# taz.de -- Europawahl: Wenig Gefühl für die Wähler
       
       > Die SPD will sich mit dem Europa-Erfolg über die Niederlage beim
       > Volksentscheid hinwegtrösten.
       
 (IMG) Bild: Diese beiden kümmerten sich vielleicht zu viel umeinander.
       
       Der Sonntag wird ein Abend gewesen sein, den die Berliner SPD gern
       streichen würde. Nicht nur, weil der Volksentscheid zum Tempelhofer Feld
       verloren ging. Sondern vielmehr, weil ihre Frontmänner offenbarten, dass
       sie die Stimmung in Berlin völlig falsch eingeschätzt hatten. Sowohl
       Landeschef Jan Stöß als auch der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit
       werteten das Europawahlergebnis zwischenzeitlich so, dass die SPD nun
       wieder führende Kraft in Berlin sei, dass sie wieder an Vertrauen gewonnen
       habe und all das für den Volksentscheid hoffen lasse. Bis eineinhalb
       Stunden später die erste Hochrechnung zu Tempelhof kam: Eine
       Zweidrittelmehrheit gegen den Senat ließ sich schwer als Vertrauensbeweis
       werten.
       
       SPD-Fraktionschef Raed Saleh versuchte, noch am späten Sonntagabend das
       Ergebnis aufzuhübschen, indem er der Niederlage einen vermeintlichen Erfolg
       gegenüberstellte: „Die SPD hat in Berlin gemeinsam die Europawahl gewonnen
       und gemeinsam den Volksentscheid verloren“, ließ er simsen. Sosehr der
       erste Satzteil stimmt, so wenig gilt das für den zweiten.
       
       Zu klar ist, dass die Wähler differenzierten zwischen Landespolitik und
       europäischer Ebene, wo die Spitzenkandidatur von Martin Schulz und
       vielleicht auch die Wutrede von Außenminister Frank Steinmeier jüngst auf
       dem Alexanderplatz eine Rolle spielten. Ins Gewicht fiel das Wirken der
       hiesigen SPD-Akteure nur insofern, als dass die SPD-Gewinne in Berlin nicht
       so groß ausfielen – nur 5,2 statt 6,5 Prozent bundesweit.
       
       Neben SPD-Frau Sylvia-Yvonne Kaufmann werden zehn weitere in Berlin
       gemeldete Politiker im Europaparlament sitzen. Für die CDU ist das wie seit
       2009 Joachim Zeller, für die Grünen der langjährige Landespolitiker und
       Verkehrsexperte Michael Cramer, der frühere Bundesparteichef Reinhard
       Bütikofer und die europaweite Grünen-Spitzenkandidatin Franziska „Ska“
       Keller sowie die im Berliner Landesverband noch nicht in Erscheinung
       getretene Barbara Lochbihler.
       
       Bei der Linksfraktion schaffte Martina Michels eine Punktlandung: sieben
       Mandate gibt es für ihre Partei im künftigen Europaparlament, auf Platz
       sieben der Kandidatenliste stand sie. Vom rechten Rand des politischen
       Spektrums rücken die AfDler Hans-Olaf Henkel und Beatrix von Storch aus
       Berlin ins Parlament.
       
       Gleiches gilt für den früheren NPD-Landeschef Udo Voigt, der bislang
       Mitglied der Bezirksverordnetenversammlung Treptow-Köpenick war (siehe
       Kasten). Voigt, dessen Partei in Berlin wie auch bundesweit über 1,0
       Prozent nicht hinauskam, profitiert wie der frühere Chefredakteur des
       Satiremagazins Titanic, Martin Sonneborn, der mit „Die Partei“ 0,6 Prozent
       holte (in Berlin 1,6), von der erst drei Monate alten Entscheidung des
       Bundesverfassungsgerichts, die Dreiprozenthürde zu kippen.
       
       26 May 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Alberti
       
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