# taz.de -- Niedriglöhne bei den Johannitern: Die Grenzen der Mildtätigkeit
       
       > Sie werben Mitglieder für die Johanniter-Unfallhilfe – und bekommen
       > armselige Löhne. Die Regel des Spenden-Siegels werden umgangen.
       
 (IMG) Bild: Spenden für den guten Zweck: Wer kann da schon nein sagen?
       
       BERLIN taz | „Aus Liebe zum Leben“ ist das Motto der
       Johanniter-Unfallhilfe. Der karitative Anspruch hat jedoch seine Grenzen.
       Junge Leute, die für die Johanniter Mitglieder werben, bekommen mitunter
       armselige Löhne. So beträgt die Mindestbezahlung bei einer für die
       Johanniter tätigen Agentur nur etwa 5 Euro pro Arbeitsstunde.
       
       Die Johanniter bezeichnen sich selbst als „eine der größten
       Hilfsorganisationen Europas“ mit über 1,4 Millionen Fördermitgliedern. Bei
       der Akquise der Mitglieder helfen auch Agenturen wie die Firma Wesser.
       Diese beschäftigen oft Schüler über 18 Jahre und Studenten.
       
       Zu den Arbeitsbedingungen der jungen Leute bei Wesser teilt
       Johanniter-Sprecherin Therese Raatz mit: „Diese Mitarbeiter bekommen ein
       Grundgehalt von 1.000 Euro in fünf Wochen.“ Das entspricht 200 Euro pro
       Woche. Bei 40 Arbeitsstunden sind das 5 Euro pro Stunde.
       
       Allerdings müssen die Beschäftigten Kosten wie Verpflegung und Benzin für
       ihre Einsätze an entlegenen Orten selbst bezahlen. Unter dem Strich blieben
       da häufig nur noch 150 Euro pro Woche oder weniger, also nicht mal 4 Euro
       pro Stunde, erklärte ein ehemaliger Wesser-Mitarbeiter der taz.
       
       ## Leere Teller bei Misserfolg
       
       Die Agentur sagt: „Essenskosten sind im Team unterschiedlich und werden
       auch von den Mitarbeitern im Team selbst gesteuert. So ist es für uns
       unmöglich, eine pauschale Aussage darüber zu treffen.“ Agentur und
       Johanniter betonen, dass die Beschäftigten nur dann so wenig verdienen,
       wenn sie kaum neue Mitglieder werben. Haben sie mehr Erfolg, steigt ihre
       Bezahlung aufgrund des leistungsbezogenen Prämienmodells.
       
       Johanniter-Sprecherin Raatz: „Der durchschnittliche Verdienst dieser
       Mitarbeiter liegt bei 2.200 Euro pro Monat. Zusätzlich stellt die Firma
       Wesser die Unterkunft während der Einsatzzeit, übernimmt die Kosten für ein
       Mietauto und zahlt die Ab- und Anreise zum Einsatzort.“
       
       Als Mitglied beim Spenden-Siegel des Deutschen Zentralinstituts für soziale
       Fragen (DZI) sind die Johanniter jedoch verpflichtet, bestimmte Regeln
       einzuhalten. So müssen Mitgliederwerber mindestens die Hälfte ihres
       Verdienstes als Fixgehalt bekommen. Aus dem Vergleich des monatlichen
       Mindestgehaltes bei Wesser (800 Euro) und dem Durchschnittsverdienst
       (2.200) ergibt sich, dass 1.400 Euro leistungsabhängig sind – etwa zwei
       Drittel der Bezahlung.
       
       Das DZI weiß um diesen Widerspruch zu den Siegel-Regeln. „Es trifft zwar
       zu, dass die Vergütungsmodalitäten der Johanniter-Unfallhilfe in wichtigen
       Teilen noch nicht voll den besonders hohen Anforderungen des
       Spenden-Siegels an eine Deckelung der erfolgsabhängigen Entlohnung
       entsprechen“, schreibt DZI-Geschäftsführer Burkhard Wilke. Weil sich die
       Johanniter jedoch um Verbesserungen bemühten, dürften sie das Spendensiegel
       aufgrund einer „Ausnahmeregelung“ weiter verwenden.
       
       Währenddessen erklärt der Umweltverband BUND, man habe „mit dem
       Dienstleister Gespräche aufgenommen, um sicherzustellen, dass künftig nur
       noch Volljährige bei der professionellen Werbung eingesetzt werden“. Die
       taz hatte über [1][einen minderjährigen Mitarbeiter einer Agentur
       berichtet], der für den BUND unterwegs war und nur rund 2 Euro pro Stunde
       bekam.
       
       29 May 2014
       
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