# taz.de -- Konflikt in der Ukraine: Schwedischer OSZE-Beobachter frei
       
       > Das Drama um die festgesetzten OSZE-Militärbeobachter in der Ukraine
       > dauert an. Kleiner Hoffnungsschimmer: Ein Schwede wird aus medizinischen
       > Gründen freigelassen.
       
 (IMG) Bild: Prorussische Kräfte versperren den Zugang zu der Fernsehstation in Donezk.
       
       MOSKAU/BERLIN dpa | Nervenkrieg in der Ostukraine: Dort haben die
       prorussischen Separatisten am Sonntag die festgesetzten
       OSZE-Militärbeobachter der Presse präsentiert. Eine der Geiseln, ein
       deutscher Oberst, sagte in Slawjansk, dass niemand wisse, wann das Team
       freikomme. Zu der Pressekonferenz eingeladen hatte der Separatistenführer
       und selbst ernannte Bürgermeister Wjatscheslaw Ponomarjow.
       
       Die Bundesregierung, der Bundespräsident und die OSZE forderten die
       sofortige Freilassung der Gruppe, zu der vier Deutsche gehören. Am Abend
       ließen die Separatisten überraschend einen schwedischen Beobachter aus
       medizinischen Gründen frei.
       
       „Der Schwede leidet unter einer leichten Form von Diabetes, deshalb haben
       wir entschieden, ihn zu entlassen“, sagte Aktivistensprecherin Stella
       Choroschewa am Sonntag in Slawjansk. Die Protestführer hätten aber keine
       Pläne, weitere Beobachter freizulassen. Die OSZE in Wien bestätigte die
       Freilassung des Schweden, dementierte dazu Berichte, nach denen
       Generalsekretär Lamberto Zannier auf dem Weg nach Kiew sei, um sich in die
       Verhandlungen einzuschalten.
       
       Die Separatisten verdächtigen Mitglieder des Teams, Nato-Spione zu sein.
       Sie wollen die ukrainischen Soldaten gegen inhaftierte Gesinnungsgenossen
       austauschen. Die in Zivil gekleideten Beobachter waren zusammen mit vier
       oder fünf ukrainischen Soldaten am Freitag von den Separatisten festgesetzt
       worden. Der Bundeswehroberst sagte: „Wir sind Gäste von Ponomarjow. Wir
       sind keine Kriegsgefangene.“
       
       Der deutsche Offizier sagte weiter, Vorbedingungen für ihre Freilassung
       seien ihnen nicht bekannt, ebenso wenig ein Zeitpunkt. Das OSZE-Team
       besteht noch aus drei deutschen Soldaten, einem deutschen Dolmetscher sowie
       einem Dänen, einem Polen, einem Tschechen sowie den ukrainischen Soldaten.
       
       ## Festgehaltene sind keine OSZE-Mitglieder
       
       Nach Angaben des Vizechefs des OSZE-Krisenpräventionszentrums, Claus
       Neukirch, sind die Festgehaltenen keine Mitglieder der diplomatischen
       OSZE-Beobachtermission, zu der aktuell rund 140 Beobachter zählen. Es
       handele sich vielmehr um eine Mission unter Leitung der Bundeswehr, die auf
       Einladung der Regierung in Kiew unterwegs sei. Die Inspektion nach dem
       „Wiener Dokument“ hat nicht das breite Mandat einer OSZE-Mission, sondern
       wurde allein unter den Staaten selbst vereinbart.
       
       Das Bundesverteidigungsministerium in Berlin präzisierte, dass die
       Entsendung von Beobachtern in die Ukraine mit der OSZE abgestimmt sei. „Es
       handelt sich hierbei nicht um eine bilaterale Maßnahme, sondern um eine
       abgestimmte OSZE-Mission auf Einladung der Ukraine“, sagte ein Sprecher am
       Sonntag. Sinn der Inspektionen sei es, Transparenz und Vertrauen zu
       schaffen. „Dafür ist es notwendig, neutrale Beobachter unter dem Dach der
       OSZE auch in die Krisengebiete zu entsenden.“
       
       Bei einem weiteren Zwischenfall mit OSZE-Beobachtern wurde am Sonntag ein
       Team in der Region Donezk bei einem Checkpoint von prorussischen Kräften
       angehalten. Zwei Teammitglieder seien kurzzeitig im Verwaltungsgebäude von
       Jenakijewo festgehalten worden, sagte ein OSZE-Sprecher in Wien. Lokale
       Polizeieinheiten hätten erwirkt, dass die beiden Mitarbeiter der
       Beobachtermission wohlbehalten das Gebäude verlassen konnten.
       
       Die Linke rügte, die Bundesregierung und Verteidigungsministerin Ursula von
       der Leyen (CDU) habe mit der Entsendung der Gruppe unklug und „zutiefst
       unprofessionell“ gehandelt. „Die Frage ist doch: Warum gerade jetzt und im
       Osten des Landes?“, sagte der Obmann der Linksfraktion im
       Verteidigungsausschuss, Alexander S. Neu. Die Spionage-Vorwürfe seitens der
       pro-russischen Separatisten seien „zumindest nicht gänzlich von der Hand zu
       weisen“.
       
