# taz.de -- Kolumne Wutbürger: Großes Getöse im Garten
       
       > In der Stadt, auf dem Land – überall testosterongesteuerte Hobbygärtner.
       > Unter 110 Dezibel macht sich ja niemand mehr an die Arbeit.
       
 (IMG) Bild: Was ist nur aus der guten alten leisen Schubkarre geworden?
       
       Der technische Fortschritt vermiest mir den Sommer. Jeder störende Grashalm
       muss heute von einem Kantenschneider niedergemacht werden, und obwohl diese
       Turbo- oder Rasentrimmer einen infernalischen Lärm verursachen, werden sie
       überall eingesetzt. In der Stadt terrorisieren mich damit die Mitarbeiter
       vom Grünflächenamt. Für kleinste Grasbüschel werfen sie am frühen Morgen
       ihre Höllenmaschine an und mich damit aus dem Bett.
       
       Die Frage, ob sie es mal mit Handarbeit versuchen wollen, brauche ich nicht
       zu stellen. Dafür ist es zu laut. Fahre ich aufs Land, erwarten mich dort
       testosterongesteuerte Hobbygärtner. Unter dem Vorwand, sich über Halme zu
       ärgern, die auch nach dem Mähen noch stehen, leben sie ihre
       Männlichkeitsfantasien aus. Und das für knapp hundert Euro
       
       So viel kosten die kleinen Helfer, die es ihnen ermöglichen, ihre Potenz zu
       beweisen. In der Gewissheit: Ich habe den lautesten, brettern sie mit bis
       zu 110 Dezibel brutalen Maschinen über ihre Rasen. Leise Geräte gelten in
       der Branche als unverkäuflich, denn laut klingt für die Kunden nach
       Leistung.
       
       Bei 110 Dezibel ist eigentlich die Schmerzgrenze erreicht. Doch leider nur
       für mich. Der Held der Rasenkante trägt natürlich Lärmschutz und ist auch
       sonst sehr sensibel. Wie ich einem Testbericht entnehmen konnte, behaupten
       Käufer, sie bräuchten dieses Gerät, damit sie sich mit der Gartenschere
       keine Blasen an den Händen holen. Und niemand hält sie auf. Hinter dem Mann
       im Garten muss eine starke Lobbygruppe stehen. Für ihn gibt es, anders als
       für Kinder, Kneipen und Clubs, keine Lärmschutzregel, solange er seinen
       Kantenschneider ab 20 Uhr in den Schuppen stellt.
       
       Auf den Herbst brauche ich nicht zu hoffen. Sobald das erste Laub fällt,
       stehen sie wieder breitbeinig mit ihrem Rohr im Grünen und blasen unter
       großem Getöse das Laub weg.
       
       7 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) ISABEL LOTT
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Garten
 (DIR) Paare
 (DIR) Kinder
 (DIR) Wutbürger
 (DIR) Schwerpunkt Syrien
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kampf gegen Leidenschaftslosigkeit: Rettet das Hobby!
       
       Wir sollten uns mehr Zeit nehmen, um mehr Dinge um ihrer selbst willen zu
       tun. Doch das Leistungsdenken kennt oft keinen Feierabend.
       
 (DIR) Kolumne Wutbürger: Mein Pokal, meine schöne Freundin
       
       Überall Zweisamkeit. Selbst die Singles, die kürzlich auf dem Titel einer
       Zeitschrift gefeiert wurden, sind so toll, dass sie auch bald ein Paar
       sind.
       
 (DIR) Kolumne Wutbürger: Aufzucht zukünftiger Kampfradler
       
       Laufräder gehören in die Tonne. Aber auf keinen Fall in den Supermarkt, wo
       die Kinder völlig unkontrolliert durch die Gänge flitzen.
       
 (DIR) Kolumne Wutbürger: Warten, bis der Arzt kommt
       
       Hat der Zug gerade mal vier Minuten Verspätung, ist sofort Krawall
       angesagt. Aber beim Arzt werden alle wieder ganz devot.
       
 (DIR) Kolumne Wutbürger: Make Love, not Werbung
       
       Man muss nur wollen: Würfe die Uno eine Ladung AXE Peace über Syrien ab,
       dann ginge es dort sehr schnell liebevoll und harmonisch zu.