das vorstellt. Um sich selbst oder einen seiner Söhne
       vor einer Anklage wegen Korruption zu schützen, ist Erdogan seit Wochen
       dabei, die gesamte Justiz des Landes zu demontieren. Gerichte, die bislang
       in Antiterror- Verfahren zuständig waren, wurden als Teil einer sowieso
       fraglichen Sondergerichtsbarkeit aufgelöst. Die Zuständigkeiten der
       Gerichte müssen neu geklärt werden, es herrscht ein heilloses Chaos.
       
       Dazu kommt: die noch vor einem Jahr scheinbar unangreifbare Machtposition
       von Erdogan errodiert. Es herrscht längst ein Machtvakuum, Richter und
       Staatsanwälte wissen im Moment nicht so genau, in welchen Wind sie ihr
       Fähnchen hängen sollen. Angesichts der bevorstehenden Wahlen sind viele
       Überraschungen möglich.
       
       18 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Gottschlich
       
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