# taz.de -- Kommentar Angebliche Genitalverstümmelung: Die Märchen-Fatwa
       
       > Die Isis wolle die Genitalien von Frauen beschneiden, behauptet eine
       > UN-Mitarbeiterin. Medien verbreiten das Gerücht ungeprüft. Das ist
       > typisch.
       
 (IMG) Bild: Isis (Islamischer Staat in Irak und Syrien) hat keine Fatwa zur Genitalverstümmelung ausgegeben.
       
       Wer Frauen den Schleier aufzwingt, Ungläubigen den Kopf abschlägt und ein
       islamisches Kalifat ausruft, der ist zu allerlei Schandtaten bereit. Nun
       wolle die Extremistengruppe Islamischer Staat alle Frauen und Mädchen in
       den von ihr kontrollierten Gebieten beschneiden lassen, hieß es am
       Donnerstag. Der selbst ernannte Kalif Abu Bakr al-Baghdadi höchstpersönlich
       habe das in einem [1][religiösen Gutachten] befohlen.
       
       Die Empörung war groß. Endlich die nächste Schreckensnachricht, auf die
       alle gewartet hatten! Aufmerksam gemacht auf die vermeintliche Fatwa hatte
       Jacqueline Badcock, stellvertretende UN-Gesandte im Irak. Die hatte
       Journalisten in einer Videokonferenz gesagt, die IS-Führung beabsichtige,
       Frauen im Alter zwischen elf und 46 Jahren massenweise die Genitalien zu
       verstümmeln.
       
       Quellenangaben? Keine. Doch das störte kaum einen. Die Granden der
       Presselandschaft bliesen die Nachricht hinaus. Die BBC brachte die Story,
       [2][der Guardian], [3][Al Jazeera]. „Islamisten befehlen
       Genitalverstümmelung“, titelte die Faz und auch die taz veröffentlichte in
       ihrer gedruckten Ausgabe eine [4][Meldung der Nachrichtenagentur AFP].
       
       Komisch nur, dass die vermeintliche Fatwa, die im Netz kursiert und auf der
       offenbar auch Badcocks Märchen beruht, auf den 11. Juli 2013 datiert ist.
       Woher das Dokument stammt ist unklar – und auch unwichtig, scheint es sich
       doch um eine Fälschung zu handeln. Nichts weist darauf hin, dass es
       wirklich vom Islamischen Staat kommt.
       
       Noch am Abend ruderten die UN und viele Medien zurück: „UN zweifeln an
       Echtheit der Fatwa über Genitalverstümmelung“, lauteten die Schlagzeilen.
       Die falschen Berichte verschwanden aus dem Netz.
       
       Eine UN-Mitarbeiterin, die, ohne ihre Quellen zu prüfen, an die
       Öffentlichkeit geht, handelt verantwortungslos. Beschämend aber ist die
       Leichtgläubigkeit der Medien. Geht es um die Fakten? Oder darum, wer den
       Aufreger zuerst in die sozialen Netzwerke hinauspustet?
       
       Dass Genitalverstümmelung – anders als etwa in Ägypten – im Irak und Syrien
       kaum verbreitet und auch unter islamischen Gelehrten höchst umstritten ist,
       ließ kaum jemand zweifeln. Denn die Irren vom Islamischen Staat – so
       unmenschlich die Jihadisten auch handeln mögen – bieten die perfekte
       Projektionsfläche für die westliche Abscheu gegen den Nahen Osten: religiös
       verblendet, blutrünstig und natürlich: frauenfeindlich. Fakten sind da
       zweitrangig.
       
       25 Jul 2014
       
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 (DIR) [2] http://www.theguardian.com/world/2014/jul/24/isis-women-girls-fgm-mosul-un
 (DIR) [3] http://www.aljazeera.com/news/middleeast/2014/07/un-islamic-state-orders-genital-mutilation-201472412511366171.html
 (DIR) [4] /1/archiv/digitaz/artikel/
       
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 (DIR) Jannis Hagmann
       
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