# taz.de -- Kooperation zwischen NDR, WDR und „SZ": Brüder und Schwestern
       
       > Immer mehr Verlage arbeiten bei Recherchen mit dem öffentlich-rechtlichen
       > Rundfunk zusammen. Wer bezahlt dabei was? Und wer übt Kontrolle aus?
       
 (IMG) Bild: Kriegt Honorar aus drei verschiedenen Töpfen: Georg Mascolo.
       
       „Die Süddeutsche Zeitung und der NDR bekamen jetzt Einblick in die
       Dokumente.“ Solche Formulierungen sind manchen Lesern, Zuschauer und
       Zuhörern schon seit Herbst 2011 vertraut. Damals recherchierten Mitarbeiter
       beider Häuser gemeinsam über CIA-Foltergefängnisse in osteuropäischen
       Ländern.
       
       Von der besonderen Partnerschaft nahm zunächst kaum jemand Notiz. Die
       Aufmerksamkeit wächst erst seit dem stufenweisen Ausbau: Seit Februar ist
       der WDR mit im Boot, außerdem stieß als Koordinator
       Ex-Spiegel-Chefredakteur Georg Mascolo hinzu. Ab 2015 bekommt der
       Rechercheverbund mit Stephan Wels, derzeit stellvertretender Chefredakteur
       des NDR Fernsehens, einen zusätzlichen Leiter.
       
       Die Kooperation zwischen NDR, WDR und SZ, die unter anderem zum Tragen
       kommt, wenn es um Enthüllungen Edward Snowdens geht, ist formal
       bemerkenswert: Sender, die sich durch öffentliche Gelder (Rundfunkbeitrag)
       finanzieren, wirken an Artikeln eines privatwirtschaftlichen Verlags mit.
       Die Frage, welche Summen da hin und her fließen, liegt nah.
       
       Einen gemeinsamen Etat gebe es nicht, sagt NDR-Sprecher Martin Gartzke.
       Koordinator Mascolo erhalte von jedem Kooperationspartner jeweils ein
       Honorar als freier Mitarbeiter. Ute Schildt, die Vorsitzende des
       NDR-Rundfunkrates, sagt, für den Honorarposten Mascolo würden „keine Mittel
       beansprucht, die für uns zustimmungspflichtig gewesen wären“. Ohne Mascolos
       alten und neuen Job vergleichen zu wollen: Die Information ist
       erwähnenswert, weil ein Spiegel-Chefredakteur ein Vielfaches dessen
       verdient, was etwa bei einem ARD-Intendanten aufs Konto fließt.
       
       Ruth Hieronymi, die Vorsitzende des WDR-Rundfunkrats, sagt, auch für die
       Kooperation an sich – „ein loser Rechercheverbund“ – sei eine besondere
       Genehmigung nicht erforderlich gewesen. Aber: „Die im Zuge der Kooperation
       entstandenen Sendungen“ unterlägen der „Aufsicht durch den Rundfunkrat“.
       
       ## Die Frage nach der Unbefangenheit
       
       „Mich wundert, dass sich ein Presseverlag, zumindest mittelbar, einem
       öffentlich-rechtlichen Kontrollgremium unterwirft“, stichelt deshalb Bernd
       Holznagel, Rechtsprofessor an der Uni Münster.
       
       Die Kooperation zwischen NDR, WDR und SZ ist nur ein Beispiel für
       grenzüberschreitende Recherchen: Spiegel Online, die Funke-Gruppe (WAZ) und
       der WDR arbeiten beim Thema Mafia zusammen. Auch Springer schubst
       öffentlich-rechtliche Reporter nicht von der Bettkante: Welt und
       NDR-Hörfunker recherchierten 2012 und 2013 gemeinsam, welche
       gesundheitlichen Gefahren durch Ozon in der Flugzeug-Kabinenluft drohten.
       
       Wenn sich immer mehr Journalisten verbrüdern, stellt sich aber die Frage,
       ob die noch unbefangen berichten können über etwaige Sauereien bei einem
       der Partner. Dass durch Kooperationen Abhängigkeitsverhältnisse entstehen,
       sei zumindest „eine abstrakte Gefahr“, sagt Karl-Heinz Ladeur, emeritierter
       Rechtsprofessor der Uni Hamburg und unter anderem spezialisiert auf
       Medienrecht.
       
       Mit den Sendergesetzen für die ARD-Rundfunkanstalten, die von den
       Länderparlamenten verabschiedet werden, seien die Kooperationen vereinbar,
       sagt Ladeur. Das liegt auch daran, dass diese Zusammenarbeitsformen so
       neuartig sind, dass sie der Gesetzgeber nicht vorhersehen konnte. Nun
       bestehe aber „Regelungsbedarf“, sagt Ladeur. Inhaltlich „könnte das eine
       produktive Entwicklung sein, aber wenn sie nicht geregelt wird, weiß man
       nicht, wohin die Reise geht“.
       
       Dabei solle gar nicht endgültig festgelegt werden, was zulässig sei und was
       nicht. Ladeur schwebt vielmehr eine „Experimentierklausel“ vor – und die
       Schaffung einer Kommission, die dann überprüft, ob
       öffentlich-rechtlich-private Kooperationen „die Autonomie der Presse“ oder
       „die Gleichheit der Presseverlage“ gefährden. „Es wäre sinnvoll, das im
       Rundfunkstaatsvertrag zu regeln“, sagt er.
       
       27 Apr 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) René Martens
       
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