       ## Transparenz und Vertrauensbildung
       
       Von der Leyen betonte indes, die Beobachter seien nicht in der Ukraine, um
       einzugreifen. „Ihre wichtige Aufgabe ist, für Transparenz und
       Vertrauensbildung zu sorgen.“
       
       Die Industriestaaten der G7 und die EU wollen Russland zügig mit schärferen
       Sanktionen für seine Rolle im Ukraine-Konflikt bestrafen. Der Kreml
       unterstützt aus ihrer Sicht die separatistischen Kräfte im Osten und Süden
       des Nachbarlands und stachelt mit grenznahen Militärübungen den Konflikt
       gezielt an.
       
       Nach dpa-Informationen aus EU-Diplomatenkreisen beraten an diesem Montag
       die Botschafter der 28 EU-Staaten in Brüssel über zusätzliche Sanktionen.
       Auf der Agenda stehen demnach weitere Einreiseverbote und Kontensperrungen.
       Die Maßnahmen könnten noch im Tagesverlauf von den Regierungen abgesegnet
       und in Kraft gesetzt werden, hieß es. Auf der EU-Sanktionsliste stehen
       bereits mehrere Dutzend Russen und Ukrainer.
       
       Auch die US-Regierung will zügig zusätzliche Sanktionen in Kraft setzen,
       möglichst im Gleichschritt mit den G7 und der EU. US-Präsident Barack Obama
       kritisierte in Kuala Lumpur, die russische Regierung habe noch keine
       Schritte unternommen, um die angespannte Situation im Osten und Süden der
       Ukraine zu befrieden. Vielmehr habe der Kreml separatistische Kräfte noch
       ermutigt.
       
       ## Putin ins Visier nehmen
       
       Mit der geplanten nächsten Sanktionsrunde soll der enge Zirkel um Russlands
       Präsidenten Wladimir Putin getroffen werden, kündigte
       Vize-Sicherheitsberater Tony Blinken am Sonntag im Sender NBC an. Er wollte
       auch nicht ausschließen, dass irgendwann Putin selbst ins Visier genommen
       werde. Aber ein Staatsoberhaupt persönlich auf diese Weise direkt zu
       bestrafen, sei nicht üblich, sagte Blinken.
       
       Nach Angaben der New York Times ist es wahrscheinlich, dass die Chefs der
       staatlichen Ölgesellschaft Rosneft und des Energiegiganten Gazprom auf der
       Sanktionsliste stehen werden. Die Zeitung berief sich dabei auf Angaben von
       US-Regierungsbeamten. „Es ist, als ob man in einem Kreis steht, und
       plötzlich wird auf jeden in diesem Kreis eine Bombe geworfen“, beschrieb
       der Demokrat Robert Menendez, der den Auswärtigen Ausschuss des US-Senats
       leitet, den Mechanismus. „Und das ist eine Botschaft an dich, dass es jetzt
       eng für dich wird.“
       
       Die Separatisten in Slawjansk brachten nach eigenen Angaben auch mehrere
       Agenten der Regierung in Kiew in ihre Gewalt. Prorussische Aktivisten
       besetzten ein Funkhaus im ostukrainischen Donezk, wollen einen eigenen
       Sendebetrieb einrichten.
       
       27 Apr 2014
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Ostukraine
 (DIR) Donezk
 (DIR) Russland
 (DIR) Slowjansk
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) Slowjansk
 (DIR) OSZE
 (DIR) Petro Poroschenko
 (DIR) Donezk
 (DIR) Russland
 (DIR) Russland
 (DIR) Ukraine
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Slawjansk und der Bürgermeister: Kurort mit Maschinenpistolen
       
       Ein Afghanistan-Veteran und Seifenfabrikant steht an der Spitze von
       Milizen, die das ukrainische Slawjansk im Griff haben. Manche wollen vor
       ihm fliehen.
       
 (DIR) Geiselnahme in der Ukraine: OSZE leistet Hilfe
       
       Russland soll Einfluss zur Freilassung der Militärbeobachter geltend
       machen, fordert die deutsche Regierung. Die OSZE selbst nimmt an
       Verhandlungen vor Ort teil.
       
 (DIR) Konflikt in der Ukraine: Besetzung statt Entspannung
       
       Der Bürgermeister von Charkiw ist angeschossen worden. Es gab Verletzte bei
       Schießereien. Diplomaten bemühen sich um die Freilassung der verschleppten
       Militärbeobachter.
       
 (DIR) Konflikt in der Ukraine: Volksrepublik mangelt es an Volk
       
       Lediglich 2.000 Menschen demonstrieren in Donezk für ein Referendum über
       die Unabhängigkeit der „Volksrepublik Donbas“.
       
 (DIR) Kommentar Ostukraine: OSZE als Geisel missbraucht
       
       Mitglieder der militärischen Beobachtermission sind in der Gewalt von
       prorussischen Milizen. Der Westen muss auf einer bedingungslosen
       Freilassung bestehen.
       
 (DIR) Debatte sowjetische Restauration: Trostlose Aussichten für Russland
       
       Es ist falsch, in die historische Mottenkiste zu greifen und Putin zu
       Stalin zu erklären. Die Machtverhältnisse erzählen etwas ganz anderes.
       
 (DIR) Konflikt in der Ukraine: Timoschenko will Nato-Beitritt
       
       Die ukrainische Präsidentschaftskandidatin strebt eine Nato-Mitgliedschaft
       ihres Landes an. Derweil setzt sich das Tauziehen um die festgesetzten
       OSZE-Beobachter fort.