# taz.de -- Schikanen gegen Fußballfans: Bahnbrechende Entwicklung
       
       > Die Bundespolizei untersagt Fans des 1. FC Köln eine Zugfahrt nach
       > Berlin. Das Aufenthaltsverbot steht jedoch auf rechtlich fragwürdiger
       > Basis.
       
 (IMG) Bild: Bahn für Fans – ohne Fans
       
       BERLIN taz | Hunderte Anhänger des 1. FC Köln werden am Freitag ihrem
       Profiteam nach Berlin folgen. Der Spitzenreiter der Zweiten
       Fußball-Bundesliga gastiert bei Union. Anlässlich des Spiels haben die
       Ultras der „Wilden Horde“ einen Sonderzug organisiert. Früher kümmerte sich
       das Kölner Fanprojekt um deren Organisation. Seit ein paar Jahren haben die
       Ultras diese Aufgabe übernommen – eine Routineangelegenheit eigentlich.
       
       Dieses Mal allerdings findet die Reise unter besonderen Vorzeichen statt.
       In einer Pressemitteilung hat der „Kölsche Klüngel“, die selbstorganisierte
       Fanhilfe des 1. FC Köln, mitgeteilt, dass die Bundespolizeiinspektion Köln
       an etliche Personen Briefe verschickt hat. Die Adressaten haben ein
       „Betretungsverbot für den Zug, den Kölner Hauptbahnhof, den anvisierten
       Berliner Bahnhof und sämtlichen Bahnhöfen dazwischen“ erhalten. Nachfragen
       in der Kölner Fanszene haben ergeben, dass momentan 18 Personen davon
       betroffen sind. Es ist unklar, wie viele es insgesamt sind. Deswegen hat
       die Fanhilfe alle Betroffenen aufgefordert sich zu melden.
       
       Betretungs- bzw. Aufenthaltsverbote sind rechtliche Instrumentarien, die
       ursprünglich zur Bekämpfung von Drogenkriminalität oder für politische
       Vorgänge im Rahmen des Gefahrenabwehrrechts angewandt worden. In der
       Fußballszene haben sie seit einigen Jahren vermehrt Einzug gehalten. Ein
       Aufenthaltsverbot für alle Bahnhöfe, die Gleisanlagen sowie den
       entsprechenden Zug „ist dennoch ein ziemlicher Exot“, wie Rechtsanwalt
       Tobias Westkamp sagt. Der Jurist ist Mitglied der AG Fananwälte und
       vertritt die Kölner Fanszene in rechtlichen Angelegenheiten.
       
       Normalerweise wird von den Ultras vom Kartenverkauf, über die Gastronomie
       bis hin zur Ordnung im Zug alles in Eigenregie organisiert.
       Bereitschaftspolizei oder anderes Ordnungspersonal fährt im Zug nicht mit.
       Als vor ein paar Jahren der erste von der Wilden Horde organisierte
       Sonderzug in den Hamburger Hauptbahnhof einfuhr, wurden aus dem Zug heraus
       bengalische Fackeln gezündet. Dieser Vorfall sorgte für erhebliche
       Verstimmung bei der Bundespolizei.
       
       Die beiden Parteien kamen jedoch zu einer Übereinkunft. Die
       Bundespolizeidirektion Köln sprach den Organisatoren ihr Vertrauen aus.
       Seitdem kam es auf den Fahrten zu keinen bedenklichen Vorfällen mehr. Dafür
       fährt auch weiterhin keine Polizei mit. Dieselbe Institution hat jetzt aber
       die Anhörungsschreiben verschickt.
       
       Auf Nachfrage hat die Bundespolizeiinspektion in Köln den Vorgang bestätigt
       und erklärt, die betroffenen Fans seien alle mehrfach durch schwere
       Körperverletzungsdelikte gegen Polizeibeamte aufgefallen. Daher habe man
       sie im Rahmen der Gefahrenabwehr mit den Aufenthaltsverboten belegt und
       werde ihnen am Freitag zwischen Köln und Berlin komplett das Zugfahren
       verbieten. Die Schreiben dafür seien bereits am Montag postalisch
       verschickt wurden.
       
       ## Es geht um die Ausmaße
       
       Rechtsanwalt Westkamp stellt fest, „dass das Mittel der Aufenthaltsverbote
       grundsätzlich nicht gegen geltende Rechtsnormen verstößt, da es hierfür
       eine Ermächtigungsgrundlage gibt.“ Seine Kritik bezieht sich jedoch auf
       zwei andere Ebenen. Einerseits kritisiert er die Verteilung als relativ
       unverhältnismäßig. Im Normalfall wird betroffenen Personen von der
       jeweiligen Landespolizei ein Aufenthaltsverbot für das Gebiet um ein
       Stadion ausgesprochen. Dies würde nicht die Ausmaße annehmen, die nun mit
       dem kompletten Zugverkehr auf dem Weg zwischen Köln und Berlin im Raum
       stehen.
       
       Andererseits erklärt Westkamp, die spezifische Begründung, das Verbot diene
       der Gefahrenabwehr, sei nicht haltbar. Deren Prognose stützt sich vor allem
       auf Vorfälle, die sich im letzten Jahr in einem Regelzug auf der Rückkehr
       des Kölner Anhangs vom Spiel in Karlsruhe ereigneten. Damals ist es zu
       Auseinandersetzungen zwischen Fans und Polizisten gekommen. Die Hergänge
       unterscheiden sich je nach Sichtweise zwischen Polizei und Fans und sind
       mittlerweile Gegenstand staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen.
       
       In der Kölner Fanszene vermutet man indessen, dass die Geschichte
       Hintergründe hat, die in den aktuellen politischen Debatten zu suchen sind.
       Nordrhein-Westfalens SPD-Innenminister versucht seit einigen Monaten sich
       bundesweit im Bereich der Innenpolitik zu profilieren. Neben Rockerclubs
       und Rechtsextremisten, hat „Hardliner“ Jäger deswegen auch Fußballgewalt zu
       einem seiner Hauptthemen erkoren. Genau wie die restriktive
       Verkaufsregelung für Gästekarten an die Fans von Hannover 96 kürzlich zum
       Derby gegen Eintracht Braunschweig scheinen die ausstehenden
       Aufenthaltsverbote ein Testballon zu sein. Man probiert aus, wie weit man
       gehen kann.
       
       8 Apr 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gerald Mander
       
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