# taz.de -- Streetart bei den HEW-Lesetagen: Der Markenzeichen-Mann
       
       > Ein neuer Band fragt nach dem Menschen hinter dem Zeichen „OZ“. Der
       > Künstler selbst aber kommt auch hier nur in kommentierten Auszügen zu
       > Wort.
       
 (IMG) Bild: Vom Heimkind zum verkannten Street-Artisten: Die Kunstszene ziert sich, Walter F. alias OZ als Künstler anzuerkennen.
       
       HAMBURG taz | Wer einmal ein OZ-Graffito einigermaßen bewusst gesehen hat,
       wird es nicht mehr vergessen: Ob auf Stromkästen, an Hausfassaden, in
       Tunnelunterführungen, an Dachfirsten oder an Schornsteinen – der schlichte
       Schriftzug „OZ“ oder der perfekt geschwungene Wirbel aus nur einem Strich
       haben einen Wiedererkennungswert, nach dem sich wohl manche Werbeagentur
       zwischen Karolinenviertel und Hafencity die Finger leckt.
       
       „Streetart zwischen Revolte, Repression und Kommerz“ (Assoziation A, 156
       S., 18 Euro) lautet der Titel eines aktuellen Aufsatzbandes, der, anders
       als ein wohlfeiler Bildband, nicht OZ mit aller Macht als Bildermacher
       feiert, sondern versucht, ihn und sein Handeln zu erklären:
       
       Wer dieser OZ ist, was ihn antreibt und wie sich seine Person und mehr noch
       sein Agieren einordnen lassen, darauf suchen neun AutorInnen Antworten: von
       der Kunstgeschichtlerin über den Anwalt, den Graffiti-Experten bis hin zum
       Verleger Theo Bruns, der auch für den Bildteil verantwortlich ist.
       
       Beim Lesen allerdings stellt sich von Beginn an ein gewisses Unbehagen ein:
       Hier sprechen in der Regel akademisch gut ausgebildete Kunstexperten, die
       ihren Künstler – bei aller grundlegenden Sympathie mit ihm – dann doch nur
       in meist auch noch kommentierten Auszügen zu Wort kommen lassen.
       
       Und was ist zu erfahren? OZ alias Walter F., 64 Jahre alt und damit
       Jahrgang 1950, war Heimkind, ist in einem katholischen Kinderheim im
       Süddeutschen drangsaliert worden. Jeder, der in den letzten Jahren die
       Berichterstattung zu den ehemaligen Heimkindern auch nur halbwegs verfolgt
       hat, weiß, was das für das seelische Wohlergehen eines Menschen lebenslang
       bedeutet.
       
       Später wird Walter F. durch Europa, durch die Welt trampen; immer wieder
       gerät er mit Behörden und der Polizei aneinander: „OZ lässt sich weder
       resozialisieren noch psychiatrisieren oder abschrecken“, schreibt sein
       Anwalt Andreas Beuth in seinem Beitrag und skizziert damit zumindest
       indirekt das Feld, um das es zu gehen scheint. Acht Jahre musste OZ nach
       diversen Prozessen, meist wegen Sachbeschädigung, in Haft verbringen.
       
       Die Behauptung darf gewagt werden: Wenn er nicht eine, wenn auch kleine, so
       doch unermüdliche Unterstützergruppe gehabt hätte, es hätte für ihn auch in
       der Sicherheitsverwahrung enden können; nicht nur, aber auch in den heute
       so gern verdrängten Zeiten des Ronald Schill.
       
       120.000 Graffiti soll OZ in den vergangenen drei Jahrzehnten in der Stadt
       hinterlassen haben. Und auch wenn die Autoren schon aus prozesstaktischen
       Gründen betonen, dass jeder die auf den ersten Blick einfachen Smileys und
       Kreise reproduzieren kann: Die Summe der OZ-Originale dürfte gewaltig sein.
       
       Und das ist es ja auch, was allein eine gewisse Faszination ausmacht: dass
       da einer unermüdlich, vielleicht sogar manisch, in jedem Fall konsequent
       sich dem Diktat des auch in der Subkultur geforderten immer Neuen und
       Anderen so radikal widersetzt: Er macht einfach sein Ding.
       
       In den letzten Jahren nun ist eine gewisse Entspannung eingetreten: OZ malt
       jetzt auch auf Leinwand, seine Bilder hängen entsprechend in der ihm
       zugewandten OZM Art Space Gallery und auch der Bildteil des Buches erlaubt
       da interessante Einblicke.
       
       Doch was nach wie vor fehlt, ist die offiziöse Anerkennung von OZ durch die
       Kunstszene – sei es durch die bürgerliche der Kunsteinkäufer, sei es auch
       nur durch die studentisch-subkulturelle der hiesigen HfbK, der
       Frappant-Gemeinschaft oder anderer Gruppen. Anfragen etwa bei Jonathan
       Meese oder Daniel Richter, von denen man ja tatsächlich je ein
       hemdsärmeliges Statement für OZ erwarten könnte, liefen ins Leere.
       
       Offenbar möchte man mit einem, der den akademischen Kunstwerdegang aus
       naheliegenden Gründen nicht gehen konnte, nicht in einen Kontext gestellt
       werden. Exemplarisch drückt das Christian Hahn, Professor für Malerei an
       der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Hamburg, in einem kurzen
       Statement aus:
       
       „Wenn OZ bislang im wissenschaftlichen Bereich kein Thema war, weil er
       ästhetisch und inhaltlich zu wenig bietet, (...) kann ich mir allerdings
       vorstellen, über ihn als gesellschaftliches Phänomen zu diskutieren. Also
       gerade mit diesen ganzen biografischen Zusatzinformationen, die ich jetzt
       erfahren habe“ – „über ihn“, wohlgemerkt.
       
       Und so sind die stärksten Passagen des vorliegenden Buches jene, wo die
       Wesens- und Wahlverwandten von OZ zu Wort kommen, unverblümt und direkt.
       „Überhaupt OZ auszustellen ist Schwachsinn, denn er ist ja bereits überall
       ausgestellt“, entfährt es im Gespräch etwa plötzlich seinem Galeristen. Der
       übrigens einen passenden Namen trägt: Alex Heimkind.
       
       ## ■ Buchvorstellung im Rahmen der HEW*-Lesetage: Di, 15. 4., 20 Uhr,
       Fabrik im Gängeviertel
       
       11 Apr 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frank Keil
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Graffiti
 (DIR) Hamburg
       
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