# taz.de -- Warnung vor resistenten Keimen: Ärzte gegen Massentierhaltung
       
       > Mediziner warnen vor multiresistenten Keimen aus Tierställen: Die
       > entstehen durch den tonnenweisen Einsatz von Antibiotika in den
       > Mastbetrieben.
       
 (IMG) Bild: Werden hier die Killerkeime von morgen ausgebrütet? Puten in einem Stall im Emsland.
       
       tHANNOVER taz | Es gibt kaum ein Szenario, das Mediziner mehr fürchten als
       dieses: Die Wundermittel, die gegen eine simple Grippe ebenso wirksam sind
       wie gegen schwerste Infektionen, könnten eines Tages versagen – die
       Antibiotika. Aber genau das gilt inzwischen nicht mehr als undenkbar: „Es
       ist fünf vor 12“, warnt Martin Eikenberg, Institutsdirektor für Hygiene im
       Klinikum Bremen-Mitte.
       
       Dort waren 2011 mehrere Frühchen an der Infektionen mit multiresistenten
       Keimen gestorben, das Klinikum geriet wegen massiver Hygienemängel in die
       Kritik. Die gelten mittlerweile als abgestellt – doch Entwarnung will
       Eikenberg nicht geben. Im Gegenteil: Immer häufiger tauchten Patienten in
       Krankenhäusern auf, die mit Keimen der Typen MRSA oder ESBL infiziert sind,
       warnt der Mediziner – und Verursacher der Keime sei die Fleischindustrie.
       
       Zusammen mit KollegInnen wie der ebenfalls aus Bremen stammenden
       Internistin Imke Lührs engagiert sich Eikenberg deshalb in der vor wenigen
       Monaten gegründeten „Ärzteinitiative gegen Massentierhaltung“, die bereits
       von mehr als 250 Medizinern unterstützt wird. Die Ärzte schlagen Alarm: Der
       völlig unverhältnismäßige Einsatz von Antibiotika in der Fleischindustrie
       gefährde die Gesundheit von immer mehr Menschen.
       
       Durch das Auftreten der multiresistenten Keime, die nicht mehr auf die
       Behandlung mit Antibiotika ansprechen, werde die Behandlung aller Arten von
       Infektionen immer schwieriger: „Es erkranken besonders Menschen, die in
       ihrer Abwehrkraft geschwächt sind“, sagte Lührs am Mittwoch in Hannover.
       Dazu zählten „ganz Junge und ganz Alte, Frischoperierte und Unfallopfer“.
       
       Neuere Untersuchungen hätten nachgewiesen, dass „eine zunehmende Zahl“ der
       multiresistenten Keine „aus der Nutztierhaltung“ stamme, heißt es in einem
       Positionspapier der Ärzteinitiative. Demnach gelten Landwirte,
       Schlachthauspersonal und Tierärzte in Krankenhäusern bereits als
       Hochrisikopatienten: Bei Stichproben trugen bis zu 100 Prozent der
       untersuchten Veterinärmediziner die Krankheitserreger in sich.
       
       Nicht umsonst nutzten Lührs und Eikenberg Hannover für ihren ersten
       öffentlichen Auftritt: Die niedersächsische Region Weser-Ems, Landkreise
       wie Vechta, das Emsland oder die Grafschaft Bentheim gelten als Herzland
       der deutschen Fleischindustrie. Fast neun Millionen Schweine und hunderte
       Millionen Hühner werden zwischen Weser und Küste gehalten – und in den
       riesigen Ställen werden Antibiotika gleich tonnenweise verfüttert.
       
       Allein 2011 kamen in der Tiermast bundesweit 1.700 Tonnen der Medikamente
       zum Einsatz. Zum Vergleich: In der Humanmedizin waren es weniger als die
       Hälfte. Deshalb entwickeln sich die multiresistenten Keime offenbar
       zunächst in den Körpern der Schlachttiere – und werden dann auf Menschen
       übertragen.
       
       Unterstützung bekommen die Humanmediziner vom „Tierärztlichen Forum für
       verantwortbare Landwirtschaft“. Dessen Sprecher Siegfried Ueberschär
       fordert ein Ende der Massentierhaltung.
       
       Nur so könne der Antibiotikaeinsatz beim Schlachtvieh beendet werden: „Es
       gibt Hühnerställe, da gehen Sie nur mit Gasmaske rein“, sagt der Tierarzt.
       Die Tiere seien völlig zusammengepfercht, „von oben bis unten voll Kot“ –
       und nur durch massive Medikamentengabe überlebensfähig. Ueberschärs
       Forderung daher: „Wir brauchen nicht einen, sondern zwei oder drei
       Veggie-Days in der Woche.“
       
       4 Jun 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Wyputta
       
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