# taz.de -- 20. Welt-Aids-Konferenz: Tränen statt Willkommensgrüße
       
       > In Melbourne hat die 20. Welt-Aids-Konferenz begonnen – ohne sechs
       > Experten und Offizielle, die beim Absturz von MH17 über der Ukraine
       > starben.
       
 (IMG) Bild: Schleifen für die Opfer des Flugzeugabsturzes
       
       SYDNEY taz | Rote Schleifen – das Symbol des Kampfs gegen die
       Immunschwächekrankheit Aids hat in diesem Jahr eine zweite Bedeutung.
       Überall im Messezentrum der australischen Stadt Melbourne erinnern die
       Bänder auch an jene, die nicht da sind. Sechs bekannte Aids-Forscher und
       -Offizielle befanden sich unter den Passagieren des über der Ukraine
       abgeschossenen malaysischen Flugzeugs.
       
       Ursprüngliche Meldungen, wonach sich über 100 der Opfer auf dem Weg zum
       Kongress befunden hatten, erwiesen sich als falsch. Trotzdem herrschte am
       Abend bei der Eröffnung eine bedrückte Stimmung. Umarmungen und Tränen
       statt freudige Willkommensgrüße. Im Konferenzraum waren Kondolenzbücher
       ausgelegt, vor denen sich Warteschlangen bildeten.
       
       Die Internationale Aids-Gesellschaft bestätigte am Samstag die Namen der
       Opfer: der frühere Präsident der Gesellschaft, der niederländische
       Medizinprofessor Joep Lange und seine Partnerin Jacqueline van Tongeren,
       die Aids-Lobbyisten Pim de Kuijer und Martine de Schutter, die Direktorin
       der Female Health Company, Lucie van Mens, und der Medienkoordinator der
       Weltgesundheitsorganisation WHO, Glenn Thomas.
       
       Rund 12.000 Teilnehmer werden diese Woche die jüngsten wissenschaftlichen
       Entwicklungen im Kampf gegen das HI-Virus diskutieren. Laut Sharon Lewin,
       der stellvertretenden Vorsitzenden der Konferenz, hätten die Experten
       entweder Forschungsergebnisse präsentieren oder Erfahrungen austauschen
       sollen.
       
       „Alle diese Menschen arbeiteten so hart in der Wissenschaft und im Kampf
       gegen HIV – sie zu verlieren ist ein riesiger Verlust.“ Joep Lange war der
       wissenschaftliche Direktor des Amsterdam Instituts für globale Gesundheit
       und Entwicklung. „Seine größte Vision war, Anti-Aids-Medizin auch Menschen
       in armen Ländern zugänglich zu machen“, so Lewin. „Im Jahr 2000 dachten
       wir, das sei unmöglich. Heute haben 13 Millionen Menschen mit HIV Zugang zu
       Behandlung.“ Langes „Vision und Entschlossenheit“ hätten dies ermöglicht.
       
       Im vergangenen Jahr lebten weltweit etwa 35 Millionen Menschen mit
       HIV/Aids, fast eine halbe Million mehr als 2012. Laut UNO ist die Zahl der
       Toten und Neuinfektionen in den letzten zehn Jahren aber um mehr als ein
       Drittel gefallen. Wissenschaftler und Aktivisten sehen sich weiterhin
       vielen Hürden gegenüber. Die Unterdrückung von Homosexuellen in Russland
       und Anti-Homosexuellen-Gesetze in Afrika sollen in Melbourne debattiert
       werden.
       
       In Australien wehten am Sonntag die Fahnen auf Halbmast. Die Regierung
       bestätigte am Wochenende, dass sich unter den Opfern von MH17 36
       Staatsbürger und Menschen mit einem dauerhaften Aufenthaltstatus befinden.
       Ursprünglich war von 28 Australiern die Rede gewesen.
       
       Premierminister Tony Abbott forderte den russischen Präsidenten Wladimir
       Putin auf, sofort alles zu unternehmen, um eine Aufklärung des Verbrechens
       durch eine internationale Untersuchungskommission zu ermöglichen. Er zeigte
       sich am Sonntag aber nicht sehr zuversichtlich. „Ich fürchte, Russland wird
       die richtigen Dinge sagen. Vor Ort aber könnten die Behinderungen der
       Bergungsarbeiten weitergehen.“ Sollte Putin den internationalen Forderungen
       nicht entgegenkommen, drohe ihm, vom G-20-Gipfel ausgeladen zu werden, der
       im November im australischen Brisbane stattfinden wird, so Abbott.
       
       20 Jul 2014
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Urs Wälterlin
       
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