# taz.de -- Zentralafrikanische Republik: Ein geteiltes Land
       
       > UN-Experten und Menschenrechtler ziehen düstere Bilanz der Gewalt der
       > letzten Monate in der Zentralafrikanischen Republik. Die Politik tut so
       > gut wie nichts.
       
 (IMG) Bild: Herz der Finsternis: Seleka-Kämpfer überqueren den Kuango-Fluss, Zentralafrika.
       
       BERLIN taz | 2.424 getötete Zivilisten in der Zentralafrikanischen Republik
       zwischen dem 5. Dezember 2013 und Ende April 2014, doch diese Zahl ist mit
       Sicherheit weit untertrieben: Diesen zaghaften Versuch einer ersten Bilanz
       des Massenmordens in dem Bürgerkriegsland im Herzen Afrikas legte die
       zuständige UN-Expertenkommission vergangene Woche dem UN-Sicherheitsrat
       vor.
       
       453 der Toten gehen demnach auf das Konto der muslimischen Seleka-Rebellen,
       die zwischen März 2013 und Januar 2014 in der Hauptstadt Bangui regierten
       und die Bevölkerung mit einem Terrorregime überzogen; 670 sind Opfer der
       antimuslimischen Milizenkoalition Anti-Balaka, die in Reaktion auf die
       Seleka-Herrschaft systematisch Muslime gejagt habt und für unbeschreibliche
       Greueltaten verantwortlich ist.
       
       Am Donnerstag warf „amnesty international“ in einem eigenen Bericht sowohl
       der Übergangsregierung in Bangui als auch den französischen und
       afrikanischen Eingreiftruppen vor, sie hätten sich als „unfähig“ erwiesen,
       die Gewalt zu beenden. Die meisten Übergriffe und Morde würden öffentlich
       begangen, weil die Täter keine Strafe zu befürchten hätten.
       
       Sowohl die amnesty-Untersucher als auch die UN-Experten weisen darauf hin,
       dass die Anti-Balaka eng mit der zentralafrikanischen Regierungsarmee FACA
       verbandelt ist und teils von deren Offizieren kommandiert wird. Die FACA
       war die Armee des ehemaligen Präsidenten Francois Bozizé, der im März 2013
       von den Seleka-Rebellen gestürzt wurde und Zuflucht in Kamerun fand.
       Detailliert wird nachgewiesen, wie Angehörige der Bozizé-treuen
       Streitkräfte die bisher vor allem als Dorfmilizen bekannten Anti-Balaka
       organisierten und aufrüsteten, um gegen Seleka und darüberhinaus alle
       Muslime zu kämpfen.
       
       Geduldet wurde dies von Frankreichs Eingreiftruppen, die im Dezember 2013
       in Bangui landeten und einseitig Seleka entwaffneten. Diese Politik ließ
       die Muslime schutzlos.
       
       ## Anti-Balaka im Südwesten, Seleka im Norden
       
       Heute ist die Zentralafrikanische Republik faktisch geteilt. Das
       südwestliche Drittel an den Grenze zu Kamerun und Kongo-Brazzavillle
       einschließlich Bangui an der Grenze zur Demokratischen Republik Kongo ist
       Anti-Balaka-Gebiet; hier sind fast alle Muslime tot, vertrieben oder
       evakuiert. Das nördliche Drittel an den Grenzen zu Tschad und Sudan ist das
       Rückzugsgebiet der Seleka, die sich hier reorganisiert hat.
       
       Entlang der Grenze dazwischen ereignen sich immer wieder Überfälle und
       Massaker, von beiden Seiten.
       
       Politische Antworten darauf gibt es offenbar nicht. Die Übergangsregierung
       in Bangui gilt als politisches Abstellgleis: Weil nach geltenden
       Vereinbarungen keines ihrer Mitglieder zu den nächsten Wahlen antreten
       darf, will ihr niemand Wichtiges angehören.
       
       Nach wie vor gibt es kein Programm zum Wiederaufbau einer nationalen
       zentralafrikanischen Armee. Bemühungen um Waffenstillstandsgespräche
       zwischen Seleka und Anti-Balaka wurden Anfang Juli vertagt.
       
       ## Friedenskonferenz in Brazzaville umstritten
       
       Die internationale Zentralafrika-Kontaktgruppe unter Leitung der
       Afrikanischen Union (AU) setzte daraufhin eine
       Zentralafrika-Friedenskonferenz im Nachbarland Kongo-Brazzaville für den
       21. Juli fest. Aber die meisten politischen Kräfte Banguis beschlossen
       dieses Wochenende, daran nicht teilzunehmen: Über Frieden in Zentralafrika
       müsse in Zentralafrika geredet werden, nicht im Ausland.
       
       Die Seleka-Rebellen organisieren sich derweil neu. Vergangene Woche setzten
       sie ihre alte Führung wieder ein, unter der sie 2013 die Macht ergriffen
       hatten: Präsident Michel Djotodia plus die Warlords Noureddine Adam und
       Moussa Dhaffane.
       
       Auf UN-Ebene ist keine Initiative zu erwarten. Die Empfehlung des
       Zentralafrika-Sanktionskomitees: Man möge an die Übergangsregierung in
       Bangui einen Brief schreiben und sie auffordern, Mitglieder bewaffneter
       Gruppen aus der Armee auszuschließen. Und die Zentralafrika-Kontaktgruppe
       trifft sich erst wieder im Oktober.
       
       14 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
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