# taz.de -- Kameras im Wald: Nicht nur Wild vor der Linse
       
       > Die Zahl der versteckten Fotofallen im Wald wächst rasant. Jäger wollen
       > so die Wildfährten erfassen. Damit sind nicht alle einverstanden.
       > Rheinland-Pfalz droht schon mit Strafen.
       
 (IMG) Bild: Gut getarnt für Tier und Mensch: Kamera an einem Baumstamm
       
       MAINZ dpa | Der alte Satz „Der Wald hat 1000 Augen“ bekommt eine neue
       Bedeutung: Nicht nur Tiere, sondern auch immer mehr Kameras beobachten
       Wanderer auf Waldwegen. Schon mehr als 100.000 Jäger haben in Deutschland
       Wildkameras im Wald montiert, vermutet der rheinland-pfälzische
       Datenschutzbeauftragte Edgar Wagner – illegal. Allein in seinem Bundesland
       schätzt er ihre Zahl auf gut 30.000 – auf Basis der Verkaufszahlen von
       Discountern, die die technisch immer ausgefeilteren Fotofallen bereits für
       rund 100 Euro anbieten.
       
       Wagner droht Jägern in Rheinland-Pfalz, die trotz Aufforderung ihre Kameras
       zur Beobachtung von Wild nicht entfernen, ein Bußgeld von 5.000 Euro an. In
       der zweiten Jahreshälfte 2014 rechnet er mit ersten Gerichtsprozessen
       einiger weniger sich wehrender Jäger. „Wir sind bundesweit die ersten, die
       eine Bußgeldhöhe festgelegt haben“, sagt der Leiter Privater Datenschutz in
       Wagners Behörde in Mainz, Stefan Brink. „Ein Prozess bei uns könnte
       bundesweit Signalwirkung haben.“
       
       Genehmigte Ausnahmen für fotografierende oder filmende Wildkameras seien
       für gesperrte Bereiche wie Wildbrücken über Straßen oder wissenschaftliche
       Projekte wie die Zählung seltener Tiere möglich. Die meisten der oft gut
       getarnten Waldspione mit Bewegungsmeldern könnten aber Spaziergänger,
       Pilzsucher und Jogger illegal erfassen. „Wer das weiß, für den ist das
       unbeschwerte Walderlebnis dahin“, betont Brink. „Wir haben schon über 100
       Eingaben gegen Wildkameras bekommen.“
       
       Zu Diskussionen kommt es auch in anderen Bundesländern. In
       Schleswig-Holstein hat kürzlich der Piraten-Politiker Patrick Breyer
       beklagt: „Kann man heutzutage nicht einmal mehr unbeobachtet im Wald
       spazieren gehen?“
       
       ## Überwachung am Wegesrand
       
       Eine Ausnahme bildet Hessen: Hier ist im Gegensatz zu anderen Ländern das
       Betreten etwa von Hochsitzen und Lockfütterungsstellen für Wild (Kirrungen)
       gesetzlich ausdrücklich verboten. Daher sei es hier zulässig, wenn Jäger
       abseits von Waldwegen und mit deutlichen Hinweisschildern Kameras
       anbrächten, sagt Michael Becker, Mitarbeiter des hessischen
       Datenschutzbeauftragten Michael Ronellenfitsch.
       
       Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff ist für die elektronische
       Waldüberwachung nicht zuständig. Das sei Sache der Länder, erläutert ein
       Sprecher. Und deren Datenschutzbeauftragte gingen unterschiedlich vehement
       gegen Wildkameras vor.
       
       Der Landesjagdverband Rheinland-Pfalz wehrt sich: „Ein Bußgeld von 5000
       Euro halten wir für rechtswidrig“, sagt sein Sprecher Günther D. Klein.
       „Wir wollen einen Musterprozess führen, um uns zu verteidigen.“ Eine Kamera
       könne Jägern helfen, effektiver zu jagen, weil sie so besser wüssten, wann
       welches Wild unterwegs sei. „Berufstätige Jäger können nicht 24 Stunden im
       Wald sein.“ Außerdem könnten leichter Schüsse auf zu schonende Tiere
       vermieden werden – etwa auf weibliche Wildschweine mit Nachwuchs.
       
       ## Zweitfunktion: Geheimes erspähen
       
       Laut Klein bringen Jäger ihre Kameras dort an, wo es unwahrscheinlich sei,
       dass Waldbesucher vor die Linse gerieten – schon weil ihr Geruch das Wild
       vertreiben würde. Gar nichts hält der Landesjagdverband von
       Hinweisschildern: „Die wären eine Einladung zum Diebstahl.“ Klein verweist
       auch auf die Bitten von Bauern, verstärkt Wildschweine zu jagen, da ihre
       Bestände zunähmen und sie immer mehr Maisfelder schädigten. Überdies sagt
       der Sprecher: „Viele Käufer dieser Kameras hängen sie wohl auch in ihren
       Gärten auf.“
       
       „Der Wald hat 1000 Augen“ – und die können auch Geheimes erspähen: Vor zwei
       Jahren hat eine Fotofalle in Österreich einen Kärntner Politiker zwischen
       Bäumen ertappt – in flagranti mit einer Geliebten.
       
       5 May 2014
       
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