# taz.de -- Twitterplattform „ZunZuneo“: USA griffen kubanische Regierung an
       
       > Mit Hilfe des Textnachrichten-Projekts „ZunZuneo“ wollten die USA Kubaner
       > zum Widerstand gegen ihre kommunistische Regierung ermutigen.
       
 (IMG) Bild: Benannt nach dem Gezwitscher eines kubanischen Kolibris: Das Projekt „ZunZuneo“.
       
       WASHINGTON ap | Das Projekt dauerte mehr als zwei Jahre und hatte
       Zehntausende Teilnehmer. „ZunZuneo“ war ein Versuch der USA, die Macht der
       kommunistischen Regierung in Kuba zu untergraben. Mithilfe eines
       Kommunikationsnetzes sollte zunächst ein kubanisches Publikum aus
       mehrheitlich jungen Leuten aufgebaut werden, anschließend sollten diese zum
       Widerstand gegen den Staat ermutigt werden, wie die Nachrichtenagentur AP
       erfuhr. Ob das Weiße Haus etwas von dem Unterfangen wusste, das über
       geheime Tarnfirmen und ausländische Banken gesteuert wurde, ist unklar.
       
       Das vor ein paar Jahren gestartete Textnachrichten-Projekt war ein Versuch,
       die Kontrolle der kubanischen Behörden über das Internet mit einer
       einfachen sozialen Medienplattform zu umgehen. Seine Nutzer waren sich
       allerdings weder bewusst, dass es von einer US-Behörde mit Verbindungen zum
       State Department kreiert worden war, noch dass amerikanische Unternehmen
       persönliche Informationen über sie sammelten, die vielleicht eines Tages
       für politische Ziele nützlich sein könnten.
       
       Unklar ist, ob das Vorhaben nach US-Gesetz legal war. Danach braucht eine
       verdeckte Operation wie „ZunZuneo“ die schriftliche Autorisierung durch den
       Präsidenten, zudem muss der Kongress informiert werden. Die Vertreter der
       US-Behörde für Entwicklungszusammenarbeit USAID, die das Projekt in die
       Wege geleitet hatte, wollten nicht sagen, wer das Programm genehmigt hatte
       und ob das Weiße Haus Bescheid wusste. Die kubanische Regierung wollte sich
       ebenfalls nicht dazu äußern.
       
       Die Enthüllungen der AP scheinen Äußerungen von USAID infrage zu stellen,
       wonach die Behörde keine verdeckten Operationen durchführe. Zudem könnten
       sie ihre Mission gefährden, die Armen und Gefährdeten der Welt mit Hilfe zu
       versorgen. Denn dafür ist USAID auf das Vertrauen und die Zusammenarbeit
       von ausländischen Regierungen angewiesen.
       
       ## Tarnfirmen in Spanien
       
       USAID und die von ihr beauftragten Firmen unternahmen große Anstrengungen,
       um die Verbindungen Washingtons zu dem Projekt geheim zu halten, wie aus
       Interviews und Dokumenten hervorgeht, die der AP vorlagen. So richteten sie
       Tarnfirmen in Spanien und auf den Cayman Islands ein, um den Weg des Geldes
       zu verbergen. Zudem wurden Firmenchefs rekrutiert, ohne sie darüber zu
       informieren, dass sie an einem durch amerikanische Steuergelder
       finanzierten Projekt arbeiten würden.
       
       „Es wird absolut keine Erwähnung der Beteiligung der Regierung der
       Vereinigten Staaten geben“, heißt es in einer Notiz der Firma Mobile Accord
       Inc., die zu den Urhebern des Projekts zählte. „Dies ist absolut wichtig
       für den langfristigen Erfolg des Diensts und um den Erfolg der Mission zu
       gewährleisten“, hieß es in der Mitteilung aus dem Jahr 2010.
       
       Das Projekt „ZunZuneo“, benannt nach einer Bezeichnung für das Gezwitscher
       eines kubanischen Kolibris, ging kurz nach der Festnahme des amerikanischen
       Auftragnehmers Alan Gross auf Kuba 2009 öffentlich an den Start. Gross
       wurde inhaftiert, nachdem er mehrmals auf einer geheimen USAID-Mission in
       den Karibikstaat gereist war, um dort den Internetzugang auszubauen.
       
