# taz.de -- Erste Länderprognosen zur Europawahl: Denkzettel und Überraschungen
       
       > Sieben Länder haben bereits gewählt. Es zeichnet sich eine niedrige
       > Beteiligung ab. Regierungsparteien und Rechtspopulisten schneiden
       > schlechter ab als erwartet.
       
 (IMG) Bild: Die Wahlurne mit zwei Stimmzetteln wird abtransportiert: Auf der irischen Insel Innishfree wurde bereits am 22. Mai gewählt.
       
       STRASSBURG/BERLIN dpa | In Deutschland und 20 weiteren EU-Ländern hat am
       Sonntag die Wahl des neuen Europaparlament begonnen. Hierzulande können bis
       18.00 Uhr rund 64,4 Millionen Menschen abstimmen: 61,4 Millionen Deutsche
       und fast drei Millionen Bürger anderer EU-Länder. Insgesamt waren in den 28
       Mitgliedstaaten rund 400 Millionen Menschen dazu aufgerufen, die 751
       EU-Abgeordneten in Straßburg neu zu bestimmen.
       
       Bei dieser Wahl gibt es ein Novum: Die Parteienblöcke haben erstmals für
       den wichtigen Posten des EU-Kommissionschefs europaweite Spitzenkandidaten
       ins Rennen geschickt. Für die Konservativen, zu denen CDU/CSU gehören,
       tritt der frühere Luxemburger Premier Jean-Claude Juncker an, für die
       Sozialisten der Präsident des Europaparlaments, der Deutsche Martin Schulz
       (SPD). Mit Spannung wird zudem das Abschneiden rechtsextremer,
       populistischer und euroskeptischer Parteien erwartet.
       
       Bislang gibt es nur aus einigen wenigen Ländern erste Prognosen zum
       Wahlausgang. Offizielle Ergebnisse dürfen erst am späten Sonntagabend
       bekanntgegeben werden, sobald die letzten Wahllokale in Italien um 23 Uhr
       geschlossen sind. In Deutschland planen ARD und ZDF bereits um 18.00 Uhr
       Prognosen und später auch Hochrechnungen.
       
       Mit 96 Parlamentariern entsendet Deutschland die größte Gruppe nach
       Straßburg. In Deutschland beteiligen sich 25 Parteien und sonstige
       politische Vereinigungen. Auch Kleinparteien können sich diesmal eine
       Chance ausrechnen, weil das Verfassungsgericht die Sperrklausel gekippt
       hatte – etwa ein Prozent der Stimmen dürfte für ein Mandat reichen.
       Gleichzeitig mit der Europawahl werden in Deutschland Kommunalwahlen in
       zehn Bundesländern abgehalten.
       
       ## Sehr niedrige Wahlbeteiligung
       
       In sieben EU-Staaten ist die Wahl bereits gelaufen: In Großbritannien und
       den Niederlanden, in Irland, Lettland, Tschechien, der Slowakei sowie im
       kleinsten EU-Land Malta konnten die Bürger bereits an den ersten drei Tagen
       der Mammutabstimmung wählen gehen.
       
       Erste Trends lassen befürchten, dass die Wahlbeteiligung dieses Mal
       womöglich noch geringer ausfallen könnte als vor fünf Jahren. 2009 gaben
       EU-weit nur 43 Prozent aller Wahlberechtigten ihre Stimme ab.
       
       In Irland, wo die Beteiligung immerhin bei um die 50 Prozent lag,
       verpassten die Wähler der Regierung bei der Europawahl einen Denkzettel.
       Die konservative Fine-Gael-Partei von Premierminister Enda Kenny kam nur
       auf 22 Prozent der Stimmen, die mitregierenden Sozialdemokraten erzielten
       gar nur sechs Prozent. Das bedeutet Verluste im zweistelligen Bereich im
       Vergleich zu früheren Wahlen. Starke Zugewinne verbuchten unabhängige
       Bewerber. Die linksgerichtete Sinn-Fein-Partei des Ex-IRA-Mannes Gerry
       Adams legte ebenfalls zu.
       
       In Lettland zeichnet sich einer ersten vorläufigen Prognose zufolge ein
       klarer Sieg des proeuropäischen Einheitsblocks von Regierungschefin
       Laimdota Straujuma ab. Das vor den Wahlen favorisierte oppositionelle
       Harmoniezentrum käme demnach auf Platz zwei, vor den beiden anderen
       Mitte-Rechts-Regierungsparteien, ergab eine Nachwahlbefragung des
       Forschungsinstituts „Latvijas Fakti“ im Auftrag des lettischen Fernsehens.
       
       ## Schlappe für Rechtspopulisten
       
       In Tschechien begann nach Schließung der Wahllokale die Suche nach den
       Gründen für die offenbar auch dort niedrige Wahlbeteiligung. Fast die
       Hälfte der Tschechen (48 Prozent) hielt die Europawahl für überflüssig,
       weil sie nichts ändere, berichtete das tschechische TV am Samstag unter
       Berufung auf eine Umfrage des Instituts Focus.
       
       In Deutschland machten zum Wahlkampffinale die Parteivorsitzenden und
       Spitzenkandidaten noch einmal Werbung für ihre Parteien. Kanzlerin und
       CDU-Chefin Angela Merkel legte in Worms ein Bekenntnis zur friedlichen
       Lösung der Ukraine-Krise und anderer Konflikte ab. In Frankfurt am Main
       rief SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz die Bürger zur Wahl auf, um
       Rechtspopulisten keine Chance zu geben. Ähnlich äußerten sich in Berlin
       Grünen-Spitzenkandidatin Rebecca Harms und -Parteichef Cem Özdemir.
       
       In den Niederlanden hatte der Rechtspopulist und Europaskeptiker Geert
       Wilders am Donnerstag überraschend eine klare Schlappe erlitten. Dort
       setzten sich Prognosen zufolge die europafreundlichen Kräfte der
       linksliberalen D66 und der Konservativen durch. Einen ähnlichen Trend für
       proeuropäische Kräfte sagte für Tschechien eine erste – jedoch nicht
       repräsentative – Wählerbefragung durch Reporter der Zeitung „MF Dnes“
       voraus.
       
       In Großbritannien schien sich dagegen ein deutlicher Stimmenzuwachs für die
       rechtspopulistische Unabhängigkeitspartei UKIP abzuzeichnen, die einen
       Austritt aus der EU anstrebt.
       
       25 May 2014
       
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