# taz.de -- Abstiegskampf in der Bundesliga: Depression beim HSV
       
       > Nachdem der Hamburger SV gegen den VfL Wolfsburg mit 1:3 verloren hat,
       > scheint der rettende 15. Platz in der Fußball-Bundesliga kaum mehr
       > erreichbar.
       
 (IMG) Bild: Wenig Hoffnung auf ein gutes Ende: Fans nach der Niederlage gegen Wolfsburg
       
       HAMBURG taz |
       
       "Mit den Toren von gestern holen wir heute keine Punkte", steht auf dem
       Faltblatt mit den Aufstellungen für das Heimspiel des Hamburger SV gegen
       den VfL Wolfsburg. Wohin die Werbeagentur mit dem Zitat weisen wollte, hat
       sie sicherheitshalber druntergeschrieben: "nach vorn". Aber gegenwärtig,
       mit dem Konterfei des HSV-Verteidigers Dennis Diekmeier - gerunzelte Stirn,
       tiefe Augenhöhlen, leicht vorgeschobene Unterlippe - wirkt es schon fast
       depressiv.
       
       Beim HSV schwindet die Hoffnung auf den Klassenerhalt. Nicht nur, dass das
       Spiel gegen Wolfsburg mit 1:3 verloren ist und nun nur noch der FC Bayern
       in den Volkspark kommt. Dass die Hamburger auswärts den letzten Punkt im
       September geholt haben, im Hinspiel in Wolfsburg. Nicht nur, dass die
       Konkurrenten aus Hannover, Bremen, Freiburg und Stuttgart sich am
       Osterwochenende mit Siegen absetzten. Vor allem die Art, wie die Niederlage
       gegen Wolfsburg zustande kam, lässt wenig Raum für positive Gedanken.
       
       Ein Klassenunterschied 
       
       Mit der Präzision eines Uhrwerks nahmen die Wolfsburger den HSV an den
       neuralgischen Zeitpunkten eines Fußballspiels auseinander, erzielten nach
       zwei Minuten das 1:0, kurz vor der Pause das 2:0 und kurz nach der Pause
       das 3:0. Erst danach begann der HSV, nach vorn zu spielen. Aber selbst dann
       gingen die Wolfsburger noch konsequenter in die Zweikämpfe und liefen mehr.
       Am Ende waren es der Pfosten, die Latte und ein starker Torwart René Adler,
       die verhinderten, dass es auch ergebnismäßig ein Debakel für den HSV wurde.
       Optisch aber zeigte sich bereits, was in Hamburg noch als Horrorvision
       gilt: ein Klassenunterschied.
       
       Die Mannschaft des HSV zeigt nun schon unter dem dritten Trainer innerhalb
       einer Saison dasselbe Muster: Nach ein paar ordentlichen Spielen lässt sie
       rapide nach. Vielleicht wird man bei Thorsten Fink und Bert van Marwijk
       Abbitte tun müssen. Vielleicht sind sie - genau wie der aktuelle Coach
       Mirko Slomka - begnadete Motivatoren, die es schaffen, für ein paar Spiele
       eine eigentlich nicht bundesligataugliche Mannschaft so stark zu reden,
       dass sie über sich hinaus wächst. Nur muss dieser Schwindel irgendwann
       auffliegen.
       
       Schwer ist es für HSV-Anhänger, mitanzusehen, dass ein Spieler wie Kevin de
       Bruyne mit einer Vorlage und einem Tor die Niederlage ihrer Mannschaft
       besiegelt, den der VfL Wolfsburg mal eben in der Winterpause für bis zu 27
       Millionen Euro unter Vertrag nahm. Solche Erlebnisse sind es, die es fast
       unausweichlich erscheinen lassen, dass sich der HSV künftig für Investoren
       öffnet, um wieder konkurrenzfähig zu werden.
       
       Kampf um die Zukunft 
       
       Denn neben den Kampf um den Klassenerhalt tobt ja ein weiterer Kampf, um
       die Zukunft des Vereins: Im Mai sollen die Mitglieder entscheiden, ob sie
       der Ausgliederung der Profiabteilung zustimmen - Voraussetzung für den
       Einstieg von externen Geldgebern. Der Logistikunternehmer Klaus-Michael
       Kühne hat schon eine kräftige Finanzspritze angekündigt - aber nur wenn die
       Mitglieder ihrer Selbstentmachtung zustimmen und wenn eine Vereinsführung
       nach Kühnes Gusto bestellt wird. Sogar in der Zweiten Liga wolle er
       einsteigen, ließ Kühne kürzlich aus gegebenem Anlass ausrichten.
       
       Dabei ist es eben jener Glaube, man könne alle Probleme mit Geld lösen, der
       den HSV dahin gebracht hat, wo er ist: Gleichzeitig an den Rand des
       Abstiegs und der Pleite. Nicht mal zwei Jahre ist es her, da führte die
       schiere Angst vor dem Abstieg zu einem Torschlusspanik-Kaufrausch und einem
       negativen Transfersaldo von gut 20 Millionen Euro. Solche Summen wird auch
       kein Investor zu decken bereit sein.
       
       Die Kehrseite der Medaille: Im Nordduell stand kein einziger Spieler aus
       der HSV-Jugend in der Startelf, bei der wegen ihres Transfergebarens viel
       gescholtenen VW-Werksmannschaft dagegen mit Robin Knoche und Maximilian
       Arnold gleich zwei. Sie könnten nächstes Jahr sogar in der Champions League
       spielen.
       
       Die Hamburger müssen nun schon auf den gefährlichen 16. Platz und die
       Relegation spekulieren, wo der HSV in seiner gegenwärtigen Verfassung
       sicher kein Favorit wäre. Was droht, wenn es zum Abstieg kommt, darauf
       gaben rund 70 Fans einen Vorgeschmack, die vermummt vor dem Stadion
       randalierten und Polizisten angriffen.
       
       Die übrigen Anhänger litten eher still. Applaus hatten sie nur für einen,
       der das Trikot des VfL Wolfsburg trägt: Der Ex-HSVer Ivica Olic wurde trotz
       seines Tors zum 3:0 mit Sprechchören gefeiert. Er erinnert die Hamburger an
       bessere Zeiten, kann ihnen aber auch keine Hoffnung machen: "Es ist echt
       nicht viel, was der HSV gezeigt hat", sagte er. "Ich mache mir Sorgen."
       
       21 Apr 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jan Kahlcke
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