# taz.de -- Protest gegen Kissinger-Professur: Eine emotionale Debatte
       
       > Das Verteidigungsministerium zahlt bald 250.000 Euro jährlich für einen
       > Lehrstuhl der Uni Bonn. Attac und prominente Wissenschaftler
       > protestieren.
       
 (IMG) Bild: Zu seinen Ehren: Der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger.
       
       Nächsten Monat wird der ehemalige Außenpolitiker der USA Henry Kissinger 91
       Jahre alt. In der Universität Bonn soll im Wintersemester eine Professur
       für Internationale Beziehungen und Völkerrechtsordnung nach ihm benannt
       werden. Namenhafte Wissenschaftler, Attac und der Bonner AstA protestieren.
       
       [1][In einem offenen Brief] bemängeln sie: „Eine Ehrung Kissingers durch
       eine nach ihm benannte Professur ist schlichtweg inakzeptabel.“ Den
       Protestbrief gegen die Professur unterzeichneten über 50 Wissenschaftler,
       darunter Wolfgang Merkel, Elmar Altvater und Rolf Wernstedt, sowie der
       Wissenschaftliche Beirat der globalisierungskritischen NGO.
       
       Kissingers Politik ist umstritten. Kritiker werfen ihm vor,
       Kriegsverbrechen und schwere Menschenrechtsverletzungen verantwortet oder
       unterstützt zu haben. „Das Illegale machen wir sofort, das
       Verfassungswidrige dauert etwas länger”, soll Kissinger über Recht in
       internationalen Beziehungen 1973 zur Washington Post gesagt haben.
       
       Auf der Webseite der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn klingt
       das anders. Kissingers politische Leistungen sollen die
       „verteidigungspolitische Debatte dauerhaft beflügeln“, steht auf der
       Uni-Webseite. Wechselnde Dozenten sind vorgesehen.
       
       ## 300.000 Euro für die Stelle
       
       Die Stelle ist auf fünf Jahre angelegt und wird durch die Haushalte des
       Auswärtigen Amts, mit 50.000 pro Jahr, und des Verteidigungsministeriums
       mit bis zu 250.000 Euro jährlich finanziert. Geld für einen Lehrstuhl durch
       das Verteidigungsministerum – das ist einmalig. Bisher unterstützte die
       Behörde nur konkrete Forschungsprojekte und die zwei deutschen
       Bundeswehruniversitäten.
       
       Neben Attac startete auch die Initiative zivile Uni Bonn, hervorgegangen
       aus diversen Hochschulgruppen, [2][eine Onlinepetition], mit bisher rund
       Tausend Unterstützern. Diese kritisieren vor allem die Finanzierung der
       Professur. „Es geht nicht um die Forschung“, sagt Lukas Mengelkamp von der
       Initiative zivile Uni Bonn, „es soll ein Sicherheitspolitischer Think Tank
       aufgebaut werden“.
       
       In [3][der Antwort auf eine Kleine Anfrage] der Grünen aus dem vergangenen
       September steht, durch die Professur solle die „Verbreitung des außen- und
       sicherheitspolitischen Bewusstseins sowie zur Vertiefung des
       transatlantischen Verhältnisses“ gestärkt werden. Die Initiative fürchtet
       deshalb eine inhaltliche Beeinflussung durch das Ministerium und fordert
       nicht nur den Namen, sondern die ganze Funktion der Professur
       zurückzuziehen.
       
       „Das Einzige, was ein Stifter einer Professur entscheiden kann“, sagt
       Pressesprecher der Uni Bonn Andreas Archut, „ist der Name. Und den sollte
       man dann auch zugestehen“. Sonst habe der Stifter, also in diesem Fall das
       Verteidigungsministerium, keinen Einfluss, weder auf die Bewerberauswahl
       noch auf den Inhalt der Lehre.
       
       Zur Kritik am Kissinger sagt Archut, der Außenminister sei eine
       Persönlichkeit, die stark polarisiere, also gebe es sowohl Befürworter als
       auch Gegner. Die Auswahl des Bewerbers stehe kurz vor dem Abschluss, sagt
       Archut, und werde in wenigen Tagen verkündet. Er hoffe, dass dann die
       emotionale Debatte um die Professur abklinge.
       
       1 Apr 2014
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.attac-netzwerk.de/das-netzwerk/wissenschaftlicher-beirat/kissinger-professur/
 (DIR) [2] http://zivile-uni-bonn.de/presseschau-und-dokumente/dokumente/
 (DIR) [3] http://dipbt.bundestag.de/extrakt/ba/WP17/552/55248.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Svenja Bednarczyk
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Henry Kissinger
 (DIR) Verteidigungsministerium
 (DIR) Auswärtiges Amt
 (DIR) Attac
 (DIR) Henry Kissinger
 (DIR) USA
 (DIR) Sicherheitskonferenz
 (DIR) Verteidigungsministerium
 (DIR) USA
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kandidat der Kissinger-Professur: Die Kritik bleibt
       
       Der frühere US-Botschafter James D. Bindenagel übernimmt die umstrittene
       Kissinger-Professur in Bonn. Attac und Studenten protestieren weiter.
       
 (DIR) Schüler schafft es an alle US-Elite-Unis: Harvard, Yale, Brown ...
       
       An einer Elite-Universität in den USA angenommen zu werden, ist für viele
       ein Traum. Ein 17-Jähriger hat es jetzt gleich bei allen acht
       Ivy-League-Unis geschafft.
       
 (DIR) Münchner Sicherheitskonferenz: Plattitüden, Panzer und Polemik
       
       Mit einer Rede über die Schönheit der Freiheit für alle eröffnet
       Bundespräsident Gauck die Münchner Sicherheitskonferenz.
       
 (DIR) Proteste gegen Kissinger-Lehrstuhl: Als Vorbild ungeeignet
       
       Das Verteidigungsministerium möchte den ehemaligen US-Außenminister Henry
       Kissinger mit einem Lehrstuhl ehren. Eine Bonner Initiative ist dagegen.
       
 (DIR) 50 Jahre nach dem JFK-Attentat: Ein Mord und seine Folgen
       
       Vor 50 Jahren wurde der amerikanische Präsident John F. Kennedy erschossen.
       Wie hat seine Ermordung die USA verändert? Ein Blick zurück.