# taz.de -- Britische TV-Serie „Utopia“: Überkolorierte Schattenwelten
       
       > Fünf Freaks, eine Verschwörung: „Utopia“ erzählt vom Kampf gegen eine
       > Übermacht – mit britischem Humor und grellen Bildern.
       
 (IMG) Bild: TV-Serie „Utopia“: Mag das Tageslicht in anderen Welten Trost spenden, hier erhellt es eine grelle Kulisse, hinter der Finsteres geschieht.
       
       Chili in die Augen reiben. Erstens. Sand in die Augen reiben. Zweitens.
       Bleichmittel in die Augen reiben. Drittens. Dazwischen Schreien, Flehen,
       Bitten. Dann der Löffel … Diese Szene wird bleiben von „Utopia“, derart
       spürbar ist Folter im Fernsehen selten. Das liefert kontroversen
       Gesprächsstoff im Freundeskreis, es gibt aber noch bessere Gründe, diese
       britische Serie anzuschauen.
       
       „Utopia“ erzählt eine der großen Urgeschichten, die von den Gefährten, die
       angesichts tödlicher Bedrohung ausziehen und Böses bekämpfen müssen. Von
       den Bremer Stadtmusikanten bis „Herr der Ringe“ ein erfolgreiches Konzept.
       Hier modernisiert und dem Zeitalter der digitalen Überwachung entsprechend
       wieder aufgeführt: Fünf schräge Existenzen geraten in Großbritannien an
       eine Verschwörung, die etwas mit seltsamen Krankheiten und fürchterlichen
       Experimenten zu schaffen hat.
       
       Der Feind, das „Netzwerk“, verfügt über unbegrenzte Finanzen, steuert
       Konzerne und Polizei, weiß dank Spähtechnik alles und macht das Leben
       seiner Gegner mit leichter Hand zuschanden. Wer dem Netzwerk krummkommt,
       landet mit Kinderschänderanklage im Gefängnis, gefälschte Beweise
       inklusive.
       
       Ein konventionelles Grundgerüst. Erfrischend ist an „Utopia“ alles andere.
       Die Hauptfiguren: eine todkranke Studentin mit Hang zur Hysterie, ein
       Paranoiker, der gelernt hat, sich die Daumen auszukugeln, um aus
       Handschellen zu entkommen, ein großmäuliger Elfjähriger aus den Resten der
       Arbeiterklasse und eine Frau mit riesigen Drogenaugen, die seit zartem
       Kindesalter im Verborgenen lebt und einen alten Mann auf den Kacheln eines
       öffentlichen Pissoirs erdrosselt, damit er sie nicht verraten kann. Ihnen
       folgt ein geistig zurückgebliebener Killer, der von Kleinfamilie bis
       Schulklasse alles aus dem Weg räumt, was seine Auftraggeber als Ziel
       markieren.
       
       ## Lavendelfelder und tomatenrote Sofas
       
       Die Optik setzt auf satte und kontrastreiche Farben: lila Lavendelfelder,
       durchzogen von gelben Wegen in breiter Totalaufnahme, tomatenrote Sofas an
       waldgrünen Wänden. Die Sonne bescheint ein überkoloriertes, unwirkliches
       Land. Mag das Tageslicht in anderen Welten Trost spenden, hier erhellt es
       eine grelle Kulisse, hinter der Finsteres geschieht.
       
       Garniert mit derbem bis abstrusem Humor und einem hypnotischen Soundtrack,
       präsentiert sich die Gesamtkomposition wie ein Mix aus der Thrillerserie
       „Homeland“ und der halluzinogenen Kindermär „Alice im Wunderland“. Sogar
       einen weißen Hasen gibt es.
       
       Die erste Folge fordert das Hirn, weil sie das ganze Panorama der
       Geschichte aufblättert. Leicht lässt sich noch begreifen, dass sich hier
       einige Menschen mit besonderer psychischer Grundausstattung über das
       Internet kennengelernt haben.
       
       Warum sie sich alle für einen eher mäßig gezeichneten Comic begeistern,
       bleibt dagegen etwas mysteriös. Und dass ständig neue Geschichten anfangen,
       aber keine wirklich zu Ende erzählt wird, erschwert den Einstieg ins
       Geschehen zusätzlich. Nicht mal der Sex zwischen zwei Besoffenen kommt ohne
       Vollbremsung aus; eben noch enthemmt – dann sogleich mit „Mein Penis
       funktioniert nicht“ endend. In den fünf Episoden danach werden die
       Handlungen aufgenommen und meist spannend weitererzählt. Manche Wendung
       passt gar zu gut ins Konzept. Aber dafür überrascht der Schluss.
       
       19 Mar 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Schulz
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Serien-Guide
 (DIR) Indonesien
       
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