# taz.de -- Kandidaten bei Kommunalwahlen: Ein Mandat ist nicht genug
       
       > Mehr Bürgernähe oder nur Eitelkeit? Am 25. Mai streben mehrere
       > Bundestagsabgeordnete zusätzlich einen Sitz in ihrem Gemeinde- oder
       > Stadtrat an.
       
 (IMG) Bild: Reicht manchen nicht aus: ein Sitz im Bundestag.
       
       BERLIN taz | In zehn Bundesländern wählen die Einwohner am 25. Mai nicht
       nur ihre Europaabgeordenten, sondern auch ihre Kommunalvertreter. Einige
       der Kandidaten, die für die Stadt- und Gemeinderäte auf der Liste stehen,
       haben jedoch schon ein Mandat auf Bundesebene. Schon jetzt sind
       Doppelmandate nicht selten. Aber wie kann ein Volksvertreter gleichzeitig
       beide Mandate wahrnehmen? Und warum reicht ihnen eines nicht?
       
       „Es erdet mich, wenn ich sehe, wie sich Gesetze in den Kommunen auswirken“,
       sagt der Linke Richard Pitterle. 2009 war er nicht der Spitzenkandidat
       seiner Partei für den Gemeinderat in Sindelfingen, doch der einzige
       Linken-Bewerber, der gewählt wurde. Drei Monate später erhielt er auch das
       Bundestagsmandat. Er habe nicht gewollt, dass die Wähler in seiner Kommune
       denken, sobald Berlin rufe, seien sie nicht mehr wichtig, sagt er. Also
       behielt er beide Mandate.
       
       „Ich habe im Bundestagswahlkampf immer damit geworben, meine Erfahrungen
       nach Berlin tragen zu wollen“, sagt die CDU-Abgeordnete Anja Karliczek, die
       zugleich im Rat von Tecklenburg (NRW) sitzt. „Nun möchte ich weiterhin an
       den Sorgen der Kommunalpolitik nah dranbleiben.“
       
       Auch der rechtspolitische Sprecher der SPD, Burkhard Lischka, meint, die
       kommunale Ebene sei für den Alltag in Berlin wichtig: „Damit man nicht wie
       der Blinde von der Farbe redet.“
       
       ## Bekanntheit bringt Stimmen
       
       Das Doppelmandat ist nicht verboten. „Aber man sieht, dass das
       Bundestagsmandat die Abgeordneten nicht so sehr Tag und Nacht auslastet,
       wie es das Abgeordnetengesetz vorsieht“, sagt Politikwissenschaftler Gero
       Neugebauer von der Freien Universität Berlin. Die Begründung, so einen
       Draht zur kommunalen Ebene zu haben, findet er albern. Eine andere
       Motivation als die Eitelkeit der Abgeordneten kann Neugebauer nicht
       erkennen.
       
       Es gibt keine Statistiken, wie viele Bundestagsabgeordnete in den Kommunen
       kandidieren. Klar ist jedoch, dass sich das Phänomen durch alle Parteien
       zieht, nur bei den Grünen ist es unüblich. Finanziell lohnt sich das Ganze
       nicht. Pitterle sagt, manchmal müsse er Termine in Berlin für den
       Sindelfinger Gemeinderat schwänzen. Für jede entschuldigte Plenarsitzung im
       Bundestag muss er 100 Euro Strafe zahlen. Dagegen erhält er pro
       Gemeinderatssitzung 35 Euro – ein Verlustgeschäft.
       
       Karliczek kandidiert jetzt erneut für den Tecklenburger Gemeinderat, steht
       jedoch nur auf der Reserveliste. Dennoch macht die Lokalzeitung den Artikel
       über die Kandidaten mit ihrem Gesicht auf. Der Faktor Prominenz hilft bei
       der Mobilisierung zur Wahl. Dass Bekanntheit Stimmen bringt, gibt auch
       Lischka zu. „Aber das gilt nicht nur für Bundestagsabgeordnete, sondern
       auch für den stadtbekannten Tierarzt.“ Sowohl Karliczek als auch Lischka
       war wichtig, dass auch die Partei hinter ihrer Kandidatur steht, beteuern
       sie. „Nicht, dass jemand sagt, der kandidiert auf alles, was sich bewegt“,
       sagt Lischka.
       
       Ein Sonderfall unter kandidierenden Berliner Volksvertretern ist Pitterles
       Kollegin Katrin Werner. Die Linke sitzt im Trierer Stadtrat und kandidiert
       erneut – will aber gar nicht gewählt werden. „Es ist bisher schon sehr
       anstrengend gewesen, das Bundestagsmandat und das Stadtratsmandat unter
       einen Hut zu bekommen“, sagt sie. Jetzt möchte Werner kürzer treten, weil
       sie in der Bundestagsfraktion der Linken behindertenpolitische Sprecherin
       wurde.
       
       Am 25. Mai steht sie auf Listenplatz 11, der zum erneuten Einzug in den
       Stadtrat nicht reichen dürfte. Aber wenn sie wegen ihres Bekanntheitsgrades
       genügend Personenstimmen erhält, muss sie dennoch in den Stadtrat.
       
       12 May 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Svenja Bednarczyk
       
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