       Der demokratische US-Senator Patrick Leahy nannte die Enthüllungen über das
       Projekt beunruhigend. „Da ist die Gefahr für junge, ahnungslose kubanische
       Handynutzer, die keine Ahnung hatten, dass dies eine von der US-Regierung
       finanzierte Aktion war“, sagte er. Er verwies auch auf die Geheimhaltung
       des Programms, was dem für die Aufsicht zuständigen Unterkomitee des
       Senats-Bewilligungsausschusses nicht mitgeteilt worden sei.
       
       ## Halbe Million kubanische Handynummern
       
       Die Entwicklung von „ZunZuneo“ begann 2009, nachdem die Firma Creative
       Associates International mit Sitz in Washington an eine halbe Million
       kubanische Handynummern gelangt war. Wie sie daran kam, ist unklar,
       allerdings deuten Dokumente darauf hin, dass dies auf illegale Weise von
       einer Quelle innerhalb des staatlichen Mobilfunkanbieters in Kuba geschehen
       war. Mit den Nummern bauten die Organisatoren des Projekts eine Nutzerbasis
       auf.
       
       Den Verantwortlichen war es wichtig, dass das soziale Netzwerk langsam
       wächst, um zu verhindern, dass die kubanische Regierung dahinter kommt. Wie
       Dokumente und Interviews zeigen, hofften sie, dass mit „ZunZuneo“ so viele
       Menschen zu erreichen, dass Dissidenten Massenversammlungen organisieren
       könnten oder „das Gleichgewicht der Kräfte zwischen Staat und Gesellschaft
       neu verhandeln“ könnten. Die Projektleiter wollten einen Übergangsprozess
       in Richtung eines demokratischen Wandels wieder in Gang setzen.
       
       Die „ZunZuneo“-Organisatoren gaben sich Mühe, ein Netzwerk zu schaffen, das
       den Anschein eines seriösen Unternehmens hatte. Dazu gehörte die Schaffung
       einer begleitenden Webseite und einer Marketingkampagne. Nutzer sollten
       ihre Textnachrichten an Gruppen ihrer Wahl schicken können.
       
       Hinter den Kulissen analysierten und speicherten Projektcomputer die
       Textnachrichten und andere demografische Informationen über die Nutzer –
       neben Alter und Geschlecht auch „politische Tendenzen“. Die Behörde USAID
       glaubte, dass die Details ihr dabei helfen könnten, „unsere Möglichkeiten
       zu maximieren, um unsere Reichweite auszudehnen“.
       
       ## Verbindungen nach Washington
       
       Der kubanische „ZunZuneo“-Nutzer Ernesto Guerra hatte zu keiner Zeit
       vermutet, dass das von ihm geliebte Netzwerk Verbindungen nach Washington
       hatte. „Wie sollte ich das merken? Es ist nicht so, als ob es ein Schild
       gab, auf dem stand 'Willkommen bei ZunZuneo, präsentiert von USAID'“, sagte
       er.
       
       „ZunZuneo“ wuchs über mehr als zwei Jahre und hatte mindestens 40.000
       Nutzer. Schätzungen zufolge wurden dafür 1,6 Millionen Dollar (rund 1,2
       Millionen Euro) ausgegeben. Öffentlich wurde vorgegeben, die Gelder seien
       für ein nicht näher genanntes Projekt in Pakistan bestimmt. Wie Dokumente
       zeigen, fand das „ZunZuneo“-Team Beweise dafür, dass kubanische Behörden
       versuchten, die Textnachrichten zu verfolgen und in das „ZunZuneo“-System
       einzubrechen. Wie USAID der AP sagte, wurde der Betrieb des Netzwerks im
       September 2012 eingestellt – als ein Regierungszuschuss ausgelaufen sei.
       
       Als „ZunZuneo“ verschwunden sei, sei dies „wie ein Vakuum“ gewesen, sagte
       Guerra. „Letztendlich haben wir nie erfahren, was passiert ist. Wie haben
       nie erfahren, wo es her kam.“
       
       3 Apr 2014
       
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