# taz.de -- Nachruf auf Urs Widmer: Das große Glück des Schreibens
       
       > Als junger Mann floh er die Schweiz, dann kehrt er zurück und schrieb in
       > Zürich seine schönsten Romane. Der Schweizer Schriftsteller Urs Widmer
       > ist tot.
       
 (IMG) Bild: Schriftsteller, Übersetzer, Essayist: Urs Widmer (1938-2014).
       
       Kurz nach seiner Promotion wurde es dem 1938 in Basel geborenen Urs Widmer
       in der Schweiz zu eng. Es zog ihn rheinabwärts nach Frankfurt, wo er von
       1967 an lebte. Nach kurzer Zeit als Lektor im Suhrkamp-Verlag arbeitete er
       hier als Schriftsteller, Übersetzer und Essayist. Nach dem gescheiterten
       Aufstand der Lektoren gegen den Suhrkamp-Patriarchen Siegfried Unseld
       verließ Widmer den Verlag und gründete mit anderen ausgeschiedenen Lektoren
       1969 den „Verlag der Autoren“, wo seither auch 14 seiner Theaterstücke
       erschienen sind.
       
       Die Schweiz besuchte er nur noch in den Ferien und natürlich zur Basler
       Fasnacht, die ihn faszinierte. Er erlebte Frankfurt, wie er später einmal
       sagte, als „Lebensborn“. Umso überraschender kam für viele seiner deutschen
       und schweizerischen Freunde, die ihn schon als Frankfurter „eingemeindet“
       hatten, sein Entschluss, 1984 nach Zürich zu ziehen. Über seine Motive hat
       er öffentlich fast nichts gesagt.
       
       Im Nachhinein kann man erkennen, dass der Ortswechsel eine Voraussetzung
       war, um seine schönsten Bücher zu schreiben – seine Hommage an Mutter und
       Vater „Der Geliebte meiner Mutter“ (2000) und „Das Buch des Vaters“ (2004)
       sowie seine Autobiografie „Reise an den Rand des Universums“ (2013).
       
       ## Ein Kritiker der Selbstgerechtigkeit
       
       2007 kam Urs Widmer im Rahmen der Stiftungsgastdozentur Poetik nach
       Frankfurt zurück. An fünf Abenden reflektierte er im prall gefüllten,
       legendären Hörsaal VI über das Schreiben, das er als „das größte Glück, das
       einem passieren kann“, bezeichnete. Widmer war einer der vielseitigsten
       Schriftsteller deutscher Sprache. Neben rund 30 Prosawerken (Romanen,
       Erzählungen, Märchen, Fabeln) schrieb er Theaterstücke, Hörspiele,
       Literaturkritiken, Essays und Sachbücher und übersetzte aus dem Englischen
       und Französischen u. a. Raymond Chandler, Joseph Conrad, Eugène Labiche und
       Daniel Guérin.
       
       Widmer wurde in der Schweiz kein naiver „Bergler-Geist“, sondern blieb ein
       scharfer Kritiker ihrer Selbstgerechtigkeit. Am 2. April ist Widmer im
       Alter von 75 Jahren in Zürich gestorben.
       
       3 Apr 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rudolf Walther
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Literatur
 (DIR) Schweiß
       
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